Päpstliche Machtworte erzeugten genau das Gegenteil

Theologe Striet: Debatte um Frauenpriestertum "lebendiger denn je"

Veröffentlicht am 30.11.2022 um 16:54 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Auch Bischöfe zweifelten, ob die Frage definitiv beantwortet ist: Machtworte zum Frauenpriestertum haben laut dem Theologen Magnus Striet einen gegenteiligen Effekt. Das kirchliche Amt sei nicht mehr in der Lage, automatisch Gehorsam zu beanspruchen.

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Bisherige päpstliche Machtworte, die das Frauenpriestertum für unmöglich erklärten, erzeugen aus Sicht des Freiburger Theologen Magnus Striet eine gegenteilige Wirkung. Dadurch habe die absolute Position des Papstes in Lehrmeinungen zum Ausdruck gebracht werden sollen. "Doch anstatt beendet ist die Debatte heute lebendiger denn je", schreibt Striet in einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Donnerstag).

Auch Bischöfe zweifelten, "ob sich der Herr tatsächlich so definitiv zu diesem Thema geäußert hat". Sie müssten dementsprechend von einem Dissens zwischen der christlichen Überlieferung und dem Lehramt des Papstes ausgehen. Die Veröffentlichung der Einlassungen der beiden Kurienkardinäle Luis Ladaria und Marc Ouellet im Nachgang zum Vatikanbesuch der deutschen Bischöfe im November deute darauf hin, "dass man auch öffentlich klarstellen will, was römischerseits erwartet wird", so Striet.

"Massiver Verlust einer qua Amt ausübbaren Autorität"

Ladaria, Präfekt des Glaubens-Dikasteriums, und Ouellet, Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, hatten unter anderem das Kirchenbild der von den deutschen Bischöfen eingebrachten Texte kritisiert. Sie würden die Kirche "auf eine bloße Machtinstitution reduzieren oder sie von vornherein als eine strukturell Missbrauch hervorbringende Organisation betrachten, die so schnell wie möglich unter die Kontrolle von Oberaufsehern gebracht werden muss".

Generell sei in der Kirche derzeit "ein massiver Verlust einer qua Amt ausübbaren Autorität zu beobachten, die selbstverständlich Gehorsam beanspruchen kann", so Striet. Die Ideen von Liberalität und freier Selbstbestimmung würden längst auch von katholischen Menschen als historische Errungenschaften gefeiert.

Dementsprechend groß sei die Anerkennung dafür, dass es in der Religion keine Gewissheiten gebe. "In der katholischen Kirche der Zukunft wird man mehr hoffen (dass die eigenen Entscheidungen, die eigene Hoffnung glaubhaft werde) und weniger wissen (dass Frauen nicht Priesterinnen sein können und Homosexualität der Schöpfungsordnung widerspricht)", erklärt Striet. Zugleich verweist er auf eine Pluralität der Kirche, die diverser sei, "als dies die meinen, die gebetsmühlenartig über die Faktenlage hinweg die Einheit der Kirche beschwören, die nicht gefährdet werden dürfe". Aus seiner Sicht "gibt es die eine katholische Kirche nicht, und ganz gewiss auch keine katholische Einheitskultur". (KNA)