Niemand darf vergessen werden
Das Gedenken an die Toten und der Besuch ihrer Gräber sei Zeichen der christlichen Hoffnung, dass das Leben des Menschen nicht mit dem Tod ende, sondern ewig dauern werde, wie Jesus es offenbart habe, so Franziskus vor Tausenden Menschen. Der Friedhof sei nur ein Ruheort für den Menschen bis zu seiner Auferstehung am Ende der Zeit.
Allerseelen und das Hochfest Allerheiligen am Tag zuvor stünden in engem Zusammenhang, führte der Papst aus. Auf ihrem Pilgerweg durch die Geschichte baue die Kirche auf die Fürsprache der Heiligen und Seligen und auf die Muttergottes, die den Tod und die Auferstehung ihres Sohnes gesehen habe.
Papst hält emotionale Predigt
Am Abend zuvor hatte Franziskus anlässlich des Festes Allerheiligen eine "Industrie der Vernichtung" beklagt. Der moderne Mensch fühlt sich nach den Worten des Papstes wie ein Gott und zerstört dabei die Welt. Die Welt leide unter dauernden Kriegen, so der Papst bei einer Messe auf dem römischen Friedhof Campo Verano. Er erinnerte an die Bombardierung Roms 1943 durch die Alliierten. Doch heutzutage sei die Situation noch schlimmer. Die Welt, die Moral und die Familie seien einer ständigen Zerstörung ausgesetzt, so Franziskus in seiner sehr emotional gehaltenen Predigt.
Der Mensch spiele sich zum Herrn der Welt auf, sagte der Papst und fragte: "Aber wer zahlt die Party?" Dies seien die Armen und Kleinen, "nicht nur weit entfernt, sondern hier und heute". Es gebe Massen von Flüchtlingen und Hungernden, denen die Welt oft gleichgültig begegne. "Es hat den Anschein, als zählten diese hungernden und kranken Kinder nicht, als gehörten sie einer anderen Spezies an, nicht der menschlichen." Erneut prangerte Franziskus auch eine "Wegwerfkultur" an, in der Kinder, alte Menschen und arbeitslose Jugendliche als nicht profitabel entsorgt würden. Im größeren Teil der Welt regiere das Leid. Die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit werde die Menschen jedoch nicht enttäuschen. Er schenke ihnen die Kraft, sich von der Zerstörung der Welt zu befreien, so Franziskus.
In Deutschland warnte Kardinal Reinhard Marx an Allerseelen vor einer Tabuisierung des Todes. "Der Tod lehrt uns: Unser Leben ist einmalig und unwiederholbar", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz bei einem Requiem für die verstorbenen Bischöfe und Erzbischöfe in München. Der Tod rufe dazu auf, das Leben "kostbar zu gestalten in der Nachfolge Christi, das Leben zu lieben und keinen Augenblick zu verschwenden".
Sterben müsse Teil des Lebens werden
Mit dem Sterben sei jedoch der Prozess der Vollendung nicht abgeschlossen, erklärte der Erzbischof weiter. Vielmehr gebe es über den Tod hinaus eine "Dynamik auf Christus zu". Deshalb müsse er zum Teil des Lebens gemacht werden. Zudem erneuerte der Bischofskonferenz-Vorsitzende sein Nein zu organisierter Beihilfe zum Suizid. Statt "Anleitungen zu finden für ein menschenwürdiges Töten", sei es die "große Aufgabe für die nächsten Jahre, Wege zu finden für ein menschenwürdiges Sterben", so Marx.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite einige Gedanken zu den Themen Tod und Sterben und ging auch auf die aktuelle Diskussion um die Sterbehilf ein. Das menschliche Leben habe kein Verfallsdatum, schrieb er. Es sei nicht leicht an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben zu glauben. Doch der Glaube sei ein Geschenk, für das man sich bereithalten müsse. "Der Allerseelentag mit Gottesdienst und Gräberbesuch ist eine gute Gelegenheit dazu. Wir denken in Liebe an unsere Verstorbenen, statten ihnen Dank ab, beten für sie und wünschen ihnen den Himmel", so der Erzbischof. (som/KNA)