Bischof Bonny: Rom muss lernen, mit germanischer Kultur zu leben
Aus Sicht des Antwerpener Bischof Johan Bonny tut sich Rom oft schwer mit der Form von "'germanischer' Beratung" wie beim Synodalen Weg. "Unsere Zahlen müssen stimmen, unsere Positionen müssen begründet sein, unsere Politik muss transparent und konsequent sein. Eine lateinische Kultur hat es schwer damit", sagte Bonny in seinem am Donnerstag im Podcast "Mit Herz und Haltung" der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen veröffentlichten Vortrag, den er auf der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz gehalten hatte. "Als Zentrum kirchlicher Vielfalt muss Rom lernen, mit einer gesunden Dosis germanischer Kultur zu leben", so der Bischof. Rom könne davon sogar profitieren.
Gleichzeitig betonte Bonny, dass die Texte des Synodalen Wegs Erklärung und Interpretation bedürften, man aufgrund der geringer werdenden Kenntnisse der deutschen Sprache aber nicht davon ausgehen könne, dass die Gesprächspartner in Rom die Texte richtig lesen und interpretieren würden. "Dazu sollte die Bischofskonferenz meines Erachtens eine Initiative ergreifen, indem sie zum Beispiel eine oder mehrere Personen permanent beauftragt, im Namen der Bischofskonferenz in Rom die notwendigen oder gewünschten Erklärungen abzugeben", so der Bischof. Damit sollte nicht zu lange gewartet werden
Bischöfe müssen wie Ehepaare und Familien Konsens finden
In Bezug auf das Thema Kollegialität betonte er, dass es bei kirchlichen Diskussionen in der Regel nicht um Wahrheit oder Unwahrheit gehe, sondern um unterschiedliche Ansätze zur Wahrheit. Ziel sei es, so viele Elemente der Wahrheit wie möglich in einem Konsens zusammenzuführen. Meinungsverschiedenheiten seien Teil dieses Konsenses. "Wie jedes Ehepaar oder jede Familie müssen auch Bischöfe einen Konsens darüber finden, wie sie untereinander sowohl mit ihren Übereinstimmungen als auch mit ihren Meinungsverschiedenheiten umgehen wollen."
Antwerpener Bischof an Vatikan: Uns reicht's!
Ungewöhnlich scharfe Kritik nach dem vatikanischen "Nein" zur Segnung homosexueller Paare: "...und deshalb sagen wir belgischen Bischöfe 'genug ist genug!'", so der Antwerpener Oberhirte Johan Bonny.
Das Wort "Synodalität" beziehe sich auf das gesamte Volk Gottes aus Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensleuten und Laien. "In der katholischen Kirche sind wir nicht daran gewöhnt, mit einem solchen 'umfassenden Subjekt' zu arbeiten", sagte Bonny weiter. Gleichzeitig betonte er den deutschen Bischöfen gegenüber, dass diese dankbar, froh und stolz sein sollten, dass es "in Deutschland so kompetente und engagierte Menschen" gebe. "Viele Länder beneiden Sie um so viele fachkundige Personen, die Sie in einer Sitzung zusammenbringen können", so der Bischof.
Stimme von Weihbischöfen könnten Bischofsstimmen nicht überwiegen
Seiner Meinung nach müsse das Verhältnis zwischen den Diözesanbischöfen und den Weihbischöfen in der Bischofskonferenz geklärt werden – gerade im Hinblick auf Abstimmungen wie beim Synodalen Weg in Frankfurt. "Aus ekklesiologischer Sicht kann die Stimme eines oder mehrerer Weihbischöfe nicht die Stimme ihres eigenen Bischofs oder anderer Bischöfe überwiegen." Für das Funktionieren und die pastorale Glaubwürdigkeit einer Bischofskonferenz sei es zudem unerlässlich, dass sich alle hinter den Vorsitzenden stellten, auch der Papst als Dienst an der Einheit der Kirche auf regionaler Ebene. Bonny betonte weiter, dass der Papst persönlich die Einheit der Kirche garantiere. Dieser Primat des Bischofs von Rom könne nicht von Dikasterien oder Mitarbeitern eingenommen werden. "Dies scheint mir sehr wichtig für die Fortsetzung des Synodalen Weges zu sein: das ständige Gespräch mit dem Bischof von Rom in Person."
Johan Bonny ist seit 2008 Bischof von Antwerpen. Zuvor arbeitete er zwischen 1997 und 2008 im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen. Als Beobachter nahm er im September an der vierten Synodalversammlung in Frankfurt am Main teil. (cbr)