Im Arbeitsrecht muss es um Engagement und Kompetenz gehen
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Es könnte ein Befreiungsschlag sein. Der Entwurf für das neue kirchliche Arbeitsrecht. Er geht über die Erwartungen des Synodalen Wegs hinaus, scheint liberaler als gedacht. Doch die Betonung liegt auf dem Konjunktiv und noch (!) nicht auf dem Befreiungsschlag, denn auf den zweiten Blick finden sich ein paar Lücken, die es zu schließen gilt.
Grundsätzlich ist der Entwurf erst einmal ein überraschender Wurf. Sei es die öffentliche Debatte darüber oder das neue Loyalitätsverständnis, welches keine Einbahnstraße mehr ist. Aber besonders lohnt sich der neue Blick auf das Privatleben von Arbeitnehmer:innen. Was in der Praxis vielerorts schon gelebt wird, hat nun auch in der Theorie Einzug gehalten. Sexual- und Beziehungsleben, die von der kirchlichen Lehre abweichen, sind kein Kündigungsgrund mehr. Beziehungsleben und die Intimsphäre gehen den Arbeitgeber nämlich nichts an. Das ist erst einmal anzuerkennen, war diese Haltung von der Kirche vor ein paar Jahren noch undenkbar.
Natürlich folgt nun das große Aber. Der Entwurf bleibt an manchen Stellen nämlich unklar. Gerade bei juristischen Texten macht Unklarheit aber Tür und Tor auf für Interpretationsspielraum und somit auch für Unsicherheiten. Bei der Liste an Merkmalen, anhand derer Diskriminierung ausgeschlossen wird, fehlt "geschlechtliche Identität". Man könnte meinen, diese sei unter "Geschlecht" mitgemeint, aber ist es das wirklich? Wenn im gleichen Atemzug über das christliche Menschenbild gesprochen wird, stellt sich die Frage nach dem Umgang mit Transmenschen. Das christliche Menschenbild kennt eigentlich nur die binären, also weiblich oder männlich, Geschlechter. Auch fehlt eine Definition christlicher Werte. Was ist wann und wie öffentlich oder privat? Diese Fragen werden relevant, wenn Mensch die eigenen vier Wände verlässt und in der Öffentlichkeit, sei es im Internet oder auf Veranstaltungen, agiert zum Beispiel als homosexueller und/oder Trans-Mensch, der:die in der Kirche angestellt ist. Was darf und was nicht? Ist die Person dann wieder dem Wohlwollen des Bistums ausgeliefert?
Wenn Kirche ein "Safe Space" auch als Arbeitgeber sein möchte, dann muss dies im Arbeitsrecht verankert werden. Ein:e gute:r Arbeitnehmer:in zeichnet sich nämlich nicht durch seine scheinbare katholische Lebensführung aus, sondern durch seine Kompetenz und sein Engagement am Arbeitsplatz. Das sollte nicht nur in Zeiten von Fachkräftemangel der eigentliche Maßstab sein, um Kirche für die Menschen zukunftsfähig zu gestalten.
Die Autorin
Pia Dyckmans ist Presse- und Öffentlichkeitsreferentin der Jesuiten in Zentraleuropa.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.