Standpunkt

Reformationstag und Halloween – die Kombination von Inhalt und Kommerz

Veröffentlicht am 28.10.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Verschiede zu Halloween ausgeschnitzte Kürbisse.
Bild: © KNA

München ‐ Der Reformationstag und Halloween werden am gleichen Datum gefeiert. Für den bekennenden Kulturprotestanten Tilmann Kleinjung ist das nicht unbedingt ein Widerspruch: Die beiden Feiertage ergänzen sich durchaus, kommentiert er augenzwinkernd.

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Gruslig, was einem da am Reformationstag alles geboten wird: Kostüme von der Stange, Gedichte aus der Konserve und jede Menge Süßkram. Am Vorabend vor Allerheiligen wird der Kulturprotestant (zu denen sich der Autor wohl zählen lassen muss) regelmäßig zum Kulturpessimisten. Er hebt an zur Wehklage über diesen Neophyten unter den Festen: Halloween, importiert aus dem Fernen Westen, hat dem Reformationstag schon lang den Rang abgelaufen. Der Klingelstreich an Nachbars Gartentür hat mit dem Thesenanschlag Martin Luthers vor 505 Jahren praktisch nichts mehr zu tun – außer dem gemeinsamen Datum, eben dem Vorabend vor Allerheiligen.

Nun habe ich – spätestens, seit ich Vater bin – meinen Frieden mit dem Kürbisfest gemacht. Mit zunehmendem Alter der Kinder verliert es an Bedeutung. Am Ende ist es doch nur eine Mode? Auch die Nachfahren des Reformators raten zur Gelassenheit im Umgang mit Halloween. Christian Priesmeier, der Vorsitzende der "Lutheriden-Vereinigung", der rund 200 Luther-Nachfahren angehören, findet es überhaupt nicht schlimm, wenn beides gefeiert wird: Reformation und Halloween. "Dieses 'Entweder, oder' ist etwas typisch Deutsches", sagte Priesmeier dem Evangelischen Pressedienst (epd). Vielleicht ist es ja gerade die Koalition der beiden Feste, die für den politisch gewünschten "Doppelwumms" sorgt. Der Reformationstag kümmert sich um den Content und das Gruselfest um den Kommerz. Diese für jedes anständige Fest unabdingbare Kombination (siehe Weihnachten) könnte dem 31. Oktober endlich zu dem Stellenwert verhelfen, der ihm gebührt.

Und schon werden Stimmen laut, die fordern, der Reformationstag möge doch endlich gesetzlicher Feiertag in ganz Deutschland werden. Das ist er bisher nur in neun Bundesländern (und rätselhafterweise in Chile). Eine Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur IDEA kommt zu dem Ergebnis, dass 61 Prozent der Deutschen den 31. Oktober als bundesweiten Feiertag wollen. Happy Halloween oder Ruhiges Reformationsfest? Egal. Das schönste Ergebnis dieser Umfrage ist die Nachricht, dass auch die Katholikinnen und Katholiken mehrheitlich den Reformationstag feiern wollen. Wenn das kein Grund für einen Feiertag ist.

Von Tilmann Kleinjung

Der Autor

Tilmann Kleinjung ist Leiter der Redaktion Religion und Orientierung im Bayerischen Rundfunk (BR).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.