Bischof Oster verteidigt Benedikt XVI. – Kritik an medialem Umgang
Der Passauer Bischof Stefan Oster verteidigt den emeritierten Papst Benedikt XVI. im Zusammenhang mit dem Münchner Missbrauchsgutachten. Zugleich kritisiert er den medialen Umgang mit dem einstigen Kirchenoberhaupt, das aus dem Bistum Passau stammt. "Ich sehe den oder die Fehler, ich sehe den alten Mann und ich sehe seine Lebensleistung (auch in der innerkirchlichen Bekämpfung von sexuellem Missbrauch!) – und meine sachlich begründete Wertschätzung für ihn bleibt dadurch unverändert", schreibt Oster am Sonntag auf seiner Internetseite.
Dass Erzbischof Joseph Ratzinger 1980 in einer Sitzung zur Aufnahme des Missbrauchstäters H. aus der Diözese Essen in München dabei gewesen sei, sei längst bekannt, so Oster. "Und ebenso war schon bekannt, dass es in dieser Sitzung nicht um einen Einsatz von H. in der Seelsorge ging, sondern um dessen Aufenthalt zur Therapie in München."
Fehler der Mitarbeiter "im entscheidenden Punkt"
In der Einlassung zum Missbrauchsgutachten, "die Benedikts Unterschrift tragen und die mehr den Charakter einer juristischen Verteidigungsschrift haben, als dass sie sprachlich und geistig-geistlich das gewohnte Ratzinger-Niveau hätten", stehe nun aber, dass Ratzinger der Sitzung nicht beigewohnt habe. Benedikts kurz danach erfolgte Korrektur zeige, "dass sich der 94-jährige emeritierte Papst offenbar auf Mitarbeiter verlassen hatte, die ausgerechnet im entscheidenden Punkt einen entscheidenden Fehler begingen".
Oster kritisiert eine "medial so groß gemachte Geschichte mit der angeblichen Lüge eines 94-jährigen Mannes". Die "Skandalisierung über die vermeintliche 'Lüge' fällt jetzt medial voll auf den 94-Jährigen zurück und soll angeblich sein gesamtes Lebenswerk diskreditieren".
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Der Bischof fragt: "Wenn Sie und ich einen Menschen auch persönlich gern haben – und sehen, dass ein Fehler passiert ist, für den er Verantwortung hat (ob er ihm persönlich anzulasten ist, lasse ich offen, siehe oben), würden wir dann öffentlich den Stab über ihn brechen? So wie es weite Teile der inner- und außerkirchlichen Öffentlichkeit jetzt tun? Bis hin zu der aus meiner Sicht ungehörigen Forderung, ihm nun sogar Ehrenbürgerwürden abzuerkennen?" Oster fragt nach den Motiven: ob man die Kirche als Ganzes treffen oder innerkirchlich für "eine ganz andere Kirche" sorgen wolle.
Oster erklärt, im kirchlichen "System" habe es "allzu lange tatsächlich fast kein Interesse am konkreten Schicksal von Menschen" gegeben, "die vom Missbrauch betroffen sind, und kaum Kenntnis über ihre Geschichten".
Die anderen drei Fälle, die Ratzinger als Fehlverhalten angelastet würden, zeugten daher "von einem damals üblichen Umgang mit diesen Fragen und den beteiligten Personen, und 'üblich' heißt nicht, dass man es heute gut finden kann". Oster betont, er könne nicht erkennen, dass Benedikt habe vertuschen wollen. "Freilich ist damit immer noch nicht berücksichtigt, welche Folgen manches Versäumnis dennoch für die Opfer hatte." Er sei daher gespannt auf die von Benedikt angekündigte weitere Einlassung zum Gutachten. (KNA)