Homosexualität, Zölibat, Synodalität: Worüber die Synodalen beraten
Eine eng getaktete Tagesordnung erwartet die Synodalen, wenn sie vom 8. bis zum 10. September für die vierte Synodalversammlung in Frankfurt am Main zusammentreffen. Denn bei der regulär vorletzten Synodalversammlung können die Synodalforen zum letzten Mal Texte in erster Lesung einbringen, um sie nach ausführlichen Beratungen zur weiteren Überarbeitung an die Synodalforen zu überweisen. So werden insgesamt vier Handlungstexte in erster Lesung beraten.
Noch spannender dürften indes die Diskussionen um eine ganze Reihe von Texten sein, die bei der kommenden Versammlung in zweiter Lesung diskutiert werden – und am Ende beschlossen werden könnten: "In der zweiten Lesung finden die Abstimmungen über aktuelle Änderungsanträge und, sofern nicht eine weitere Lesung erforderlich ist, die Schlussabstimmung über die Vorlage statt", heißt es zum Procedere in der Satzung des Synodalen Wegs. Dies betrifft insgesamt 9 Dokumente aus den unterschiedlichen Foren – und davon gleich sechs Handlungstexte, die konkrete Reformvorschläge für die katholische Kirche vorsehen.
Im Synodalforum I "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag" sind das die beiden Handlungstexte "Gemeinsam beraten und entscheiden" sowie "Synodalität nachhaltig stärken".
Aus dem Synodalforum II "Priesterliche Existenz heute" wird der Handlungstext "Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung" diskutiert.
Das Synodalforum III "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" hat den Handlungstext "Präsenz und Leitung – Frauen in Kirche und Theologie" vorgelegt.
Aus dem Synodalforum IV "Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft" stammen die beiden Handlungstexte "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" und "Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität".
Synodalforum I: "Gemeinsam beraten und entscheiden"
Kernthese: Das Synodalforum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag" möchte synodale Gremien auf Ebene der Bistümer und der Pfarreien etablieren, um Partizipation und Gewaltenteilung im Hinblick auf Leitungsaufgaben zu ermöglichen.
Forderung: Das Synodalforum fordert die Bischöfe auf, eine Ordnung auf Diözesanebene und eine Musterordnung für die Pfarreien aufzusetzen, in der verbindliche Verfahren und Regeln für das gemeinsame Beraten und Entscheiden von Leitungsamt und synodalen Gremien festgehalten werden. Zentral dafür sei die freiwillige Selbstbindung von Bischöfen und Pfarrern. Dabei soll eine möglichst hohe Transparenz, Qualität und Effizienz erreicht werden. Bestehende Gremien könnten zu sogenannten Synodalen Räten weiterentwickelt werden.
Auf diözesaner Ebene bedeutet das, dass alle Fragen zu Themen bistumsweiter Bedeutung in diesem Synodalen Rat beraten und entschieden werden sollen, etwa zu pastoralen Planungs- und Zukunftsperspektiven, zentralen Finanzentscheidungen oder entscheidenden Veränderungen bei Personalplanung und -entwicklung. Die Räte sollen demnach in freien, gleichen und geheimen Wahlen bestimmt werden und das Volk Gottes in der Diözese in seiner Verschiedenheit repräsentieren. Stimmt der Bischof einem Entschluss dieses Synodalen Rates zu, ist dieser rechtswirksam. Bei Dissens ist eine erneute Beratung und im Zweifel ein Schlichtungsverfahren angedacht, an dem auch Bischöfe und Synodale aus anderen Bistümern beteiligt werden könnten, so das Forum. In diesen Synodalen Rat könne zudem der Priesterrat integriert werden, der unabhängig Themen berät, die ausschließlich Priester betreffen.
Synodalität: Was die katholische Kirche von der Orthodoxie lernen kann
Im Vorfeld der Bischofssynode 2023 hat der Papst die ganze Kirche auf einen synodalen Weg geschickt. Synodalität ist aber keine neue Erfindung, sagt Theologe Dietmar Winkler. Im katholisch.de-Interview erklärt er, warum sich ein Blick in die Geschichte lohnt – und auch auf die orthodoxe Kirche.
Für die Pfarreien soll es nach Vorstellungen des Forums eine Musterordnung für die freiwillige Selbstbindung des Pfarrers geben. Darin ist auch eine Weiterentwicklung der bereits bestehenden Gremien vorgesehen. Eine Option ist darüber hinaus, den Kirchenvorstand oder Verwaltungsrat mit dem Synodalen Rat zusammenzulegen. Auch dieser Rat soll in freier, gleicher und geheimer Wahl von den wahlberechtigten Gläubigen der Pfarrei direkt gewählt und vom Pfarrer und einem vom Rat gewählten Vorsitzenden gemeinsam geleitet werden. Die Beschlussfassung ist ähnlich wie auf diözesaner Ebene vorgesehen, im Streitfall kann auch eine diözesane Schiedsstelle eingeschaltet werden.
Die Ordnungen sollen zudem veröffentlicht und die Umsetzung alle drei Jahre evaluiert werden. Die Evaluationsergebnisse sollen anschließend von einem deutschlandweiten synodalen Gremium beraten werden, das dann Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Strukturen in den Diözesen ausspricht.
Begründung: Bereits das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) und das kirchliche Gesetzbuch von 1983 erklärten, dass "eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi" walte, heißt es im Handlungstext. Alle Gläubigen hätten demnach Anteil an den drei Ämtern Christi des Hirten, des Priesters und des Propheten. Dies habe auch Auswirkungen auf das Amt von Priestern und Bischöfen. "Ihre Aufgaben können die Bischöfe nur in enger Verbindung mit dem Gottesvolk realisieren, 'da ja die Hirten und die anderen Gläubigen in enger Beziehung miteinander verbunden sind' (LG 32)", schreiben die Autorinnen und Autoren. Zur Aufgabe des Bischofs gehöre es deshalb auch, in seiner Diözese verbindliche Strukturen der Mitwirkung und Mitbestimmung der Gläubigen zu schaffen und Entscheidungen im Zusammenwirken mit den synodalen Gremien der Diözese zu treffen. Ein Weg, dies umzusetzen, sieht das Forum in der Selbstbindung von Bischöfen und Pfarrern, indem diese ihre Leitungsvollmacht nutzen, um sich selbst in ihr einzuschränken.
Synodalforum I: "Synodalität nachhaltig stärken: Ein Synodaler Rat für die katholische Kirche in Deutschland"
Kernthese: Ziel des Forums ist es, ein Gremium dauerhaft zu etablieren, das der Synodalversammlung ähnelt und bistumsübergreifend gemeinsam berät und Entscheidungen trifft.
Forderung: Nach Vorstellung des Forums "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche" soll ein überdiözesaner Synodaler Rat eingesetzt werden. Zur Vorbereitung dieses Rates soll von der Synodalversammlung ein Synodaler Ausschuss eingesetzt werden, der aus dem 27 Diözesanbischöfen, 27 vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gewählten Mitgliedern und 10 gemeinsam gewählten Mitgliedern bestehen soll. Dieser Ausschuss solle die Einrichtung eines Synodalen Rats vorbereiten sowie die Evaluation der Beschlüsse der Synodalversammlung vorbereiten und diese weiterentwickeln. Bis zur Einsetzung des Synodalen Rates soll der Synodale Ausschuss zudem über wesentliche Entscheidungen in Kirche und Gesellschaft beraten und Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung treffen, die nicht auf diözesaner Ebene entschieden werden können – etwa bei pastoraler Planung, Zukunftsfragen oder Haushaltsangelegenheiten der Kirche.
Sobald der Synodale Rat eingesetzt ist, sollen hier die genannten Beratungen und Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung stattfinden. Der Rat soll entsprechend der Synodalversammlung zusammengesetzt und seine Beschlüsse mindestens dieselbe rechtliche Wirkung haben, wie die Beschlüsse der Synodalversammlung. Die Tagungen sollen – ähnlich wie die der Synodalversammlung – öffentlich stattfinden und der Vorsitz beim Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Vorsitzenden des ZdK liegen. Zudem soll es zwei geistliche Begleiter, ein Statut und eine Geschäftsordnung geben. Ferner fordert das Forum, dass der Synodale Rat durch ein eigenes ständiges Sekretariat unterstützt werde, "das finanziell und personell angemessen ausgestattet ist".
Begründung: Das Forum sieht in der Synodalität eine "Form des transparenten und lösungsorientierten Arbeitens". Synodalität sei ein Grundvollzug der Kirche und ein geistlicher Prozess, der dabei helfe, "das Wort Gottes heute zu hören und durch die Unterscheidung der Geister, durch Gebet und durch den Austausch von Argumenten die Evangelisierung zu fördern". Das gemeinsame Beraten und Entscheiden auf dem Synodalen Weg habe die Gemeinschaft des Glaubens gestärkt, schreibt das Forum. "Diese guten Erfahrungen auf dem Synodalen Weg sind die Grundlage dafür, die Synodalität der katholischen Kirche in Deutschland weiter zu stärken."
Synodalforum II: "Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung"
Kernthese: Der Papst soll den Pflichtzölibat prüfen sowie den Weg für die Weihe verheirateter Männer frei machen. Weiterhin soll die Lage von Priestern untersucht werden, die in Deutschland aus dem Amt geschieden sind.
Forderung: Der Papst soll gebeten werden, im weltweiten synodalen Prozess "die Verbindung der Erteilung der Weihen mit der Verpflichtung zur Ehelosigkeit neu zu prüfen" und bis dahin über Kriterien für die Weihe von "viri probati", also von bewährten verheirateten Männern nachzudenken – etwa im Rahmen lokaler Sonderregeln oder vermehrter Dispensen. Zudem soll er darüber nachdenken, bereits geweihten Priestern den Zölibat zu erlassen.
In Deutschland sollen die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zudem die Lage von suspendierten und dispensierten Priestern untersuchen und eine Arbeitsgruppe zum Umgang mit diesen Priestern einrichten. Eine deutliche Mehrheit müsse den priesterlichen Dienst "wegen einer Partnerschaft aufgeben". Zudem sollten diese sich grundsätzlich auf "alle Laien offenstehenden kirchlichen Berufe bewerben können".
Begründung: Das Forum beginnt seinen Text mit einem Ja zum sakramentalen Priestertum und der priesterlichen Ehelosigkeit als "einem angemessenen Zeugnis, als realem Symbol der Ausrichtung des Lebens auf den Herrn". Es gebe im Volk Gottes jedoch eine "Unruhe", die sich eher verstärke als abschwäche. Diese betreffe unter anderem die Schwierigkeit eines Lebens in Ehelosigkeit, das zu Vereinsamung und Suchtgefahr führen könne. Es gehe jedoch auch um die Frage "ob diese Ehelosigkeit von allen bejaht werden muss, die Priester werden wollen, oder ob es nicht doch verschiedener Wahlmöglichkeiten bedarf". Denn die Ehelosigkeit sei nicht das einzig angemessene Zeugnis für die Nachfolge Jesu. "Beispielsweise vergegenwärtigt auch die sakramentale Ehe die Liebe und unverbrüchliche Treue Gottes zu seinem Volk, wie es schon im Epheserbrief dargelegt wird (Eph 5,31f)." Eine Höherwertigkeit des Zölibats könne spätestens seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil "nicht mehr verantwortlich vertreten werden". Ehe und Ehelosigkeit seien komplementäre Lebensformen. "Die Ehelosigkeit bezeugt die Ausrichtung eines Menschen auf Gott vor allem im Modus einer bleibenden Sehnsucht. Die Ehe bezeugt, dass die Liebe Gottes zu uns Menschen konkret sichtbar werden kann." Würden beide Formen von Priestern gelebt, bereichere dies das priesterliche Lebenszeugnis insgesamt.
Von Anfang an umstritten: Die Geschichte des Zölibats
Bis heute fällt er vor allem dann auf, wenn gegen ihn verstoßen wird: der Zölibat. Umstritten ist er schon lange, doch mindestens genauso lange hält die Kirche an ihm fest. Woher kommt die Enthaltsamkeitsregelung? Ein geschichtlicher Überblick.
Der Text verweist sodann auf Männer, die vor oder nach ihrer Weihe sowohl eine Berufung zur Ehe wie auch zum Priesteramt wahrnehmen. Ihre Gaben gingen der Kirche verloren. Weiterhin seien verheiratete Amtsträger etwa in der Orthodoxie oder mit Rom unierten Ostkirchen "eine segensreiche Wirklichkeit". Deren Akzeptanz durch die Gläubigen sei "in vielen Fällen positiv". Durch die Zölibatspflicht bestehe die "sehr reale Gefahr", dass dieser nur als Konsequenz der Berufswahl in Kauf genommen werde und so seinen Zeugnischarakter verliere. Die Aufhebung der Pflicht könne diese besondere Gabe "besser sichtbar machen und ihre Zeichenhaftigkeit für das anbrechende Reich Gottes stärker zur Geltung bringen".
Nicht zuletzt wird in dem Handlungstext thematisiert, dass die Zölibatspflicht überproportional viele Männer anziehe, die sich ihrer Sexualität unsicher seien und eine Auseinandersetzung damit vermeiden wollten, was eine Gefahr für Missbrauch mit sich bringe, wie die MHG-Studie gezeigt habe. Weiterhin sei der Priestermangel ein "Zeichen der Zeit", das ernst zu nehmen sei – auch mit Blick auf die Verfügbarkeit der Eucharistie.
Die Kirche habe die Verpflichtung darauf zu achten, dass die Regeln und Vorschriften, die sie aufstelle, dem Leben der Menschen und der Evangelisierung dienten. "So wie es eine theologische Hierarchie der Wahrheiten gibt, so gibt es auch in der Ausgestaltung des Heilsdienstes in der Kirche immer neu zu gewichtende Vor- und Nachordnungen. Wenn die Verpflichtung zum Zölibat das Zeugnis und die pastorale Aufgabe der Priester behindert, ist diese Regelung zu verändern."
Mit Blick auf aus dem Dienst ausgeschiedene Priester, bei denen "eine deutliche Mehrheit" dies wegen einer Partnerschaft habe tun müssen, konstatiert das Papier, dass diese "unter den Gesichtspunkten der Gerechtigkeit sowie der Rechtssicherheit dieses Ausscheiden, das mehr als eine rein berufliche Zäsur ist, unverhältnismäßig hohe Nachteile" zu ertragen hätten.
Synodalforum III: "Präsenz und Leitung – Frauen in Kirche und Theologie"
Kernthese: An unterschiedlichen Stellen der Kirche sollen mehr Frauen in Leitungspositionen kommen. Weiterhin sollen Frauen unter anderem in der Sprache und der Priesterausbildung besser repräsentiert werden.
Forderung: Leitungspositionen etwa in kirchlichen Akademien, Pressestellen und Kirchengerichten sollen geschlechtergerecht besetzt werden. Dazu soll bis Mitte 2024 "eine strukturwirksame Gleichstellungsarbeit mit entsprechenden personellen Ressourcen" eingerichtet werden. Diese soll Ziele definieren und deren Umsetzung überprüfen sowie sich unter anderem um Recruiting und Personalentwicklung kümmern. Auch etwa im ZdK und den Diözesanräten soll der Frauenanteil erhöht werden. Mit Blick auf die Leitung von Pfarreien sollen alle Diözesen verschiedene Leitungsmodelle fördern, etwa indem Teams grundsätzlich gemischt besetzt werden. Dazu sollen die Gestaltungsräume des Kirchenrechts "stärker und kreativer" genutzt werden. Innerhalb von drei Jahren sollen die Bistümer Konzepte vorlegen, deren Umsetzung evaluiert wird.
Auch an Hochschulen sollen Frauen durch bis 2024 entwickelte "verbindliche Maßnahmen" gefördert werden, in Theologie zu promovieren oder habilitieren. Zudem sollen Lehrstühle verstärkt mit Menschen unterschiedlichen Geschlechts besetzt werden. Auch in den Gremien von DBK und ZdK sollen mehr Mitglieder aus der Wissenschaft kommen. Entsprechende Frauen sollen beispielsweise von den Diözesen sowie durch Stipendienprogramme unterstützt werden, dabei werden auch Frauen aus dem Ausland genannt.
Frauen sollen darüber hinaus in den Medien und Pressestellen stärker sichtbar gemacht werden, zudem sollen die Diözesen mit den ehrenamtlichen Gremien die Verwendung geschlechtersensibler Sprache abstimmen. Durch verschiedene Modelle soll zudem der Anteil von verantwortlichen Frauen in der Priesterausbildung erhöht werden, unter anderem durch Einführung einer "Doppelspitze aus Regens und einer Frau".
Wenn es um die Besetzung oder Errichtung von Gremien geht, sollen gezielt Menschen unterschiedlichen Geschlechts angesprochen und vorbereitende Arbeitsgruppen paritätisch besetzt werden. Die Gremienarbeit soll auf die Lebensrealität von Frauen eingestellt werden, etwa durch Rücksichtnahme auf Sorge-Arbeit. Für alle Gremien und Räte sollen Frauenquoten erarbeitet werden, Klerikergremien sollen Laien einbeziehen, davon die Hälfte Frauen. In Domkapitel sollen auch Frauen aufgenommen werden.
Gleichstellungsbeauftragte: Brauchen mehr Frauen in Bistumsführung
Frauen in kirchlichen Führungspositionen sind nicht selbstverständlich, sagt die Gleichstellungsbeauftragte des Erzbistums Freiburg, Michaela Lampert. Im katholisch.de-Interview spricht sie auch über die Zielvorgabe der Deutschen Bischofskonferenz für das kommende Jahr.
Begründung: Die Kirche habe den Auftrag, das Evangelium zu verkünden und das Leben aller Geschöpfe zu fördern, beginnt das Papier. "Dies gelingt, wenn auch auf Leitungsebene unterschiedliche Sichtweisen auf ein und dieselbe Wirklichkeit zusammenfinden", wird gefolgert. Leitungsteams seien innovativer, transparenter, zielorientierter und machten eine Identifikation leichter. "Zudem braucht es weibliche Rollenvorbilder, um junge Frauen für ein Engagement in der Kirche zu gewinnen." Nur im Zusammenwirken der verschiedenen Charismen von Frauen und Männern könne "die Kirche ihrem Sendungsauftrag gerecht werden" für Menschen in vielfältigen Lebenssituationen. Für neue Wege der Verkündigung seien die Erfahrungen von Frauen "in Leitungspositionen unverzichtbar".
Das Verhältnis von Weihe und Leitung müsse theologisch-wissenschaftlich reflektiert und neu bestimmt werden, heißt es weiter. "Es ist notwendig, dass in den verschiedenen Leitungsmodellen die Aufgaben nach Charismen, Ausbildung, Profession, Beauftragung, Sendung und Weihe unterschieden werden, jedoch frei von Über- und Unterordnung bleiben." Wenn Laien Gemeinden oder Pfarreien leiteten, sollte dies auch als Leitung bezeichnet werden.
In Bezug auf Sprache hält das Papier fest, dass sie ein "lebendiges Ausdrucksmittel" sei und sich gesellschaftlichen Veränderungen anpasse. "Als Kirche und als Christ*innen müssen wir alle Menschen in den Blick nehmen und uns einer Sprache bedienen, die niemanden verschweigt oder marginalisiert." Weiterhin thematisiert wird die Lage der Frauen in "manchen Ortskirchen", wo sie kaum Zugang zu theologischer Bildung und zur wissenschaftlichen Qualifikation hätten. Deshalb müsste im internationalen theologischen Austausch auf Geschlechtergerechtigkeit geachtet werden.
Zuletzt wirft der Text einen Blick auf die Priesterausbildung, die sich "in großen Umbrüchen" befinde. Daraus ergebe sich die Chance auf eine Verzahnung der Ausbildung verschiedener pastoraler Berufe. "Wichtig ist, dass auch Entscheidungs- und Beurteilungsbefugnisse breiter verteilt werden." So entstehe ein umfassenderes Bild der Ausbildung und derer, die ausgebildet werden.
Synodalforum IV: "Grundordnung des kirchlichen Dienstes"
Kernthese: Die Grundordnung des kirchlichen Dienstes soll so geändert werden, dass die persönliche Lebensführung der Mitarbeiter in Bereich der Sexualität und Partnerschaft keine arbeitsrechtlichen Konsquenzen mehr hat.
Forderung: Die Loyalität zur katholischen Kirche dürfe nicht an der privaten Lebensführung, insbesondere im Bereich der Familien- und Intimsphäre, der Mitarbeiter bemessen werden. So wird konkret eine Änderung der Artikel 4 und 5 der aktuell gültigen Grundordnung gefordert. Künftig soll es nicht mehr möglich sein, dass das Eingehen einer "legalen Partnerschaft" als Verstoß gegen die Loyalitätsobliegenheiten aufgefasst wird und dadurch eine Einstellung in den kirchlichen Dienst verhindert wird. Der persönliche Familienstand oder die Wahl der Lebensform dürfe für das kirchliche Arbeitsverhältnis keine Relevanz haben. Das gilt besonders mit Blick auf eine erneute zivile Heirat nach einer Scheidung oder eine homosexuelle Partnerschaft. In die Grundordnung sei eine Nichtdiskriminierungsklausel einzufügen, die es kirchlichen Arbeitgebern verbietet, eine Person aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder der Wahl einer legalen Form der Partnerschaft nicht einzustellen beziehungsweise ihr zu kündigen.
All das soll auch bei der "Missio Canonica", der kirchlichen Unterrichtserlaubnis für Religionslehrer, angewendet werden. Im Blick auf das "Nihil obstat", der Unbedenklichkeitserklärung für Theologieprofessoren, soll sich die Deutsche Bischofskonferenz auf weltkirchlicher Ebene für entsprechende Änderungen einsetzen.
Reform der Grundordnung: Die Arbeitgeberin Kirche will loyal sein
Bisher fordert die Kirche ihren Beschäftigten viel ab – bis ins Privatleben hinein. Das soll nun anders werden. Ein Entwurf einer neuen Grundordnung des kirchlichen Dienstes sieht stattdessen die Dienstgeber in der Pflicht für Nächstenliebe, Vielfalt und andere christliche Werte einzustehen.
Begründung: Die aktuell gültige Grundordnung des kirchlichen Dienstes verkürze die Frage der Glaubwürdigkeit von Kirche auf die Loyalität des einzelnen Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin. Loyalität werde dabei vorrangig im Feld der privaten Lebensführung und der Sexualität definiert. Damit werde nicht der Tatsache Rechnung getragen, dass die Glaubwürdigkeit der Kirche sich daran festmache, inwieweit Kirche – auch und gerade als Arbeitgeberin – Zeugnis von der Liebe Gottes zu den Menschen gebe. Dieser persönliche Ansatz habe Schwachstellen, daher zeichne sich eine Veränderung hin zu einem "institutionalisierten" Ansatz ab – die Forderungen wollen sich in diesen Prozess einfügen.
Die aktuelle Grundordnung halte viele motovierte, qualifizierte und begabte Menschen davon ab, sich für eine kirchliche Stelle zu bewerben. Außerdem sei sie ein starken Machtinstrument gegenüber Mitarbeitern, da sie bei einem Loyalitätsverstoß, der "objektiv geeignet ist, erhebliches Ärgernis" zu erregen, trotzdem einen gewissen Abwägungsspielraum einräume. Das "erhebliche Ärgernis" habe sich jedoch gesellschaftlich ins Gegenteil verkehrt: Dies entstehe nicht mehr durch eine zivile Wiederheirat oder eine homosexuelle Partnerschaft, sondern durch eine dadurch erfolgende Entlassung aus dem kirchlichen Arbeitsverhältnis. Denn der kirchliche Umgang mit Homosexuellen und wiederverheiratet Geschiedenen werde gesellschaftlich zunehmend als Diskriminierung verstanden. Angesichts zahlreicher schmerzlicher Erfahrungen früherer Mitarbeiter müsse die Kirche sich eingestehen, dass sie mit diesem Zeugnis der "Unbarmherzigkeit und Intoleranz" ihren Sendungsauftrag verdunkelt habe.
Zudem zeigten die Urteile nationaler und europäischer Gerichte eine zunehmende Skepsis gegenüber Arbeitsverhältnissen, die unter Berufung auf ihr Selbstbestimmungsrecht Standards der Nichtdiskriminierung unterlaufen. Zuletzt überführe eine veränderte Grundordnung den praktischen Umgang in geltendes Recht: Vielfach werde ohnehin bereits gegen die Normen der Grundordnung entschieden.
Synodalforum IV: "Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität"
Kernthese: Der Synodale Weg will dem Papst eine lehramtliche Präzisierung und Neubewertung der Homosexualität vorschlagen, die diese nicht länger als Sünde qualifiziert. Die entsprechenden Stellen im Katechismus sollen geändert werden.
Forderung: Ausgehend von der in seiner Gottesebenbildlichkeit begründeten unantastbaren Würde des Menschen wird betont, dass der Mensch auch in seiner Geschlechtlichkeit von Gott geschaffen ist. Die sexuelle Orientierung eines Menschen wird als untrennbar zur Person gehörig beschrieben. Daher sei eine homosexuelle Orientierung ethisch nicht anders zu bewerten als eine heterosexuelle. Diese sexuelle Orientierung in Verantwortung, Liebe und Treue zu leben – auch in einer sexuellen Beziehung – sei daher nicht länger als Sünde zu bewerten. "Sie ist vielmehr an der Verwirklichung der genannten Werte zu messen", heißt es.
Aus der so begründeten Neubewertung ergäben sich konkrete Handlungsoptionen für die Kirche: eine Überarbeitung des Katechismus in den entsprechenden Passagen, ein Anerkennen der Verletzungen, die die Kirche homosexuellen Menschen zugefügt habe, eine strikte Ablehnung von sogenannten "Konversionstherapien" und eine ämtertheologische Neubewertung. Letzteres bedeutet, dass homosexuellen Person nicht mehr die Übernahme von kirchlichen Ämtern sowie der Empfang der Priesterweihe verwehrt werden solle.
Papst Franziskus und die Homosexuellen: Nichts als nette Worte?
Papst Franziskus äußert sich auffallend oft über Homosexuelle, und das meistens wertschätzend. Doch in vatikanischen Dokumenten wird nicht nur die traditionelle Lehre fortgeschrieben – auch die Wortwahl verletzt viele nach wie vor. Wie lässt sich diese Diskrepanz deuten?
Begründung: Anknüpfungspunkte für seine Vorschläge sieht das Synodalforum IV in den von den Evangelien und Tradition stark gemachten Werten, die sich auch in einer homosexuellen Partnerschaft verwirklichten, etwa Liebe, Treue, gegenseitige Verantwortung sowie Ausschließlichkeit und Dauerhaftigkeit. Betont wird auch ein erweiterter Begriff von Fruchtbarkeit, wonach diese sich nicht nur biologisch-generativ verwirkliche, sondern auch als Beitrag für die Gesellschaft. Dabei wird das Nachsynodale Schreiben "Amoris laetitia" von Papst Franziskus eingespielt, wo davon die Rede ist. Dazu wird der aktuelle Stand der Humanwissenschaften dargestellt, der Homo- und Bisexualität nicht als Krankheit, Störung oder frei gewählte Option, sondern als natürliche Minderheitsvariante sexueller Präferenzstrukturen von Menschen bewertet.
Kirchliches Agieren in Fragen der Homosexualität habe die Würde homosexueller Menschen als Geschöpfe Gottes nicht ausreichend im Blick gehabt, heißt es weiter. Diese hätten aus ihrer Gottesebenbildlichkeit einen Anspruch darauf, von der Kirche vorbehaltlos angenommen zu sein und aktive Teilhabe am kirchlichen Leben zu haben. Die ablehnende Haltung der Kirche habe jedoch die Nachfolge Jesu für Homosexuelle in der Vergangenheit "häufig erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht".
Die aus der kirchlichen Sexuallehre entstandene Tabuisierung des Themas wird als systemische Ursachen für den sexuellen Missbrauch in der Kirche identifiziert. In vielen Fällen sei dadurch nämlich die Entwicklung einer reifen Sexualität verhindert worden. Deshalb gebe es dringend Handlungsbedarf, damit Menschen, die durch die aktuelle kirchliche Lehre verunsichert seien, ihre Sexualität künftig positiv in ihre Person integrieren können.