Harte Diskussionen, ehrlicher Dialog: Reaktionen zum Ad-limina-Besuch
Deutsche Bischöfe und weitere Kirchenvertreter ziehen ein gemischtes Fazit nach dem Ad-limina-Besuch in Rom. Die Gespräche bei den insgesamt elf Treffen bezeichnete der Münsteraner Bischof Felix Genn in einer Pressemitteilung des Bistums (Montag) als "hart, aber von beiden Seiten fair". Gespräche in solcher Offenheit und Klarheit habe er sich bei früheren Ad-limina-Besuchen nicht vorstellen können. "Der Papst spricht oft von einem Erlernen der Synodalität", sagte Genn, "das konnten wir im Austausch unter uns, mit dem Papst und der Kurie erleben."
Zu den in Deutschland diskutierten Fragen der Weihe für Frauen und der Abschaffung des priesterlichen Pflicht-Zölibats habe der Papst sich klar positioniert. Erstere habe er als dogmatische, letztere als disziplinarische Frage bezeichnet. Das seien unterschiedliche Ebenen. Betont habe der Papst auch dabei die Bedeutung der Synodalität. Die Situation der Kirche in Deutschland und den Synodalen Weg nehme man in Rom aus Briefen und den Medien wahr und betrachte sie durchaus auch mit Sorge. "Diese Reserviertheit erfordert weitere Gespräche, das schadet aber auch nicht", sagte Genn.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck ist nach eigenen Worten "sehr positiv gestimmt" aber auch "sehr nachdenklich" in sein Bistum zurückgekehrt. Die Rückmeldungen zum Synodalen Weg seien "sehr konkret" gewesen, sagte der Bischof in einem Interview mit dem Kölner "domradio.de" (Montag). Papst Franziskus habe die Bischöfe an seinen Brief an das "Pilgernde Volk Gottes in Deutschland" hingewiesen und betont, dass es vor allem um die Haltung gehe: "Für ihn ist es vor allem ein geistlicher Prozess, der weniger mit Inhalten zu tun hat als erst einmal mit einer Haltung des Hörens."
Bei den Treffen mit den Vatikanbehörden sei es vor allem um Glaubensfragen und das Verständnis von Tradition gegangen. Dazu gehörten auch Fragen der Sexualmoral sowie zur Zukunft des priesterlichen Lebens, das sich verändere und für das sich nur noch "ganz wenige" in Deutschland zur Verfügung stellten. Beim Ständigen Rat würden die Bischöfe nun über das Treffen reflektieren. "Wir werden dann auch die klaren Anfragen, die an uns formuliert worden sind, noch mal zum Thema machen, überlegen, wie wir damit umgehen, welche Perspektiven sich daraus ergeben und was das für den Synodalen Weg auf Dauer heißt", erklärte Overbeck.
Ackermann: Werden Synodalen Weg zu Ende bringen
Auch aus Sicht des Trierer Bischofs Stephan Ackermann sei offen über die Situation der Kirche in Deutschland gesprochen worden. Bisher sei die Kommunikation zum Synodalen Weg größtenteils über Einzelkontakte und die Medien erfolgt. "Einander im Original-Ton zu hören ist wichtig, gerade weil ja auch kontroverse Positionen im Raum stehen", betonte Ackermann laut Pressemitteilung seines Bistums (Samstag).
Die Themen und Papiere des Synodalen Wegs entfalteten schon jetzt ihre Wirkung, so Ackermann weiter. "Wir werden den Synodalen Weg zunächst wie geplant im kommenden Februar zu Ende bringen und die Ergebnisse dann in Rom vorlegen", so der Bischof. Dazu gehöre es auch, die beim Ad-limina-Besuch geführten Gespräche zu reflektieren und die Anliegen, die Papst Franziskus in seinem Brief an das pilgernde Volk Gottes formuliert habe, einzubeziehen.
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In einem Instagram-Video des Bistums Osnabrück (Samstag) bezeichnete Bischof Franz-Josef Bode die Woche im Vatikan als anstrengend. "Es ist für mich der fünfte Ad-limina-Besuch und sicher auch der anstrengendste und intensivste." Bei den Gesprächen habe es viel Nachdenklichkeit gegeben und es sei um sehr konkrete Dinge gestritten worden – auch untereinander. "Insofern, glaube ich, war es für uns als Bischofskonferenz als auch für das Gespräch mit Rom ein guter Anfang und ich hoffe, dass dadurch ein weiterer konstruktiver Dialog entsteht", sagte Bode. Er fühle sich "durchaus in manchen Dingen infrage gestellt" oder nachdenklich, sei aber auch ermutigt, den Synodalen Weg weiterzugehen und ihn in den weltweiten synodalen Prozess einzugeben.
Die stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Agnes Wuckelt, zeigte sich unzufrieden mit den Ergebnissen des Ad-limina-Besuchs. Es sei gut, dass die verschiedenen Wahrnehmungen zu den Fragen des Synodalen Wegs ausgetauscht worden seien. "Aber: Die kfd fordert die Bischöfe auf, den Synodalen Weg weiter zu verfolgen und konkrete Schritte zur Umsetzung der Beschlüsse zu gehen", heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes (Montag) . Die kfd erwarte eine Anerkennung der Geschlechtervielfalt und fordere Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche. "Es ist nachvollziehbar, dass vieles noch besprochen und durchdacht werden muss, aber wie es nun konkret weitergeht – das möchten wir wissen", so Wuckelt.
"Der Kampf um die Deutungshoheit hat längst begonnen"
Der Bundesverband der Pastoralreferent*innen Deutschlands bezeichnete es als "Skandal", dass beim Ad-limina-Besuch über ein Moratorium des Synodalen Wegs verhandelt worden sei, ohne das gesamte Präsidium daran zu beteiligen. "Der Kampf um die Deutungshoheit hat längst begonnen. Wahrscheinlich war manches noch viel konflikthafter, als die offiziellen Stellungnahmen es vermuten lassen", heißt es in einem Zwischenruf des Verbandes (Montag). Es sei gut, dass endlich ein direktes Gespräch der Bischöfe mit den römischen Kritikern stattgefunden habe, gleichzeitig dürfe es kein Zurück mehr hinter das Verständnis von Synodalität geben, dass Laien und Kleriker gemeinsam beraten und entscheiden.
Die "reformorientierte Mehrheit" der Bischöfe sei aufgefordert, Position zu beziehen. "Denn auch wenn die Kurie es immer wieder so versucht: Bischöfe sind keine Oberministranten oder Filialleiter Roms!", so der Verband "Sie müssen nicht im Vatikan antanzen, um sich Instruktionen abzuholen, ob und wie sie denn weiter mit Laien reden oder welche Formen von Zusammenarbeit sie für ihren Dienst wählen dürfen." Synodale Prozesse brauchten zwar Zeit, aber insbesondere beim Thema Missbrauch und den begünstigenden Strukturen sei kein Aufschub mehr zu dulden. "Ja, Evangelisierung ist richtig und gut — aber nein, sie ist keine Methode zur wirksamen Verhinderung von Missbrauch oder zur Bekämpfung der begünstigenden Strukturen."
Bei der Abschlusspressekonferenz am Samstag in Rom hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, gesagt, dass es ein herausfordernder Besuch gewesen sei, bei dem "wirklich alle" Themen auf den Tisch gekommen seien. Dabei seien auch die Vorbehalte gegen den Synodalen Weg offen diskutiert worden, zugleich aber auch die Sorgen und Auffassungen der deutschen Bischöfe. Das interdikasterielle Treffen am Freitag bezeichnete der DBK-Vorsitzende als Zeichen dafür, dass die Kirche trotz widersprechender Auffassungen gemeinsam auf dem Weg bleibe: "Die Kirche in Deutschland geht keinen Sonderweg und sie wird auch keine Entscheidungen treffen, die nur im universalkirchlichen Kontext möglich wären. Aber die Kirche in Deutschland will und muss Antworten geben auf jene Fragen, die die Gläubigen stellen", so der Bischof weiter.
Der Passauer Bischof Stefan Oster sah im Vatikan dagegen keine Zugeständnisse zum Synodalen Weg in Deutschland. Er habe vielmehr "deutlichen Widerspruch zu den aus meiner Sicht bei uns am intensivsten diskutierten Fragen wahrgenommen", schrieb er am Freitagabend auf Facebook. Dies seien die Themen christliche Anthropologie sowie die Ekklesiologie, mit der der Zugang zu Weiheämtern verbunden ist. Einige Themen seien "nicht verhandelbar". Der Moderator des Treffens, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, habe betont, "diese römischen Interventionen sollen im weiteren Verlauf des Synodalen Weges berücksichtigt werden". Mit diesen Vorschlägen sei ein ebenfalls vorgeschlagenes Moratorium für den Synodalen Weg verhindert worden, "so dass er unter Berücksichtigung der gemachten Eingaben weiter gehen kann".
Stetter-Karp: "Geduldiges Gottesvolk" gibt es nicht mehr
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, betonte die Bedeutung einer Fortsetzung des Dialogs. "Es bestätigt sich, wie richtig es war, dass wir in Deutschland einen Synodalen Weg beschritten haben", erklärte sie am Samstag. Der knapp einwöchige Ad-limia-Besuch habe gezeigt, dass es "keine Lösung ist, die Verantwortung für den Reformprozess allein in Rom zu sehen". Die "Fundamentalkritik" von römischen Kardinälen an Methodik, Inhalten und Vorschlägen des Synodalen Wegs brüskiere die deutschen Bischöfe, "die in überwältigender Mehrheit Reformen für notwendig erachten", bemängelte Stetter-Karp. Und: "Sie missachtet auch die Ungeduld vieler Katholik*innen mit ihrer Kirche." Ein "geduldiges Gottesvolk", von dem im Abschlussdokument vom Freitag die Rede sei, gebe es nicht mehr.
Von Montag bis Samstag waren die deutschen Bischöfe zu Gesprächen mit den Vatikanbehörden und dem Papst in Rom. Diözesanbischöfe sind verpflichtet, in der Regel alle fünf Jahre gegenüber dem Papst einen Bericht über die Situation in ihrem Bistum abzustatten. Die deutschen Bischöfe waren zuletzt 2015 zum Ad-limina-Besuch in Rom. Der aktuelle Besuch war mit Spannung erwartet worden, nachdem der Synodale Weg im Vatikan mit Sorge und Kritik beobachtet wurde. Im Sommer hatte der Heilige Stuhl mit einer Erklärung eingeschärft, dass der Synodale Weg nicht befugt sei, "die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten". (cbr)
21.11.22, 14.30 Uhr: ergänzt um Stellungnahme von Bischof Franz-Josef Overbeck
21.11.22, 15.40 Uhr: ergänzt um Stellungnahme der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (kfd)