Vatikan äußert sich erstmals zu Italiens rechter Wahlsiegerin Meloni
Der Vatikan hat sich erstmals zur künftigen Regierungschefin von Italien, Giorgia Meloni, geäußert. Sie habe auf "ernstzunehmende Weise" begonnen, so der zweite Mann im Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Mittwochabend vor Journalisten in Rom. Nach der Parlamentswahl Ende September haben in Italien die Vorgespräche zwischen den Parteien zur Regierungsbildung begonnen. Am Donnerstag traten erstmals die neugewählten Parlamentskammern zusammen. Noch vor Ende des Monats wird voraussichtlich die neue Regierung stehen.
Man müsse Menschen nach den Fakten beurteilen, die sie zu erreichen in der Lage seien, sagte Parolin am Rande einer Veranstaltung in der italienischen Hauptstadt. Dies gelte auch für Regierungen. Bezogen auf Meloni habe er den Eindruck, dass es zumindest die Bereitschaft gebe, "die großen Probleme des Landes im nationalen und internationalen Kontext anzugehen". Er hoffe, dass "dieses Engagement fortgesetzt werden kann".
Vor der Wahl hatte sich das Rechtsbündnis bestehend aus Giorgia Melonis Fratelli d'Italia, der Lega mit Matteo Salvini und Silvio Berlusconis Forza Italia für finanzielle Entlastungen von Arbeitnehmern und Familien ausgesprochen; auch um die in Italien sehr niedrige Geburtenrate zu steigern. Die Einwanderung auf dem Seeweg wollte das Bündnis erschweren, reguläre Einwanderung soll hingegen gefördert werden. Nach dem Wahlsieg äußerte sich Meloni bislang kaum öffentlich über die inhaltliche Ausrichtung der neuen Regierung.
Spannung und große Erwartungen
"Natürlich beobachten wir alle diesen Start mit Spannung und großen Erwartungen, und unser Wunsch ist es, dass man sich auf die Probleme des Landes konzentriert, die sehr zahlreich sind", so der Kardinal. Von außen betrachtet habe er den Eindruck, dass "der Wille und das Bemühen vorhanden sind, geeignete Personen zu finden, die auf die wirklichen Probleme reagieren".
Die Parteien von Meloni, Salvini und Berlusconi sowie einige Kleinstparteien diskutieren derzeit über die künftigen Ministerposten. Am Donnerstag wurde das zweithöchste Amt im Staat, das des Senatspräsidenten, an Ignazio La Russa vergeben. Der 75-Jährige Vertraute Melonis ist seit 2018 Vizepräsident des Senats und fiel häufiger durch eine besondere Nähe zum Faschismus und zu Mussolini auf. Zu Beginn der Corona-Pandemie hatte er beispielsweise in einem später gelöschten Tweet geschrieben, man könne den Händedruck durch den kontaktfreien "römischen Gruß" ersetzen, in Italien das Pendant zum Hitlergruß.
Nach dem Rechtsrutsch in Italien hatten sich bereits mehrere Kirchenvertreter geäußert. Für den Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Matteo Zuppi, war der Tag der italienischen Parlamentswahl kein "schwarzer Tag". Der frühere Generalvikar von Rom, Kardinal Camillo Ruini, sah einen Grund für Melonis Erfolg in "der Klarheit und Beständigkeit ihrer Positionen". Der Augsburger Bischof Bertram Meier zeigte sich dagegen besorgt über das Ergebnis der Wahl. (tmg/KNA)