Ukrainisch-katholische Gemeinde fordert bei Katholikentag mehr Hilfe
18.20 Uhr: Bischof Fürst: Pilgern ist ganzheitliche Erfahrung
Der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst (73) hat eine Lanze für das Pilgern gebrochen. Er selbst pilgere regelmäßig, auch im Ausland, und habe dabei "großartige" Erfahrungen gemacht, sagte der gastgebende Bischof beim Katholikentag in der baden-württembergischen Landeshauptstadt.
Pilgerreisen seien eine "ganzheitliche Erfahrung", die weit über die rational-technische Dimension hinausgingen. Solche Sinneseindrücke könne man am Schreibtisch nicht gewinnen, betonte Fürst bei einer Podiumsdiskussion. Es gehe nicht nur um die Schönheit der Schöpfung, sondern auch darum, den Blick für die Mitmenschen zu weiten. Nicht selten könne man "existenzielle Gespräche" draußen in der Natur besser führen als in geschlossenen Räumen.
Der für seine Wanderleidenschaft bekannte Autor und Moderator Manuel Andrack (56) empfahl Pilgern gar als "Antidepressivum". Er habe in den vergangenen Jahren viele tausend Kilometer auf wunderschönen Wegen in Deutschland zurückgelegt. Und immer sei seine Laune am Ende des Tages besser gewesen als zuvor. Interessierten empfahl Andrack, sich nicht zu überfordern. Zudem gelte es, stets offen zu sein für interessante Begegnungen am Wegesrand. (KNA)
18.15 Uhr: Bischof Meier: Vorgaben für Einsatz bewaffneter Drohnen schärfen
Der Augsburger Bischof Bertram Meier hat eine Präzisierung des Völkerrechts im Blick auf Kampfdrohnen gefordert. "Ich glaube, dass der Einsatz bewaffneter Drohnen ethisch gerechtfertigt werden kann und es auch richtig war, die deutsche Bundeswehr damit auszurüsten", sagte der Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag auf einem Katholikentags-Podium in Stuttgart. Dennoch drohe die völkerrechtliche Legitimität bei genauerem Hinsehen "auf wackligen Beinen" zu stehen.
Der Bischof erläuterte, das Völkerrecht sei nicht immer eindeutig genug, wann Kampfdrohnen "rechtmäßige Mittel" seien, "um den Feind zu bekämpfen". In den vergangenen Jahrzehnten nehme die Bekämpfung nicht-staatlicher Konfliktparteien wie etwa Terroristen zu, die teilweise über Ländergrenzen hinweg aktiv seien. "Hier ist es mehr als fraglich, inwieweit man diese Kämpfer über Ländergrenzen hinweg, zum Beispiel eben mit bewaffneten Drohnen, bekämpfen darf. Auch wenn viele Länder, allen voran die USA, diese Rechtsunsicherheit zum eigenen Vorteil weit auslegen, bleibt eine Rechtsunsicherheit bestehen", betonte Meier.
Bundesregierung solle sich Schließung der Völkerrechtslücken einsetzen
Er appellierte an die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, "dass die hier gezeigte Lücke im Völkerrecht geschlossen wird und die Bundeswehr bewaffnete Drohnen nur nach Maßgabe einer engen Rechtsauslegung einsetzt". Mit der Anschaffung von Kampfdrohnen gehe auch eine Verantwortung einher.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau betonte: "Wir müssen im Bundestag unbedingt diskutieren, was das ethische Korsett für den Einsatz solcher Waffensysteme ist." Das sei bislang zu wenig geschehen. Es müssten Fragen beantwortet werden wie etwa: "Was macht es mit einer Zivilbevölkerung, über der lange Zeit bewaffnete Drohnen kreisen, und die sich fragt, wofür sie eingesetzt werden." Auch die Auswirkungen auf die Soldaten in solch einem Einsatz müssten in den Blick genommen werden. Sie persönlich lehne diese Waffensysteme ab, sagte die Linken-Politikerin, die auch religionspolitische Sprecherin ihre Fraktion ist.
Ansgar Rieks, Generalleutnant der Bundeswehr, erläuterte, der Bundestag definiere und regele mit seinem Mandat für Kampfdrohnen auch die Einsatzrahmenbedingungen sehr detailliert: "Die Gefahr von Missbrauch ist dadurch meines Erachtens weitgehend gebannt." Auch sei er der Ansicht, dass es Drohnen durch ihre hohe Flexibilität und Genauigkeit leichter machten, ethische Kriterien im Krieg einzuhalten. Zugleich räumte Rieks ein, dass der Einsatz etwa für Drohnenpiloten, die das Geschehen sehen, belastend sei. (KNA)
17.30 Uhr: Kirchen wollen verstärkt einsame Menschen begleiten
Die Corona-Krise ist nach Ansicht von Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa ein regelrechter "Einsamkeits-Beschleuniger". Angesichts einer wachsenden Zahl von betroffenen Menschen sehen die Kirchen Handlungsbedarf, wie am Donnerstag bei einer Katholikentags-Debatte unter dem Motto "Kein Schwein ruft mich an" deutlich wurde.
Welskop-Deffaa sagte, der Lockdown habe die Diskrepanz zwischen den gewünschten und tatsächlichen sozialen Beziehungen verstärkt. Auch vor diesem Hintergrund wolle der Caritasverband künftig mehr Angebote schaffen, die älteren Menschen den Übergang vom Arbeitsleben in die Rente erleichtern sollten, so die Präsidentin.
Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, fügte hinzu, auch der "uncoole Teenager", der keinen Anschluss finde, könne einsam sein. Heinrich bezeichnete Einsamkeit als schmerzhaft erlebtes Alleinsein, "das Angst und krank machen kann". Die Kirche müsse sich fragen, wo sie Gemeinschaft stiften und Anlaufpunkte schaffen könne.
Gefängnisseelsorger Peter Holzer aus Bruchsal erklärte, im Knast erlebe er bei vielen Menschen die Folgen erzwungener Einsamkeit: Menschen säßen völlig isoliert und verängstigt in ihrer Zelle. Doch auch als Seelsorger auf Kreuzfahrtschiffen begegne er Menschen, die im Urlaub allein und traurig seien. (KNA)
16.55 Uhr: Ukrainisch-katholische Gemeinde fordert mehr Unterstützung
Die ukrainisch-katholische Gemeinde Stuttgart fordert von Deutschland mehr und schnellere Unterstützung für die Ukraine. "Im Moment verteidigt sich Europa auf Kosten ukrainischer Soldaten", schilderte Yehor Parsyak aus der Gemeinde eine ukrainische Sicht auf die deutsche Politik. Er mahnte mehr Tempo bei der Hilfe an. "Wir müssen in dieser Situation anders denken", sagte er am Donnerstag in Stuttgart am Rande des Katholikentags.
Ähnlich äußerte sich Gemeindemitglied Nataliya Bondar. "Wir sollten jetzt nicht verhandeln, sondern handeln", sagte sie. "Jeder Tag, der weiter verhandelt und nicht gehandelt wird, kostet nicht nur Geld sondern Menschenleben", sagte sie.
Weiter bat die ukrainisch-katholische Gemeinde um Sachspenden für die Hilfstransporte in die Ukraine. Unmittelbar nach Kriegsbeginn habe die Gemeinde Transporte mit Hilfsgütern gestartet – auch um etwas gegen die "emotionale Hilflosigkeit" zu tun – und bislang bereits etwa 25 Transporte in die Ukraine organisiert.
"In den ersten Wochen wurden wir überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Menschen hier. Im Moment ist unser Lager leer", betonte Bondar. Benötigt würden vor allem Medizinprodukte, Lebensmittel, aber auch beispielsweise Tabletten zur Wasserreinigung. Auf der Internetseite informiert die Gemeinde über benötigte Hilfsgüter.
Die ukrainisch-katholische Gemeinde ist eine von 18 Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprachen in Stuttgart. Der Leiter des Hauses der Katholischen Kirche in Stuttgart, Roland Weeger, sprach von einer "migrantischen Kirche" in der Landeshauptstadt und betonte: "Die Hälfte der Katholiken in Stuttgart hat Wurzeln in anderen Ländern." (KNA)
16.35 Uhr: Overbeck: Kirche muss sich bei Dienstrecht neu aufstellen
Die Kirche muss sich nach den Worten des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck beim Arbeitsrecht und im Dienstrecht neu aufstellen. Wenn auch verspätet, geschehe dies derzeit auch, betonte Overbeck am Donnerstag in Stuttgart. Er äußerte sich bei einer Diskussionsveranstaltung des Katholikentages mit dem Titel "Arbeit fairteilen".
Manche Vorteile im Arbeits- und Dienstrecht gelte es zu erhalten, sagte Overbeck. Aber die Regelungen zur persönlichen Lebensführung beispielsweise müssten "nach dem Würdekonzept" und vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem Missbrauchsskandal in der Kirche neu definiert werden.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Kerstin Griese (SPD), nannte es "nicht mehr tragbar" und diskriminierend, dass die "individuelle Lebensführung" sanktioniert werde. Auch sei das Streikrecht ein grundlegendes Menschenrecht, das man niemanden vorenthalten könne. Zugleich betonte sie, dass die Ampel-Koalition Reformen im Gespräch mit der Kirche angehen wolle.
Der Sozialethiker Bernhard Emunds aus Frankfurt am Main forderte ein grundsätzliches Ende des kirchlichen Arbeitsrechts. Ein Sonderarbeitsrecht der Kirche passe nicht mehr in "unsere weithin säkularisierter Welt". Das normale Arbeitsrecht reiche auch für Tendenzbetriebe aus. Tarifrechtlich seien die Abweichungen für die Kirche ohnehin sehr begrenzt.
Defizite sah Emunds auch auf anderen Feldern. Von einer paritätischen Mitbestimmung sei man noch weit entfernt. Das größte Problem sei aber die Zersplitterung der Tarife in der Sozialbranche. So sei der Mindestlohn in der Pflegebranche an der fehlenden Zustimmung der Caritas auf Bundesebene gescheitert.
Overbeck: Man hat versäumt, das "ordnungspolitisch Notwendige" zu tun
Griese sagte, dass die Entscheidung der Caritas in diesem Falle "nicht hilfreich" gewesen sei und sie "erschüttert" habe. Overbeck räumte ein, dass man es dabei versäumt habe, das "ordnungspolitisch Notwendige" zu tun, zumal es sich um eine Frage des Gemeinwohls gehandelt habe.
Mit Blick auf die Pflege- und Sorgearbeit forderte die Münsteraner Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins vor allem eine größere Geschlechtergerechtigkeit bei den Arbeitsbedingungen. Die größten Unterschiede bei der unbezahlten Sorgearbeit zeige sich statistisch im Alter von Mitte 30, wo die Frauen bei der Kindererziehung, in der Altenpflege und im Haushalt besonders gefordert seien.
Frauen würden dadurch langfristig schlechter gestellt sowohl bei der sozialen Sicherheit wie bei der Gesundheit. Das Risiko von Altersarmut sei wesentlich höher. Deshalb müsse ein Ausgleich zwischen unbezahlter Sorgearbeit und Erwerbsarbeit gefunden werden. (KNA)
16.00 Uhr: Theologin Sattler fordert mehr "sichtbare Einheit" in Ökumene
Die katholische Theologin Dorothee Sattler hat mehr "sichtbare Einheit" unter den Kirchen gefordert. "Es reicht nicht nur ein Leben in versöhnter Verschiedenheit", sagte sie am Donnerstag auf einem Podium beim Katholikentag in Stuttgart. Sattler appellierte an die Christen, jetzt schon miteinander zu leben, was möglich sei, und nicht nur auf "paradiesische Zeiten" zu warten.
Die Münsteraner Professorin für ökumenische Theologie rief dazu auf, gemeinsam Antworten auf existenziellen Fragen zu finden: "Lasst uns unsere Fragen, Sehnsüchte und Nöte miteinander teilen und auf dem Evangelium heraus gemeinsam nach Wegen suchen." Die Kirchen trenne derzeit noch unter anderem die institutionelle Gestalt "und die Antwort auf die Frage, ob Frauen in alle Ämter berufen sind."
Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige sagte: "Ökumene hängt immer auch von Personen ab. Wer es will, kann auch andere überzeugen." Zudem spiele der gesellschaftliche Kontext eine Rolle. "Ökumenische Kooperation funktioniert immer dort besonders gut, wo die Kirchen gleich stark sind oder dort, wo die Kirchen gemeinsam in der Minderheit sind, wie etwa in Ostdeutschland." Zugleich mahnte er: "Die Gläubigen müssen sich auch wechselseitig füreinander öffnen und nicht selbstgenügsam sein."
Limperg: Die Menschen wollen Antworten
An einem Bündeln von Ressourcen führt nach Ansicht von Bettina Limperg, Präsidentin des Ökumenischen Kirchentags 2021 in Frankfurt, kein Weg vorbei. "Wir haben alle miteinander einen Mangel an Nachwuchs. Und wir haben auch dieselben Probleme mit Missbrauchs- und Gewalterfahrungen. Auch da könnten wir besser und mehr Antworten miteinander suchen – denn die Menschen wollen Antworten."
Ausdrücklich bedauerte Limperg, dass beim diesem Katholikentag keine großen Fortschritte beim Thema eines gemeinsamen Abendmahl zu sehen seien. "Das ist eine der letzten großen Fragen, die uns trennt. Und es ist nicht mehr gut begründbar, dass wir dieses Innerste nicht miteinander feiern können."
Der Bischof der griechisch-orthoxen Metropolie von Deutschland, Emmanuel Sfiatkos, betonte: "Unsere Ressource sind die Gemeinsamkeiten. Das vergessen wir manchmal, ist mein Eindruck." Der Blick sei zu oft auf die Unterschiede fixiert. Ökumene bedeute, "Vertrauen haben, mutig sein und auf Gottes Stimme hören". Er warb um Geduld für die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Kirchen in der Ökumene.
Jochen Wagner, Freikirchenreferent der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), sagte: "Gerade angesichts der Situation in unserem Land stünde uns als Kirchen Demut gut zu Gesicht." Er selbst habe in der Ökumene "Demut gelernt, nicht immer das eigene für das Beste zu halten." (KNA)
15.15 Uhr: Von Hirschhausen: Christen müssen bei Klimaschutz vorangehen
TV-Moderator und Arzt Eckart von Hirschhausen sieht Christen in einer besonderen Verpflichtung, das Klima zu schützen und zu mehr Gerechtigkeit weltweit beizutragen. "Sie haben in ihrer DNA ein weniger materialistisches Weltbild, sind weltweit vernetzt und tragen im Kern die Idee der Nächstenliebe in sich", sagte er am Donnerstag beim Katholikentag in Stuttgart.
Neben der Nächstenliebe müsse die "Übernächstenliebe" stärker Beachtung finden, fügte der TV-Mann hinzu. Damit meine er die Rücksicht auf die Menschen in den weit entfernten armen Ländern des Südens. Diese hätten oft am meisten unter dem Klimawandel zu leiden, obwohl sie in der Regel am wenigsten dazu beigetragen hätten.
"Klima ist wie Bier – zu warm ist scheiße", beschrieb der Gründer der Stiftung "Gesunde Erde – Gesunde Menschen" die Folgen der Erderwärmung. Außerdem kritisierte er den hohen Fleischkonsum, der besonders schädliche Auswirkungen auf das Weltklima habe: "Wenn jeder von uns zu jedem Kilo Fleisch an der Theke auch noch die 20 Kilo Gülle ausgehändigt bekäme, die die Produktion verursacht hat, würden wir sicher endlich weniger Fleisch essen." (KNA)
15.10 Uhr: Bundespräsident: Polarisierung und Unversöhnlichkeit überwinden
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich gegen Polarisierung und unerbittlich geführte Debatten gewandt. "In der Corona-Pandemie ist eine gesellschaftliche Unversöhnlichkeit aufgebrochen, die mir Sorgen macht", sagte Steinmeier am Donnerstag beim Katholikentag in Stuttgart. Angesichts der neuen Krisen wie Ukraine-Krieg, Hunger in armen Staaten und Klimawandel brauche es dringend ein konstruktiveres Debattenklima: "Wir müssen Hoffnung haben und uns darauf konzentrieren, was vor uns liegt."
Der Bundespräsident verwies auf seine Initiative, den Amtssitz für jeweils drei Tage aus Berlin heraus in kleinere Städte zu verlegen. "Mir ist deutlich geworden, dass im politischen Berlin oft andere Debatten geführt werden als bei den Menschen etwa in ländlichen Regionen oder kleineren Städten." Für sie gelte es neue Gesprächsangebote zu machen. Auch wenn das Projekt "Ortszeit Deutschland" nicht alle Bürger erreichen könne, bleibe vielleicht ein kleines Zeichen, so Steinmeier.
Die Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft IG-Metall, Christiane Benner, rief nach der Corona-Zeit zu gezielter Förderung von Frauen auf. "Durch Corona gab es eine fatale Rückwärtsbewegung für Frauen, die vielfach in ganz schwierige Lagen gekommen sind. Etwa wenn sie im Homeoffice arbeiten und alleine Kinder betreuen mussten." Die Gewerkschafterin rief dazu auf, mehr gegen wirtschaftliche Ungleichheiten in Deutschland zu unternehmen. "In den vergangenen beiden Jahren ist die ungleiche Verteilung von Reichtum angestiegen. Wir müssen viel stärker umverteilen, damit alle Chancen haben in diesem Land", so Benner.
Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall Stefan Wolf stimmte die Arbeitnehmer auf enorme Veränderungen in der Arbeitswelt ein. So drohten beispielsweise in der Automobilproduktion viele Jobs wegzufallen. Die Menschen müssten neue Perspektiven bekommen. Er verwies auf Chancen beim Umbau zu einer klimagerechten Wirtschaft. "So wie wir heute Maschinen und Motoren exportieren, so müssen wir auch Klimaschutztechnik exportieren und Weltmarktührer bei innovativen, klimafreundlichen Technologien werden." (KNA)
14.55 Uhr: Kühnert: Kirche muss aus Selbstbeschäftigung-Modus heraus
Die katholische Kirche muss nach Ansicht von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert aus dem "Modus der erzwungenen Selbstbeschäftigung" herausfinden. Es gebe gute Gründe für diesen Zustand, allen voran die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, sagte Kühnert am Donnerstag beim Katholikentag in Stuttgart. Zugleich wünsche er sich, dass die Kirche ihre Erfahrungen und weltweiten Netzwerke viel stärker in die öffentliche Debatte einbringe.
Zu Themen wie Krieg, Friedensarbeit, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sollte die Kirche "uns ein Menge mitzuteilen haben", betonte der Politiker, der sich als Atheisten bezeichnet. Dafür brauche es mehr Raum: "Ich würde dieser Kirche gerne zuhören." (KNA)
14.38 Uhr: Theologin: Ukraine-Krieg bringt Zeitenwende im Kirchendialog
Der Krieg in der Ukraine bringt nach Einschätzung der katholischen Theologin Regina Elsner eine Zeitenwende im Dialog der christlichen Kirchen. Das liege vor allem an der russisch-orthodoxen Kirche und ihrer Verstrickung in den von Moskau befohlenen Angriff auf das Nachbarland, sagte Elsner am Donnerstag in Stuttgart.
So habe die katholische Kirche im Gespräch mit der Orthodoxie vor allem auf die russisch-orthodoxe Kirche gesetzt, weil sich beide Seiten lange Zeit eins wähnten in einem "Wertekampf" innerhalb der modernen Gesellschaft. Nun stelle sich die Frage, wie man mit einer Kirche umgehe, die die christliche Botschaft "so zynisch" missbrauche.
Selbst die Spitze der katholischen Kirche habe dazu noch keine passenden Antworten gefunden, beklagte Elsner, die Mitarbeiterin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) ist. So habe sie den Eindruck, dass Papst Franziskus unter anderem deswegen nicht in die Ukraine reise, weil er die Reaktion der russisch-orthodoxen Kirche fürchte.
"Wir haben mit so einem Krieg nicht mehr gerechnet"
Auch der Weltkirchenrat ÖRK agiere bislang nur zögerlich auf die neuen Herausforderungen, fügte die Theologin hinzu. Offenbar dränge die russisch-orthodoxe Kirche die anderen orthodoxen Kirchen dazu, möglichst geschlossen bei der bevorstehenden ÖRK-Vollversammlung aufzutreten. Dies verhindere jedoch einen offenen Austausch über die Konflikte in der Ökumene. Das Treffen findet vom 31. August bis 8. September in Karlsruhe und damit erstmals in Deutschland statt.
Dem Ökumenischen Rat der Kirchen gehören 350 protestantische, anglikanische, orthodoxe und altkatholische Kirchen sowie kirchliche Gemeinschaften an. Größtes Mitglied ist die russisch-orthodoxe Kirche, die katholische Kirche ist kein ÖRK-Mitglied.
Schließlich gelte es, eine neue christliche Friedensethik zu begründen, sagte die Theologin. Dieses Feld sei bis zum russischen Überfall auf die Ukraine stark vernachlässigt worden. "Wir haben mit so einem Krieg nicht mehr gerechnet." (KNA)
13.15 Uhr: Steinmeier sucht Gespräch mit Missbrauchsbetroffenen und Reformern
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Donnerstag in Stuttgart die Katholikentagsmeile in der Innenstadt besucht. Nach der Teilnahme am Gottesdienst zum Fest Christi Himmelfahrt ging Steinmeier zu den Infoständen von Missbrauchsbetroffenen, des Reformvorhabens Synodaler Weg sowie zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und zur Krankenhausseelsorge.
"Unsere Gesellschaft braucht eine starke Kirche, die relevant ist. Deshalb hoffe ich, dass Sie in ihren Anstrengungen für Kirchenreformen vorankommen", sagte Steinmeier am zweiten Tag seines Besuchs in Stuttgart. ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp äußerte die Hoffnung, dass die aktuellen Reformbemühungen in die Gründung eines dauerhaften "Synodalen Rats" münden werden.
Steinmeier, der der evangelischen Kirche angehört, betonte, dass er vor einem halben Jahr im Gespräch mit Papst Franziskus in Rom für den Synodalen Weg geworben habe. Die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Beate Gilles, sagte, es brauche Mut, sich in der katholischen Weite "auch ein Stück weit vom Zentralismus zu lösen".
"Sie leisten eine unglaublich wichtige Arbeit"
Der Stand der Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Missbrauch war als Baustelle gestaltet, an der aktuell die Arbeiten ruhen, weil die Betroffenen sich erschöpft fühlten. Der Fertigstellungstermin eines soliden Fundaments für Aufarbeitung und Vorbeugung sei ungewiss, so die Standbeschriftung.
Betroffenenvertreter Johannes Norpoth zeigte sich dankbar, dass Steinmeier "immer wieder unsere Anliegen aufgreift und öffentlich macht". Er lud den Bundespräsidenten zu einem direkten Austausch mit Missbrauchsbetroffenen in Berlin ein.
Bewegt zeigte sich Steinmeier von den Berichten Stuttgarter Krankenhausseelsorgerinnen und Seelsorger. "Sie leisten eine unglaublich wichtige Arbeit. Und ich hoffe, dass Sie nach zwei Jahren Corona-Pandemie auch selbst noch genügend Kraft haben." Seelsorgerin Christine Kaier schenkte Steinmeier ein in Stuttgart erarbeitetes Buch mit Sterbesegen und Ritualen, das bei der Begleitung von Sterbenden genutzt werden kann. (KNA)
11.55 Uhr: Aufruf für gerechtere Gesellschaft
Mit dem Aufruf für eine gerechtere Gesellschaft ist am Vormittag der Katholikentag in Stuttgart fortgesetzt worden. Der gastgebende Bischof Gebhard Fürst sagte in einem feierlichen Gottesdienst unter freiem Himmel, das Motto "leben teilen" heiße auch, sich für gegenseitigen Respekt und einen achtsamen Umgang mit der Schöpfung einzusetzen. An der Zeremonie bei windigem Wetter nahm auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil.
In den Fürbitten wurde unter anderem für die Toten des Amoklaufs in Texas gebetet sowie für Opfer von sexualisierter Gewalt und von Kriegen. Eine Ordensfrau trug in ukrainischer Sprache eine Bitte für die Menschen in der Ukraine vor, "deren Leben durch Krieg gekennzeichnet ist".
Fürst sagte weiter, von dem bis Sonntag dauernden Treffen solle ein Signal des Friedens in die Ukraine und alle Krisenherde der Welt ausgehen. Der Impuls zur Veränderung liege immer "direkt rechts und links neben uns".
240 Quadratmeter großer Mantel
In Anspielung auf den heiligen Martin, der der Legende nach vor 1.700 Jahren seinen Mantel mit einem Bettler teilte, wurde ein 240 Quadratmeter großer Mantel präsentiert. Auf rund 1.100 Stoffstücken hatten sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit dem Leitwort des Katholikentags auseinandergesetzt.
An dem Gottesdienst auf dem Schlossplatz im Herzen der baden-württembergischen Landeshauptstadt nahmen auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Landtagspräsidentin Muhterem Aras sowie die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, teil. Das ZdK ist Veranstalter der Katholikentage.
Am Mittag nimmt der Katholikentag seine inhaltliche Arbeit auf. Unter anderem steht eine Diskussionen mit Steinmeier zu "Klimakrise, Pandemie und Krieg" auf dem Programm. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und Bischof Georg Bätzing debattieren über die Frage "Wer braucht noch die Kirche?" (KNA)