Papst lobt Deutschland – hält Dialog mit Russland offenbar für möglich
Papst Franziskus hat sich anerkennend über Deutschlands Umgang mit der eigenen Geschichte geäußert. "Etwas, was ich von euch gelernt habe, ist die Fähigkeit, für die Fehler des Krieges um Vergebung zu bitten. Nicht nur um Vergebung zu bitten, sondern auch für die Fehler zu bezahlen", sagte der 85-Jährige am Donnerstag auf dem Rückflug von seiner Reise nach Kasachstan. Dies beschreibe gut, was es brauche, um Krieg zu vermeiden. "Ein Krieg in sich ist immer ein Fehler", betonte Franziskus. Leider erscheine es ihm derzeit so, als ob vielfach die Annahme vorherrsche, dass es kein Leben ohne Krieg gebe.
Für den Papst ist der Dialog auch mit allen Kriegsparteien wichtig. "Ich schließe den Dialog mit einer Macht, die Krieg führt nicht aus, auch wenn es der Angreifer ist", sagte Franziskus, ohne Russlands Angriff auf die Ukraine explizit zu nennen. Es bestehe immer die Möglichkeit, dass der Dialog den Verlauf der Dinge ändere. Dass er neue Perspektiven und neue Überlegungen eröffne. Er könne nachvollziehen, dass es schwierig sei, einen Dialog zu verstehen, der mit Ländern geführt werde, die Krieg angezettelt hätten. "Das stinkt, aber wir müssen es machen". Es sei am Ende immer ein Schritt nach vorne, in Richtung Frieden. Wenn es den Dialog nicht gebe, gebe es Ignoranz oder Krieg. Denn oft sei fehlendes Wissen mitverantwortlich für den Ausbruch eines Krieges.
Papst: Verteidigung ist ein Akt der Liebe für das Vaterland
Der Papst hatte in der kasachischen Hauptstadt am VII. Kongress der Führer der Weltreligionen teilgenommen. Ein ursprünglich geplantes Treffen mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. scheiterte an dessen Nicht-Kommen. Franziskus tauschte sich indes mit dem Chef der russischen Delegation, Metropolit Antonij, aus. Dieser erklärte nach dem Gespräch, dass die russisch-orthodoxe Kirche weiterhin ein Treffen der beiden Kirchenoberhäupter für wichtig und erstrebenswert halte.
Das Recht auf Verteidigung sieht der Papst als Akt der Liebe für das Vaterland. "Wer etwas nicht verteidigt, liebt es auch nicht, wer verteidigt, liebt", sagte das Kirchenoberhaupt. Zugleich erklärte er, gefragt nach möglichen Waffenlieferungen in die Ukraine, dies sei eine politische Entscheidung. Diese Entscheidung könne moralisch akzeptabel sein, wenn sie unter moralischen Bedingungen getroffen werde. Davon gebe es viele. "Aber sie kann unmoralisch sein, wenn sie gemacht wird, um mehr Krieg zu provozieren, um Waffen zu verkaufen oder um Waffen loszuwerden, die nicht mehr gebraucht werden." Letztlich sei die Motivation entscheidend mit Blick auf die Frage, ob eine solche Handlung moralisch zu rechtfertigen sei.
Es sei zudem richtig, über die Frage des "gerechten Krieges" nachzudenken, so Franziskus weiter. Es gebe derzeit viele Kriege, nicht nur den Krieg in der Ukraine, sondern auch in Aserbaidschan oder seit mehr als einem Jahrzehnt den Krieg in Syrien. Ebenfalls nannte der Papst die Minderheit der Rohingya in Südostasien, die "wie Staatenlose" herumirrten. "Wir sind im weltweiten Krieg", beklagte Franziskus. Und manchmal scheine es, als ob unnütz sei, wer nicht Krieg führe. Aber letztlich bleibe der Frieden immer größer als der Krieg.
Den Austausch mit China hält der Papst für schwierig und mahnt zur Geduld. "Um China zu verstehen, braucht es ein Jahrhundert. Und wir leben kein Jahrhundert", sagte das Kirchenoberhaupt. Der chinesische Rhythmus sei anders, viel langsamer. Das Land habe eine ganz andere Kultur. Aber für das Verständnis müsse der Weg des Dialogs eingeschlagen werden. "Es ist nicht einfach, die chinesische Mentalität zu verstehen", so Franziskus. Aber man dürfe die Geduld nicht verlieren. Derzeit, so der Papst weiter, sei Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin derjenige mit dem meisten Wissen über China. Der Heilige Stuhl steht kurz vor der Verlängerung eines geheimen Abkommens mit Peking, das die Ernennung von Bischöfen im wechselseitigen Einvernehmen ermöglicht.
Nächste Papstreisen nach Bahrain, Südsudan und Kongo
Die nächsten Reisen des Papstes sollen voraussichtlich nach Bahrain, Südsudan und die Demokratische Republik Kongo gehen. Das Reisen sei "sehr schwierig" mit seinem lädierten Knie, erklärte Franziskus. Aber er werde sich trotzdem auf den Weg machen. Laut Vatikan ist als erstes eine Reise nach Bahrain im November geplant. Darüber hinaus berichtete der Papst, er habe sich mit dem Anglikanerprimas Justin Welby darüber ausgetauscht, wie die verschobene gemeinsame Reise in den Südsudan nachgeholt werden könne. Hier sei über einen Termin im Februar kommenden Jahres gesprochen worden. Die Visite war ursprünglich für Anfang Juli geplant gewesen. Zuvor wollte Franziskus alleine in die Demokratische Repbulik Kongo reisen. Der Besuch im Kongo könnte nun ebenfalls im Februar stattfinden.
Insbesondere aufgrund seines schmerzenden Knies war der ursprüngliche Reisetermin wenige Wochen vor dem geplanten Beginn abgesagt worden. Damals hatten die Ärzte dem Papst von den Strapazen dringend abgeraten. Auch auf der dreitägigen Reise in die kasachische Hauptstadt Nur-Sultan waren die Beschwerden von Franziskus offensichtlich. Er bewegte sich meist im Rollstuhl und konnte weder länger stehen noch ohne Gehhilfe und Unterstützung gehen. (tmg/KNA)