Gericht bestätigt: Zivilklage gegen Benedikt XVI. wird geprüft
Vorwürfe gegen den früheren Papst Benedikt XVI. und andere Kirchenvertreter im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal könnten ein Nachspiel vor Gericht haben. Nach einer von einem Missbrauchsopfer eingereichten Zivilklage auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht hat das Landgericht Traunstein die ersten gesetzlich vorgeschriebenen technischen Verfahrensschritte eingeleitet. Das bestätigte die stellvertretende Gerichtspräsidentin Andrea Titz am Dienstag nach entsprechenden Medienberichten der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Inhaltlich habe sich das Gericht mit der Klage noch nicht befasst. Deshalb sei nicht absehbar, ob es zu einer öffentlichen Verhandlung komme und welche Erfolgsaussichten damit verbunden seien, so Titz. Anders als im Strafrecht könne eine Zivilklage aber auch nicht abgewiesen werden.
Fristen, um Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen
Die Klage richtet sich gegen einen Priester als mutmaßlichen Täter, den emeritierten Papst Benedikt XVI., den früheren Münchner Erzbischof Friedrich Wetter und das Erzbistum München und Freising als Körperschaft. Laut Titz laufen derzeit mehrere Fristen. Die Beklagten hätten insgesamt sechs Wochen Zeit, ihre Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen und dann die Klage zu erwidern, also zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Im Fall von Benedikt XVI. seien es wegen seines ausländischen Wohnsitzes acht Wochen. Nach Eingang der Antworten werde das Gericht unter anderem zu prüfen haben, ob die Klage schlüssig vorgebracht sei und ein Feststellungsinteresse bestehe. "Es geht nicht um einen Zahlungsanspruch", betonte Titz. Ein solcher könne auch nicht aus einem Feststellungsurteil abgeleitet werden.
Laut Recherchen von "Correctiv", Bayerischem Rundfunk und der "Zeit" hatte der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz die Klage im Juni eingereicht. Sein Mandant sei ein Opfer des Priesters Peter H., der trotz einer einschlägigen Vorstrafe im Erzbistum München und Freising weiter als Gemeindeseelsorger eingesetzt worden war. Der Jurist wolle damit erreichen, dass ein weltliches Gericht über Mitverantwortung von Bischöfen für solche Taten entscheidet, auch wenn diese schon verjährt seien, hieß es in einer am Montag verbreiteten Pressemitteilung von "Correctiv".
H. spielt auch im Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising vom Januar 2022 eine zentrale Rolle. In den 1990er-Jahren soll er in der Erzdiözese mehrere Kinder und Jugendliche missbraucht haben, auch den Kläger. Die Bistumsleitung rund um den damaligen Erzbischof Joseph Ratzinger und späteren Papst Benedikt XVI. hatte den pädophilen Priester 1980 im Erzbistum aufgenommen und dessen Umgang mit Jugendlichen nicht unterbunden, obwohl H. zuvor bereits in Essen bei mehreren sexuellen Übergriffen ertappt worden war. (tmg/KNA/epd)