Adveniat: Ergebnisse zu Missbrauchsuntersuchung noch dieses Jahr
Ergebnisse der unabhängigen Untersuchung zu einer möglichen Verschickung von deutschen Sexualstraftätern nach Lateinamerika sollen nach Angaben des kirchlichen Hilfswerks Adveniat noch in diesem Jahr vorliegen. Der entsprechende Aktenbestand über sogenannte "Fidei-Donum"-Priester werde von einer beauftragten Rechtsanwältin untersucht, sagte Pressesprecher Stephan Neumann am Montag vor Journalisten in Essen. Danach würden jene Bistümer informiert, in denen betreffende Priester ansässig (inkardiniert) sind.
Auf die Nachfrage, ob Adveniat als mögliches "Instrument" der Vorgänge damit nicht die Verantwortung auf die Bistümer abschiebe, antwortete Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier, das Hilfswerk könne nicht selbst aufklären; dies müsse unabhängig erfolgen. Dafür habe man die Anwältin eingeschaltet. Die Aufklärung der Vorgänge aus der Vergangenheit sei aber "absolut diskussionslos".
Die unabhängige Untersuchung war von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) im Dezember in Absprache mit Adveniat in Auftrag gegeben worden. Dabei sollen Akten der vom früheren Adveniat-Geschäftsführer Bischof Emil Stehle (1926-2017, Foto) geleiteten Stelle "Fidei Donum" (lat. "Geschenk des Glaubens") nach Hinweisen auf mögliches Fehlverhalten durchsucht werden.
Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens
2021 waren Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen Stehle bekanntgeworden. Seither gibt es Hinweise von mindestens fünf Personen, "die auf eine Täterschaft Stehles in Fällen sexuellen Missbrauchs hindeuten", wie ein Adveniat-Sprecher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) im Februar sagte. Unklar ist, ob es um Missbrauch Minderjähriger oder um sexuelles Fehlverhalten gegenüber Erwachsenen geht.
Zudem geht es darum, ob Stehle andere Priester durch einen Auslandseinsatz vor Strafverfolgung wegen Missbrauchs schützte. Unter die Lupe genommen wird daher auch der von 1972 bis 1984 von Stehle koordinierte Missionseinsatz deutscher Geistlicher, vorwiegend in Lateinamerika und der Karibik.
Maier betonte erneut, Adveniat verfolge eine "absolute Null-Toleranz gegen sexualisierte Gewalt". Jeder Fall werde öffentlich gemacht. Neben der Aufklärung der Vorgänge in der Vergangenheit fordere das Hilfswerk inzwischen konsequent von Partnern ein Präventionskonzept ein, so Maier. Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck betonte, bei entsprechenden Vorwürfen gegenüber Projektpartnern würden umgehend die Fördermittel eingefroren; dies sei auch eine Verpflichtung gegenüber den Spendern.
Adveniat: Botschaft des Synodalen Wegs besser vermitteln
Zudem will Adveniat die Botschaften des Synodalen Wegs in Deutschland besser nach Lateinamerika übermitteln. Dort und anderswo werde vielfach "einseitig und falsch" über die Reformdebatte in der deutschen Kirche informiert, sagte Maier. Er erwäge derzeit, einen Kirchenvertreter aus Lateinamerika für die beiden letzten Versammlungen des Synodalen Wegs einzuladen. Sondierungen dafür seien im Gang. Es gelte auch hier, Missverständnisse über den Weg der Kirche auszuräumen und Brücken der Verständigung zu bauen.
Anlass der Äußerungen war die Jahresbilanzpressekonferenz des Hilfswerks. Dabei dankte Overbeck auch dem kürzlich verstorbenen Essener Weihbischof und langjährigen Adveniat-Bischof Franz Grave (1932-2022) für seinen unermüdlichen Einsatz für Lateinamerika und für Adveniat. Grave war von 1991/92 bis 2008 Vorsitzender der Adveniat-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.
Das in Essen ansässige Hilfswerk wurde 1961 von den deutschen Bischöfen ins Leben gerufen. Seitdem unterstützt Adveniat die Kirche in Lateinamerika und der Karibik bei ihrem Einsatz für die arme Bevölkerung. Seit der Gründung erhielt die Bischöfliche Aktion Adveniat, so der offizielle Titel, rund 2,5 Milliarden Euro an Spenden. Jährlich fördert sie rund 2.000 Projekte mit etwa 35 Millionen Euro, coronabedingt zuletzt rund 1.500 Projekte mit 29,3 Millionen Euro. (tmg/KNA)