Wie DJ Faith Menschen mit Musik für Gott begeistern will
Jungen Menschen auf dem Weg zum persönlichen Glauben an Jesus Christus helfen – das ist einer der Grundsätze der Evangelischen Jugend in Stuttgart. René Böckle arbeitet dort als fachlicher Leiter und stellvertretende Geschäftsleitung und ist zudem Diakon der Württembergischen Landeskirche. Bei unserem Telefoninterview am Nachmittag sind leise im Hintergrund immer wieder vergnügte Kinderstimmen zu hören. Seiner Mission, Jugendlichen und jungen Menschen die Botschaft Gottes nahezubringen, geht Böckle auch nach Feierabend nach. Dann legt der 36-Jährige als DJ Faith vor allem bei christlichen Festivals und Partys auf. Nach eigenen Angaben ist er einer der etabliertesten und erfolgreichsten deutschen christlichen Künstler in der Pop- und Tanz-Musik. Im katholisch.de-Interview spricht er darüber, wie Glaube und Partys zusammenpassen.
Frage: Herr Böckle, welches Ziel verfolgen Sie mit Ihren Auftritten als DJ Faith?
Böckle: Vor allem ist mir wichtig, dass die Menschen vor der Bühne eine gute Zeit haben. Weiterhin wünsche ich mir, dass man unabhängig davon, wer man ist und was einen gerade beschäftigt, einfach genauso sein darf, wie man ist. Ich möchte mit meiner Botschaft – egal ob mit der Musik oder mit dem, was ich zwischen den Songs sage – den Menschen etwas Gutes tun und etwas mitgeben. Ich möchte den Menschen zeigen: Du darfst dich und dein Leben feiern, auch und vielleicht auch gerade dann, wenn es drumherum gerade ziemlich bescheiden ist.
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Frage: Christsein und auf Partys feiern – passt das denn überhaupt zusammen?
Böckle: Na klar! Erstens: Wir haben die beste Botschaft der Welt. Zweitens: Schon in der Bibel haben die Menschen getanzt. Drittens: Ich bin Mensch, warum sollte ich nicht tanzen dürfen? Deswegen finde ich es bei meinen Auftritten am Schluss immer cool, wenn alle aus sich herauskommen, mitgrölen, die Hände nach oben strecken und sich vielleicht auch von den Zwängen befreien können, die manchmal herrschen. Da geht mein Herz auf, wenn ich das sehe.
Anfang der 2000er Jahr hat Böckle – damals gerade einmal 17 Jahre alt – damit begonnen, mit seinem großen Desktop-PC und simpler Software Lieder ineinander zu mischen. Auslöser dafür war, dass seine Jugendgruppe viel Geld für einen DJ bezahlt hatte, der auf einer Party auflegen sollte. Böckle dachte sich: "Das müssen wir doch auch selbst können!" Stundenlang probierte er zu Hause herum. Zunächst legte er dann vor allem in Jugendhäusern und bei Schulveranstaltungen auf. Er sei nicht auf alles stolz, was er damals gespielt habe, sagt Böckle heute lachend.
Frage: Stichwort "mitgrölen": Sie legen einen Mix aus christlicher und weltlicher Musik auf. Warum?
Böckle: Ich schaue auch bei den weltlichen Songs ganz bewusst auf den Text und es gibt Texte und Songs, die ich nicht spiele, weil dort Inhalte geteilt werden, die ich nicht vertrete. Aber in ganz vielen Songs, die man zum Beispiel aus dem Radio kennt, stecken Botschaften, die mir etwas Heilsames geben können oder die mir Mut zusprechen. Genau darum geht es: Auch wenn ein Lied nicht den Stempel "christlicher Song" trägt, kann der Song trotzdem wertvoll sein. Und es hilft natürlich auch, dass viele Menschen vor der Bühne diese Songs kennen und es deswegen leichter fällt, mitzusingen.
Frage: Wie wichtig ist es, die christliche Botschaft auch in einer Umgebung zu verkünden, in der man nicht mit ihr rechnet?
Böckle: Es wird immer wichtiger, dass wir uns als Christen trauen, in die Welt hinauszugehen und Menschen wieder einzuladen und zu sagen: Wir als christliche Gemeinschaft sind da. Vielleicht habe ich gerade einen richtigen Satz für dich, vielleicht habe ich gerade eine gute Botschaft für dich, vielleicht spreche ich dir aus dem Herzen. Und wenn es nur ein einziges tröstendes Wort für dich war, dann habe ich schon alles erreicht, was ich mir für den Abend wünsche. Und wenn die Menschen nur eineinhalb Stunden eine gute Zeit hatten, weil coole Musik lief, dann ist das auch völlig berechtigt. Für mich steckt kein Zwang dahinter, dass durch mich unbedingt jemand zu Jesus finden muss. Es soll für die Leute, die vor der Bühne stehen, einfach eine gute Zeit sein. Und wenn sie mehr mitnehmen, dann ist das umso schöner.
Diese Offenheit war es auch, die Böckle selbst auf seinen Weg zum Glauben gebracht hat. Als er zwölf Jahre alt war, verlor er seinen Vater. Auch die Leistungen in der Schule nahmen ab. Er sei ein "Terrorkind" gewesen, sagt der 36-Jährige heute. Die Jugendgruppe einer Gemeinde habe ihn dann aber aufgefangen, weil die Menschen ihn einfach offen und ohne großen Zwang angenommen hätten, wie er war. Diese Art, den Glauben zu leben, hat den Jungen aufgefangen, getröstet und begeistert. Böckle spricht von einem "Aha-Effekt", den er erlebt habe, weil die Menschen in der Gemeinde ihn mit Gott, mit Jesus und mit ihrem Glauben überrascht hätten. Diese überraschende Einladung will Böckle heute selbst aussprechen – in seinem Hauptberuf und auch als DJ-Faith.
DJ Faith im Instagram Take-Over
Am Wochenende tritt DJ Faith beim Festival "Louder than before – the Weekend" auf dem Gelände des Jugendhauses Hardehausen im Erzbistum Paderborn auf. Auf dem katholisch.de-Instagram-Kanal berichtet er am Samstag und Sonntag vom Festival und seinem Auftritt.
Frage: Warum funktioniert diese Einladung auf einer Festivalbühne vielleicht besser?
Böckle: Sie löst einen "Aha-Effekt" aus, mit dem die Menschen nicht rechnen und der sie vielleicht gerade deshalb in der Tiefe ihrer Seele anspricht. Vielleicht finden sie das aber auch ganz uncool, weil sie wirklich nur zum Partymachen da sind, auch das ist ja legitim. Ich freue mich immer, wenn ich nach dem Auftritt mit den Leuten ins Gespräch komme und sie sagen: "Krass, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet, ich finde es aber total cool!" Vor allem, wenn sie dann erleben, dass ich nicht nur Lobpreis-Musik spiele, sondern weltliche Lieder, die sie aus dem Radio kennen und bei denen sie sich fragen, wie sie überhaupt mit dem Glauben zusammenpassen. Dann habe ich eine Brücke, um ins Gespräch zu kommen.
Frage: Kommt es denn häufiger vor, dass sich Menschen nach Ihren Auftritten bei Ihnen melden, Ihnen Dinge anvertrauen und daraus am Ende ein seelsorgliches Gespräch wird?
Böckle: Das gibt es durchaus. Oft passiert das auch nicht direkt bei den Veranstaltungen, sondern zum Beispiel auf Instagram. Da schreiben mir dann manchmal junge Menschen, dass ich vielleicht einen Song gespielt habe, der sie total angesprochen hat oder einen Satz gesagt habe, der sie sehr berührt hat. Durch die Impulse und die Songs provoziere ich das in gewisser Weise ja sogar, wenn ich etwa sage, dass Gott jeden Menschen liebt, auch wenn man sich gerade selbst vielleicht nicht so lieben kann. Das regt etwas in den Menschen an und in solchen Situationen geht es schnell über das reine Künstlersein hinaus. Hier bin ich bin dankbar für meine theologische Ausbildung, in der ich gelernt habe, in solchen Gesprächen adäquat zu reagieren.
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Frage: In den Ruhepausen in Ihrem Set sprechen Sie über Gott und geben Impulse. Wie unterscheidet sich das vielleicht auch von dem, wie Sie in Ihrem Hauptberuf über Gott sprechen?
Böckle: Eigentlich nur in dem Punkt, dass ich keine Musik darunterlege, wenn ich in der Kirche oder bei einem Jugendevent predige. Ansonsten bin das schon ich: am DJ-Pult in der Rolle des DJ Faith, in meinem Job dann als René. Aber ich äußere die gleichen Gedanken, erzähle genauso vom Glauben, von der Hoffnung, von meinem Schwierigkeiten – auch mit Gott – und vom Mut, den ich mit Gott haben darf.
Wenn Böckle von seinem Glauben und der Liebe Gottes erzählt, kann man schon am Telefon seine Begeisterung erahnen. Die Sätze sprudeln förmlich aus ihm heraus. Dabei ist die Idee, christliche Botschaften mit Musik und Impulsen auf die Bühne zu bringen, erst 2013 entstanden. Vorher dachte Böckle schon daran, mit dem DJing aufzuhören. Die Auftritte ohne christlichen Hintergrund passten aus seiner Sicht nicht mehr zu ihm. Freunde rieten ihm aber, noch einmal zu reflektieren, ob er seine Leidenschaft wirklich aufgeben wolle. Böckle hat den Rat angenommen. Herausgekommen ist eine Mischung aus Musik und Mission: DJ Faith.
„Hier appelliere ich an jede Gemeinde und Kirche, habt den Mut zu mehr Bass im Gottesdienst.“
Frage: Sie legen nicht nur vor Menschen auf, die einen Bezug zu Kirche und Glaube haben. Gibt es auch Kritik an den christlichen Botschaften?
Böckle: Bei einer Veranstaltung in diesem Jahr habe ich schon erlebt, dass die Menge gebuht hat, weil ich einen Song nicht spielen wollte. Als ich dann gesagt habe, dass ich Christ bin, ging das Buhen nochmal los. Da habe ich gesagt: "Leute, das finde ich uncool. Ich bin gerade ehrlich zu euch, erzähle euch von mir, von meinem Glauben. Da wünsche ich mir einen anderen Umgang." Nach dem Auftritt sind dann relativ viele von den Jungs, die wahrscheinlich nicht viel mit Glauben und Kirche zu tun haben, zu mir gekommen und haben gesagt: "Cool, dass du den Mut hattest, in der Situation da oben stehen zu bleiben und zu deinem Glauben zu stehen." Das sind dann trotz allem schöne Momente, wenn dadurch gute Gespräche entstehen und die Leute das auch wertschätzen können. Es hat aber lange gedauert, bis ich da so selbstbewusst stehen konnte. Und natürlich gibt es auch Momente nach der Show, in denen ich an mir selbst zweifele, wenn etwas nicht so gut funktioniert hat, ich nicht die richtigen Worte gefunden habe, und wo ich kritisch mit mir selbst bin.
Frage: Vermutlich gehen viele der jungen Menschen, die zu Ihren Auftritten gehen, nicht so häufig in traditionelle Sonntagsgottesdienste. Was funktioniert am DJ-Pult besser als in der Kirche?
Böckle: An vielen Stellen ist es aus meiner Sicht schon die Musik. Es macht einfach Spaß, einen fetten Bass zu haben, eine Lichtshow zu sehen, Nebel, Konfetti … Ich glaube nicht, dass das allein reicht, um einen wirklich guten Gottesdienst zu haben, da braucht es schon mehr als nur Konfetti und Licht. Als DJ habe ich auch nicht den Anspruch, einen Gottesdienst zu feiern. Aber ich glaube schon, dass wir als Kirche diesen Wunsch nach lebensweltnaher Musik ernstnehmen dürfen. Ich bin zum Beispiel ein großer Freund davon, weltliche Musik auch in Gottesdiensten zu spielen. Warum nicht mal "Viva la Vida" von Coldplay auf einer Orgel? Da müssen wir als Kirche auch mehr Mut haben. Mir geht es selbst so, dass viele Lieder aus dem Gesangbuch nicht mehr meine Lieder sind. Die haben zwar schöne Inhalte, man müsste sie aber neu interpretieren. Hier appelliere ich an jede Gemeinde und Kirche, habt den Mut zu mehr Bass im Gottesdienst.