Standpunkt

Papst Franziskus sorgt für missverständliche Bilder – immer wieder

Veröffentlicht am 16.09.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Jüngst hat der Papst deutliche Worte zur Religion im Krieg gefunden, die als Anspielung auf Patriarch Kyrill verstanden werden können. Für Annette Zoch ist jedoch rätselhaft, dass Franziskus mit seinen Gesten nun eine andere Botschaft sendet.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

"Religionen sollten sich niemals in den Dienst weltlicher Macht stellen und niemals zu Gewalt aufrufen“ – das hat Papst Franziskus am Mittwoch beim Weltkongress der Religionen in Kasachstan gesagt. Endlich hat der Papst mal etwas deutlichere Worte in Richtung des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. gefunden, der die religiöse Rhetorik liefert für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wenngleich der Papst seine Kritik wieder nur indirekt geübt hat und ohne dabei Namen zu nennen.

Lange genug hat es ja gedauert. Völlig zu Recht wurde dem Vatikan in den vergangenen Monaten vorgeworfen, zu zögerlich und zu zurückhaltend zu sein mit Kritik, sich in der Kommunikation ungelenk zu verhalten, sich von Russland instrumentalisieren zu lassen. Auch am Mittwoch kam es wieder zu einem sehr missverständlichen Bild: Bei der Begegnung mit Metropolit Antonij, dem Außenamtschef von Moskaus Patriarch Kyrill I. und Leiter der russisch-orthodoxen Delegation, küsst Franziskus dessen Enkolpion – ein Würdezeichen orthodoxer Kleriker, das auf der Brust getragen wird. Da beugt der Papst also sein Haupt vor dem Metropoliten, dieser lächelt gütig auf den Pontifex herab. Was für eine Bildsprache.

Stets ist im Vatikan die Rede davon, dass man die Kanäle der Diplomatie nicht verschließen will. Aber warum kann man denn nicht das eine tun, ohne das andere zu lassen? Den Aggressor klar benennen, seine Taten kritisieren, ihn aber zugleich zum Dialog auffordern? Gerade Franziskus als moralische Instanz müsste dem Morden und den Kriegsverbrechen viel entschiedener entgegentreten. Zumal er ja sonst auch nicht gerade um markige Wortmeldungen verlegen ist.

Von Annette Zoch

Die Autorin

Annette Zoch ist Politikredakteurin der "Süddeutschen Zeitung" und schreibt dort über Religion und Kirche.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.