Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibung

Bundestag beschließt Streichung von Paragraf 219a – Kirche übt Kritik

Veröffentlicht am 24.06.2022 um 10:55 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Es soll eines der ersten Statements der Ampel-Regierung für einen gesellschaftspolitischen Wandel sein: die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibung. Am Freitag stimmte der Bundestag mit großer Mehrheit dafür. Kirchenvertreter bedauern das.

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Der Bundestag hat am Freitag mit großer Mehrheit die Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch beschlossen. Der Paragraf 219a untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. SPD, Grüne und FDP hatten sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag auf die Streichung verständigt. In der vergangenen Legislaturperiode war der Paragraf reformiert und leicht gelockert worden. Abgeordnete der Ampel und der Linken stimmten für den Wegfall von Paragraf 219a, die Union und die AfD dagegen. Kirchenvertreter bedauerten die Entscheidung.

Der Gesetzentwurf der Regierung soll demnach zwei Dinge sicherstellen: Zum einen sollen Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche im gesetzlichen Rahmen vornehmen, künftig nicht länger mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssen, wenn sie sachliche Informationen über Ablauf und Methoden eines Schwangerschaftsabbruchs bereitstellen. Zum anderen sollen betroffene Frauen leichter Zugang zu sachgerechten fachlichen Informationen erhalten.

Auch künftig keine reißerische Werbung

Zugleich sollen laut Gesetzentwurf begleitende Änderungen des Heilmittelwerbegesetzes gewährleisten, dass reißerische Werbung für Schwangerschaftsabbrüche auch künftig nicht erlaubt sind. Weiter sollen rechtskräftige Urteile gegen Ärzte und Ärztinnen, die seit 1990 gegen Paragraf 219a verstoßen haben, aufgehoben werden.

Der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Matthias Kopp, erklärte, die katholische Kirche habe sich für den Erhalt des Paragrafen sowie für eine Überarbeitung der Informationslage eingesetzt. Diese Lösung hätte aus Sicht der Kirche sowohl den Interessen der Frauen als auch dem verfassungsrechtlich geforderten Schutz des ungeborenen Lebens gedient. Die katholische Kirche setze sich weiter für den Schutz des ungeborenen Lebens und die Nöte ratsuchender Frauen ein. Ähnlich äußerten sich katholische Frauenverbände und die Caritas.

Bereits zuvor hatten sich Spitzenvertreter der katholischen und der evangelischen Kirche gegen die Streichung ausgesprochen. Der DBK-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing betonte zu Jahresbeginn, die beabsichtigten Änderungen nähmen den Schutz des ungeborenen Lebens zurück und könnten "nicht für sich in Anspruch nehmen, fortschrittlich und modern zu sein". Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, hatte zum Festhalten an der derzeitigen Regelung aufgerufen. (tmg/KNA)

24.6., 12:45 Uhr: Ergänzt um kirchliche Reaktionen.