Papst Franziskus: Missbrauch hat nichts mit dem Zölibat zu tun
Für Papst Franziskus hat sexueller Missbrauch nichts mit dem Zölibat zu tun. Missbrauch sei eine "zerstörerische, menschlich teuflische Sache" und passiere an vielen Orten, vorrangig in Familien, wo es den Zölibat nicht gebe, sagte das Kirchenoberhaupt in einem am Montagabend veröffentlichten Interview des Fernsehsenders "CNN Portugal". Bei Missbrauch in der Kirche handele es sich daher "um die Monstrosität eines Kirchenmannes oder einer Kirchenfrau, die psychisch krank oder böse ist und ihre Position zur persönlichen Befriedigung ausnutzt". Franziskus fügte wörtlich hinzu: "Unsere Kultur ist eine Kultur des Missbrauchs."
Damit wolle er Missbrauch in der katholischen Kirche unter keinen Umständen leugnen oder kleinreden, ergänzte der Papst: "Selbst wenn es nur einer ist, ist es ungeheuerlich." Denn ein Priester oder eine Ordensfrau sei gerufen, Jungen und Mädchen zu Gott zu bringen. Durch den Missbrauch werde stattdessen das junge Leben zerstört. So etwas dürfe nie vertuscht werden; es gelte null Toleranz im Fall von Missbrauch. "Ein Priester kann nicht Priester bleiben, wenn er missbraucht hat", sagte Franzikus.
Weiter hält der Papst ein stärkeres Einbeziehen von Frauen in Entscheidungsprozesse der katholischen Kirche für richtig – bis hin zur Wahl von Bischöfen. Heute gebe es leitende Mitarbeiterinnen an entscheidenden Stellen in Vatikanbehörden und eine Vizechefin im Governatorat, also der staatlichen Verwaltung des Vatikanstaats, sagte Franziskus. Im Vatikan hätten nicht nur Männer, "nein, hier haben alle Getauften einen Platz". Der Papst warf zudem die Frage auf: "Warum sollten Frauen nicht auch bei der Wahl von Bischöfen mitwirken?"
Einbeziehen von Frauen "Akt der Gerechtigkeit"
Das Einbeziehen von Frauen sei keine Mode, sondern ein "Akt der Gerechtigkeit". Frauen hätten eine andere Art, Dinge zu tun als Männer, "weil sie anders denken und denken lassen, weil sie Mütter sind, was anders ist", so Franziskus weiter. Sie lösten Konflikte anders und seien eher in der Lage, allein zurechtzukommen. Und sie gäben nicht auf, auch wenn eine Situation aussichtslos scheine. Das habe er in Buenos Aires erlebt, wenn er die Schlangen von Müttern sah, die ihre Söhne im Gefängnis besuchten. "Die Väter wären nicht hingegangen", so der Papst. Ihn inspirierten die Heilige Mutter Gottes oder auch Judith aus dem Alten Testament. Beide seien sehr tapfere Frauen. "Die Kirche ist weiblich", so Franziskus.
In seiner freien Zeit hört der Papst aus Argentinien nach eigenen Angaben gerne Opern von Richard Wagner (1813-1883). Er verbringe seinen Urlaub mit Lesen, Musikhören und etwas mehr Beten, sagte das Kirchenoberhaupt. Während er der Opernmusik lausche, arbeite er gerne ein wenig. In seinem Alltag bevorzuge er geregelte Abläufe. "Ich stehe früh auf", betonte Franziskus und fügte wörtlich hinzu: "Und ich wache von alleine auf. Ich bin wie die Hühner." Üblicherweise sei das um 4 Uhr in der Früh. Aber er gehe auch bereits um 21 Uhr ins Bett und lösche um 22 Uhr das Licht.
Bereits zuvor waren Auszüge des Interviews bekannt geworden. Darin sagte der Papst, er habe ein ärztliches Verbot für Reisen nach Kiew oder Moskau erhalten. Vor seinem Besuch in Kasachstan vom 13. bis 15. September werde er daher keine weiteren Reisen unternehmen. Er bestätigte zudem Pläne, zum kommenden Weltjugendtag in Portugal zu reisen. Der Papst werde kommen, "entweder Franziskus oder Johannes XXIV.", scherzte der Pontifex. (tmg/KNA)