Oberhirten seien in Rom genauso Bittsteller, wie Laien es ihnen gegenüber sind

Lüdecke bremst Erwartungen an Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe

Veröffentlicht am 15.11.2022 um 11:19 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Es sei nicht zu erwarten, dass die deutschen Bischöfe "solidarisch auf den Tisch hauen" und nachdrücklich die Reformvorhaben des Synodalen Wegs in Deutschland vor Papst Franziskus verteidigen, sagt der Kirchenrechtler Norbert Lüdecke.

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Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke warnt vor hohen Erwartungen an den am Montag begonnenen Vatikanbesuch der deutschen Bischöfe. Die Geschichte zeige, dass die Bischöfe "erfahrungsgemäß auf dem Hinweg zu solchen Besuchen mutiger als auf dem Rückweg" seien, sagte Lüdecke am Dienstag im Deutschlandfunk. Es sei nicht zu erwarten, dass die deutschen Bischöfe "solidarisch auf den Tisch hauen" und nachdrücklich die Reformvorhaben des Synodalen Wegs in Deutschland vor Papst Franziskus verteidigen. "Die Bischöfe sind in Rom genauso Bittsteller, wie die Laien es ihnen gegenüber sind", betonte der Kirchenrechtler. "Für diejenigen mit klarem Blick wird das nicht überraschend sein."

Vor diesem Hintergrund erneuerte der Bonner Theologe seine Kritik am Synodalen Weg. Auch wenn er Vorhaben wie die kirchliche Anerkennung homosexueller Paare inhaltlich unterstütze, ließen diese sich doch aus kirchenrechtlicher Sicht nicht umsetzen. Erschwerend kommt aus Sicht Lüdeckes hinzu, dass sich die deutschen Bischöfe untereinander nicht einig sind. Zudem hätten sie bislang nicht umgesetzt, was sie aus ihrer eigenen Amtsgewalt heraus könnten, etwa eine Öffnung des kirchlichen Arbeitsrechts. Er sehe "keinen deutschen Bischof, der wirklich den Namen Reformbischof verdiente", erklärte Lüdecke.

Causa Woelki werde eine Rolle spielen

Für ihn sei es zudem offenkundig, dass die aktuellen Vorwürfe gegen den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki beim Vatikanbesuch der Bischöfe eine Rolle spielen werde – allerdings nicht, welche. Gegen den Kölner Erzbischof ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs des Meineid. Bis zu einem Urteil gelte die Unschuldsvermutung; "und auch bei einer Verurteilung muss man sehen, eine kirchliche Straftat ist der Meineid nur vor einer kirchlichen Autorität. Vor einem weltlichen Gericht ist es nur Sünde", erklärte Lüdecke. Die pastorale Situation im Erzbistum sei nicht erst seit den Ermittlungen zerrüttet, "und trotzdem greift der Papst bisher nicht ein".

Am Montag haben die Bischöfe ihren Vatikanbesuch begonnen. Alle fünf bis sieben Jahre sind die Bischöfe aus aller Welt laut Kirchenrecht zu einem sogenannten Ad-limina-Besuch verpflichtet. Zweck ist, dass die Bischöfe eines Landes den Papst über die Situation in ihren Diözesen informieren. Neben den Gesprächen mit dem Papst sind Treffen in den Vatikanbehörden vorgesehen. Den Dienstag begannen die Bischöfe mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore. Dabei predigte Woelki über das Leben und Wirken des heiligen Albertus Magnus, dessen Gedenktag die Kirche am 15. November begeht. Am Dienstagvormittag stand ein Gespräch in der Vatikanbehörde für die Bischöfe auf dem Programm. Dabei könnte auch die krisenhafte Lage im Erzbistum Köln zur Sprache kommen. (tmg/KNA)