Johannes Paul II. habe wie Christus gelitten und könne darin Vorbild sein

Kardinal Sarah: "Der Priester ist kein Mensch wie jeder andere"

Veröffentlicht am 17.10.2022 um 13:29 Uhr – Lesedauer: 

Kißleg/Rom ‐ Kardinal Robert Sarah warnt vor einer Verweltlichung der katholischen Kirche. Nur wenn Laien und Priester in den vorgesehenen Rollen blieben, komme die Heiligkeit der Kirche zur Geltung. Johannes Paul II. sei Vorbild dazu.

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Kurienkardinal Robert Sarah hat eine Rückbesinnung auf Rolle und Aufgabe der Priester gefordert. "Der Priester ist kein Mensch wie jeder andere", sagte Sarah in einem Interview der Oktoberausgabe des Vatican-Magazins. Es könne nicht sein, dass Priester "die Rolle der Laien übernehmen, indem sie in die Politik einsteigen, anstatt zu predigen."

Nach Ansicht Sarahs werde die Kirche zu sehr als äußere und politische Struktur gesehen. Da diese Sichtweise die Rolle des Priesters veruneindeutige, sei die Kirchenkrise eine priesterliche Krise. Zwischen den kirchlichen Ständen herrsche Eifersucht und Streit. Laien versuchten Aufgaben des Klerus zu übernehmen. "Es gibt den Kopf, die Arme, die Augen, die Ohren... Wenn die Ohren die Rolle der Beine spielen wollen, kann der Leib nicht mehr laufen und nichts mehr hören. Jeder muss an seinem Platz sein, in seiner Rolle, gemäß der Definition der Kirche, in Harmonie."

"Wenn wir befleckt sind, beflecken wir die Kirche."

Mit Blick auf Reformdiskussionen in der Kirche betonte Sarah die Heiligkeit der Kirche. Daher sei es Aufgabe der Menschen, sich zu reformieren. "Die Kirche sind wir, du und ich, zusammen. Wenn wir befleckt sind, beflecken wir die Kirche." Alle hätten der Kirche geschadet – "nicht nur die Priester, die der Pädophilie beschuldigt werden".

Bild: ©picture alliance / abaca | Vandeville Eric

"Ein Papst, der sabbert und nur mit Mühe sprechen kann, ist für die Gesellschaft nicht vorzeigbar. Aber dadurch wurde er mit Christus gekreuzigt", sagt Kardinal Robert Sarah. Das Sterben Johannes Pauls II zog sich 2005 über mehrere Wochen. Immer wieder zeigte sich der schwerkranke Pontifex der Öffentlichkeit. Zuletzt drei Tage vor seinem Tod am 30. März 2005.

Als besonderes Vorbild nannte Sarah Papst Johannes Paul II., dessen öffentliches Sterben in menschlicher Hinsicht ein Skandal gewesen sei. "Ein Papst, der sabbert und nur mit Mühe sprechen kann, ist für die Gesellschaft nicht vorzeigbar. Aber dadurch wurde er mit Christus gekreuzigt. Die Nägel gingen durch die Hände Jesu wie durch die von Johannes Paul II. Die Lanze, die durch das Herz Jesu ging, ging durch das Herz von Johannes Paul II." Damit habe der sterbende Papst gezeigt, dass es beim Priestertum nicht darum gehe, "Dinge zu tun" oder "nützlich zu sein", sondern durch das Leid zu Gott zu führen.

Robert Sarah war von 2014 bis 2021 Präfekt der Gottesdienstkongregation. Während seiner Amtszeit kam es zu Spannungen mit dem Papst aufgrund von unterschiedlichen Vorstellungen zur Ordnung der Liturgie, etwa mit Blick auf die Zelebrationsrichtung oder die Übersetzung liturgischer Bücher. Der Kardinal betont aber, kein Gegner des Papstes zu sein. Auch nach seiner Emeritierung als Präfekt äußert sich Sarah regelmäßig zu Fragen der Entwicklung der Kirche. Mit Blick auf den Synodalen Weg in Deutschland sagte der Kardinal im vergangenen Jahr, manche würden "zum Verrat verleitet, indem sie das Schiff verlassen, um den modischen Mächten zu folgen". Systemische Ursachen für Missbrauch in der Struktur der Kirche weist er zurück. (ben)