Bischof Huonder: Piusbruderschaft nicht schuld an Trennung von Rom
Sonntagabend in Stuttgart. Im Vorort Feuerbach hält ein katholischer Bischof eine feierliche Messe. Außergewöhnlich wird der Gottesdienst dadurch, dass er in der Kirche der Deutschlandzentrale der von Rom getrennten Piusbruderschaft stattfindet.
Am Altar steht Bischof Vitus Huonder (80), der emeritierte Bischof von Chur. Schon während seiner Amtszeit in der Nordostschweiz hatte Huonder stark polarisiert und häufig landesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nach der Rücktrittsannahme durch Papst Franziskus 2019 zog Huonder nach Wangs im Nachbarbistum Sankt Gallen – in eine Einrichtung der Piusbruderschaft.
Der einzige Teil der Messe in deutscher Sprache ist die Predigt, und die lässt nichts an Klarheit vermissen: Die Schuld an der Trennung zwischen Rom und der ultrakonservativen Gemeinschaft sieht Huonder bei der katholischen Kirche. Den Menschen ruft er zu, sie sollten sich nicht durch Aussagen "täuschen" lassen, die Bruderschaft sei schismatisch oder häretisch. Vielmehr stehe die Gemeinschaft für Glaubenstreue und nicht für Glaubensabfall. Das "Unrecht" der Trennung laste auf der Kirche "wie die Erbsünde auf der Menschheit".
Zu Beginn seiner Ansprache hatte Huonder vor den rund 100 bis 150 Teilnehmenden betont, dass er den Rottenburger Bischof Gebhard Fürst über sein Kommen informiert habe. Damit entsprach Huonder zwar dem zwischen Ortsbischöfen üblichen Umgangsstil – doch was hätte Fürst dagegen tun sollen? Verhindern konnte er die Feier nicht, schließlich findet sie in einer Kirche statt, die die Piusbrüder ab 1990 am Rande eines kleinen Industriegebietes selbst errichtet haben.
Nicht zum ersten Mal in Stuttgart
Huonder war nicht zum ersten Mal in Stuttgart. Eine ähnliche Veranstaltung hatte es bereits im Vorjahr gegeben. In beiden Fällen folgte der Altbischof einer Einladung des ehemaligen Generaloberen der Piusbruderschaft, Franz Schmidberger, der seit zwei Jahren wieder in Feuerbach lebt. Einen Affront vermag Schmidberger in der Messfeier nicht zu erkennen. "Wir wollen nicht provozieren, und wir haben es auch nicht getan", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Vielmehr diene der Gottesdienst "der Stärkung der Menschen in schwierigen Zeiten".
Huonder, der sich so gut wie nie öffentlich äußert, beruft sich bei seinen Kontakten zu den Piusbrüdern auf einen Auftrag von Kardinal Ludwig Müller aus dessen Zeit als Chef der römischen Glaubenskommission. Ob es diesen Auftrag tatsächlich gibt, was er konkret umfasst und ob er immer noch gilt, bleibt unklar.
Sicher ist indes, dass Huonder seine faktische Nähe zur Piusbruderschaft mit seinem Eintreten für den vorkonziliaren Messritus begründet. Seine früheren Äußerungen zu Homosexualität, Lebensschutz und Kirchenverfassung lassen aber den Schluss zu, dass es ihm um deutlich mehr geht als die Frage, in welche Richtung in der Messe die Wandlungsworte gesprochen werden.