Fundamentaltheologe: Modell Katechismus hat sich überholt
Der Mainzer Fundamentaltheologe Oliver Wintzek sieht den vor 30 Jahren vorgestellten Katechismus der katholischen Kirche kritisch. "Ich bin sehr skeptisch und ich bin der Meinung, dass sich dieses Modell 'Katechismus' in dieser Form eigentlich überholt hat", sagte er dem Kölner "Domradio" am Mittwoch. Der Katechismus propagiere eine Einheit in der katholischen Glaubenswelt, "die es in der Geschichte und in der Gegenwart nie gegeben hat und auch wohl nicht gibt".
Die Tradition sei in der Kirche ein offener Prozess, auch wenn es in der Theologiegeschichte wie etwa im 19. Jahrhundert Epochen gegeben habe, in der man sich am Konzept ewiger Wahrheiten orientiert habe. Dieses Offenbarungsverständnis von objektiven Wahrheiten sei aber durch das Zweite Vatikanische Konzil zugunsten eines subjektiven Begegnungsgeschehens umgestellt worden, so Wintzek.
"Abwehrbuch gegen Irrlehren"
Darüber hinaus sei schon das Vorgängermodell des Katechismus im Zuge der Reformationszeit "in apologetischer Abwehrhaltung" entstanden, als "Abwehrbuch gegen Irrlehren", betonte der Theologe weiter. "Und der maßgebliche Autor dieses Katechismus ist der uns ja hinlänglich bekannte Joseph Ratzinger, der – auch das ist bekannt – in Bezug auf das Konzil immer eine Hermeneutik der Kontinuität propagiert hat." Hier sei die Frage zu stellen, ob der Katechismus die Änderung des Offenbarungsdenkens im Konzil nicht verkenne, so Wintzek. Insgesamt sehe er im Katechismus ein "Symptom für eine kranke Kirche", die "sich nur sehr schwer und sehr zeitverzögert auf das Denken der Moderne einlassen kann, wo es um die Selbstbestimmtheit auch in Glaubensfragen der einzelnen Menschen geht".
Papst Johannes Paul II. hatte den neuen Katechismus der katholischen Kirche am 7. Dezember 1992 im Vatikan vorgestellt. Die Autoren, unter ihnen die deutschsprachigen Kardinäle Joseph Ratzinger und Christoph Schönborn, wollten damit eine lehrmäßige Formulierung des in der Kirche entwickelten Glaubens präsentieren. 2018 hat Papst Franziskus in den Weltkatechismus eingegriffen und den Artikel zur Todesstrafe geändert und diese für unzulässig erklärt. (cbr)