Bundesregierung bekräftigt Willen zur Ablösung der Staatsleistungen
Die Bundesregierung hat ihren Willen bekräftigt, die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen zeitnah auf den Weg zu bringen. Man beabsichtige, dem Bundestag innerhalb der laufenden Legislaturperiode einen Entwurf für ein Grundsätzegesetz als Voraussetzung für die Ablösung vorzulegen, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion.
Zugleich erklärte die Regierung im Einklang mit dem Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP, den Rahmen für die Ablösung im Dialog mit den Ländern und den Kirchen schaffen zu wollen. "Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sind vor der Ausarbeitung des Entwurfs unter anderem Gespräche mit den betroffenen Religionsgemeinschaften und Ländern zu führen. Die aus diesem Prozess resultierenden Erkenntnisse sollen in den Gesetzentwurf einfließen", heißt es in der Antwort wörtlich. Vorfestlegungen der Bundesregierung hinsichtlich einzelner Aspekte des Gesetzentwurfs bestünden nicht.
Deutsche Verfassungen fordern Ablösung seit mehr als 100 Jahren
Seit mehr als 100 Jahren fordern deutsche Verfassungen eine Ablösung der historisch bedingten Zahlungen der Länder an die Kirchen. Die Zahlungen, die die Kirchen zusätzlich zu den Kirchensteuern ihrer Mitglieder erhalten, gehen meist auf das Jahr 1803 zurück. Damals wurden zahlreiche Kirchengüter auf der rechten Rheinseite enteignet und verstaatlicht. Nutznießer waren deutsche Reichsfürsten, die damit für Gebietsverluste an Frankreich auf der linken Rheinseite entschädigt wurden. Sie verpflichteten sich wiederum, den Kirchen regelmäßige Unterhaltszahlungen zu leisten.
1919 bestimmte dann die Weimarer Reichsverfassung, dass diese Leistungen abzulösen sind; das Grundgesetz übernahm 1949 diese Verpflichtung. Demnach muss der Bund ein Grundsätzegesetz erlassen, um Rahmenbedingungen für Vereinbarungen zwischen den Bundesländern und den Kirchen zu schaffen. In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP ein entsprechendes Gesetz angekündigt. In einem gemeinsamen Gesetzentwurf hatten FDP, Grüne und Linke in der vergangenen Legislaturperiode vorgeschlagen, das 18,6-fache der Staatsleistungen im Jahr 2020 als Ablösebetrag anzusetzen. Der Entwurf hatte im Parlament jedoch keine Mehrheit gefunden. 2021 beliefen sich die Staatsleistungen auf rund 590 Millionen Euro, 60 Prozent davon entfielen auf die evangelische Kirche, 40 Prozent auf die katholische Kirche. Beide Kirchen stehen einer Ablösung grundsätzlich offen gegenüber und haben wiederholt ihre Gesprächsbereitschaft bei diesem Thema signalisiert.
Regierung: Debatte um Paragraf 219a hat keinen "negativen Einfluss"
Die Bundesregierung betonte in ihrer Antwort an die AfD, dass die "politische und finanzielle Dimension" der geplanten Ablösung die Staatsleistungen umfangreiche Vorüberlegungen und Vorgespräche mit Vertretern der betroffenen Länder und Religionsgemeinschaften erfordere. "Bislang haben einzelne bilaterale Vorgespräche mit Vertretern betroffener Religionsgemeinschaften stattgefunden", so die Regierung wörtlich. Erste multilaterale Orientierungsgespräche mit Länder- und Kirchenvertretern sollten in diesem Monat stattfinden.
Sorgen, dass die Gespräche mit den Kirchen durch die für diesen Freitag geplante Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen belastet werden könnten, wies die Regierung zurück. Man gehe nicht davon aus, dass eine mögliche Änderung des Strafrechtsparagrafen 219a im Bundestag "negativen Einfluss auf den Gesprächsverlauf" über die Staatsleistungen haben werde. SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Streichung des Paragrafen verständigt und dieses Vorhaben nach ihrer Regierungsübernahme zügig vorangetrieben. Die Kirchen hatten sich gegen die Streichung ausgesprochen. (stz)