Europa trifft sich in Prag: Weltsynode geht in die kontinentale Phase
Papst Franziskus hat im Oktober 2021 die Weltbischofssynode zum Thema Synodalität eröffnet. Nach Konsultation des Kirchenvolkes stellten die Synodenplaner im Oktober 2022 ein Arbeitsdokument vor, das nun Grundlage für ein europäisches Treffen in Prag ist. Dieses Dokument für die kontinentale Etappe (DKE) der Bischofssynode zur Synodalität zeigt – wie wohl noch kein im Vatikan vorgestelltes Dokument zuvor –, wie divers und vielfältig Katholiken in aller Welt glauben, denken und leben. Priesterkinder, Frauenweihe und polygame Beziehungen sind nur einige Stichworte des 45-seitigen Vatikan-Papiers. Man habe sich entschieden, "ohne Vorverurteilungen" eine Sammlung von Wortmeldungen aus aller Welt zu präsentieren, erklärte das Synodenteam. Nun müsse die Weltkirche schauen, ob sie sich im DKE wiederfinde. Durch Rückgabe der Zusammenfassung wolle man die "Achtung der Akteure des synodalen Prozesses" garantieren, sagte Synodenchef Kardinal Mario Grech. Er bat dabei auch um kritische Anmerkungen. Bis März finden nun weltweit sieben Kontinentalversammlungen zur erneuten Lektüre statt.
Veitsdom – Karlsbrücke – Altstadttor. Diese Sehenswürdigkeiten bilden die geschichtsträchtige Kulisse für den europäischen Lektüre- und Findungsprozess. Das Logo der Veranstaltung verbindet das Logo der römischen Weltsynode und die touristischen Highlights der Moldaumetropole. Es zeigt fünfzehn Menschen, die vom Veitsdom über die Karlsbrücke Richtung Prager Stadt laufen – überragt vom Hirtenstab eines mitlaufenden Bischofs. "Es gibt keine Hierarchie zwischen diesen Menschen, die alle auf der gleichen Stufe stehen […] der Bischof und die Nonne stehen nicht vor ihnen, sondern unter ihnen", heißt es auf der Seite der Weltsynode.
Teilnehmer in Prag
Die betonte Unterschiedslosigkeit spiegelt sich nur bedingt in den Planungen zur Prager Versammlung wider. Die Veranstaltung gliedert sich in zwei Teile. In einem ersten Teil werden vom 5.-9. Februar 200 Personen vor Ort über das DKE diskutieren. Diese Zahl setzt sich aus 156 Delegierten der 39 Bischofskonferenzen Europas sowie 44 zusätzlichen, vom Rat der europäischen Bischofskonferenzen eingeladenen Teilnehmern zusammen. Die Delegationen bestehen stets aus dem Präsidenten der jeweiligen Bischofskonferenz und drei weiteren Delegierten. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) wird durch ihren Vorsitzenden Bischof Georg Bätzing vertreten. Begleitet wird er von den Mitgliedern des Präsidiums des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und damit auch des Synodalen Wegs, Irme Stetter-Karp und Thomas Söding, sowie der Generalsekretärin der DBK, Beate Gilles. Diesen 200 Personen werden sich digital weitere 390 Delegierte zuschalten. Jede Bischofskonferenz konnte bis zu 10 Personen für die digitale Teilnahme nominieren.
Die deutsche Delegation für Prag
In Präsenz: Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der DBK; Irme Stetter-Karp, Präsidentin des ZdK; Thomas Söding, Vizepräsident des ZdK; Beate Gilles, Generalsekretärin der DBK.
Digital: Marc Frings, Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK); Kerstin Fuchs, Geschäftsführerin des Jugendhilfezentrums Johannesstift; Schwester Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen; Hendrik Johannemann, Berater im Forum "Leben in gelingenden Beziehungen" des Synodalen Weges; Bischof Peter Kohlgraf (Mainz); Charlotte Kreuter-Kirchhof, Mitglied im Vatikanischen Wirtschaftsrat; Buder Andreas Murk, Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz; Ralph Poirel, Bereichsleiter Pastoral im Sekretariat der DBK, die Tübinger Dogmatikerin Johanna Rahner und Lisa Holzer, Geistliche Bundesleitung der Katholischen jungen Gemeinde (KjG)
Die römischen Synodenplaner betonen stets den inklusiven Charakter des Synodenprojekts: "In Bezug auf die Teilnehmenden der kontinentalen Versammlungen ist es wichtig, besonders darauf zu achten, dass Frauen und junge Menschen […] angemessen vertreten sind; Menschen, die in Armut oder am Rande der Gesellschaft leben, und jene, die direkten Kontakt zu ihnen haben; geschwisterliche Delegierte anderer christlicher Konfessionen; Vertreterinnen und Vertreter anderer Religionen und Glaubenstraditionen und einige Menschen ohne Religionszugehörigkeit". Diese Erinnerung ist nicht grundlos: Bisher konnte man in der ersten Phase der Synoden-Synode nur einen Bruchteil der Zielgruppe erreichen. Während der Papst aufforderte, "mehr als 3, 4 oder 5 Prozent" der Menschen zu erreichen konstatierte die DBK im Sommer, dass die Anzahl der Erreichten "im untersten einstelligen Prozentbereich" liege. Die italienische Bischofskonferenz verzeichnete eine Beteiligung von unter einem Prozent, andere Bischofskonferenzen nannten erst gar keine Zahlen.
In einem zweiten Teil der Prager Versammlung setzen sich vom 10.-12. Februar die 39 Präsidenten der europäischen Bischofskonferenzen zusammen. Diese Zwei-Teilung in laikale Beratung und episkopale Entscheidung entspricht dem Synodalitätsverständnis des Papstes. Episkopale Aufgabe wird es sein, die mit Laien gemachte Synodalitätserfahrung "ausgehend von ihrem besonderen Charisma und ihrer Aufgabe, kollegial neu zu lesen", wie es im DKE heißt. Dabei solle der bisherige Prozess respektiert und die verschiedenen Stimmen "treu" wiedergegeben werden. Schließlich sei es Ziel der Synode die Synergien zwischen Laien, Bischöfen und Papst zu nutzen, um jeden nach seiner Funktion einzubinden. Rom hat dazu klare Vorstellungen: "Die Hirten, von Gott als authentische Hüter, Ausleger und Zeugen des Glaubens der ganzen Kirche bestellt, fürchten daher nicht, der ihnen anvertrauten Herde zuzuhören: die Konsultation des Gottesvolkes bringt keineswegs die Übernahme der Prinzipien der Demokratie, die auf dem Mehrheitsprinzip beruhen, im Inneren der Kirche mit sich". Die Synode folgt damit dem katholischen Synoden-Dreisatz: "Alle" – "Einige" – "Einer".
Fragen zum Synodendokument
Ziel des Treffens in Prag ist es, die Themen des DKE mit den kontinentalen Begebenheiten abzugleichen – dies solle im Beten und Lesen geschehen. "Welche Erfahrungen erscheinen Ihnen neu oder erhellend?", fragen die Synodenplaner. "Welche wesentlichen Spannungen oder Divergenzen sind aus Sicht Ihres Kontinents besonders wichtig?" Daraus ergeben sich für das römische Synodenteam die Fragenstellungen für die nächsten Etappen der Synoden-Synode. "Über welche Prioritäten, wiederkehrenden Themen und Handlungsaufforderungen kann man sich mit anderen Ortskirchen in der ganzen Welt austauschen und welche können auf der ersten Sitzung der Synodenversammlung im Oktober 2023 diskutiert werden?" Im Anschluss an diesen Arbeitsprozess soll ein maximal zwanzigseitiges Schlussdokument verfasst werden.
Das Tagungsprogramm in Prag ist geprägt von einem Wechsel aus spirituellen Impulsen, Redebeiträgen und Gruppenarbeiten. Die in Präsenz Teilnehmenden werden laut Programm in Gruppen zu je zwölf Personen eingeteilt. Dabei sei die Sprachkentniss der Teilnehmenden ausschlaggebend, sagt Antonio Ammirati vom Rat der Europäischen Bischofskonferenzen. Es gibt fünf Arbeitssprachen in Prag: Italienisch, Englisch, Französisch, Deutsch und Polnisch. "Um eine große Vielfalt an nationalen Erfahrungen einzubringen", achte man darauf, "Menschen aus derselben Nation nicht in dieselbe Gruppe zu bringen", erklärt er. Ebenso versuche man, eine möglichst gleichmäßige Verteilung von Frauen und Bischöfen in den Gruppen zu erreichen. In vierzehn solcher Gruppen soll dann die römische Zusammenfassung besprochen, durchbetet und meditiert werden. Die Ergebnisse werden im Plenum vorgetragen, danach findet jeweils eine kurze Aussprache statt. Nach jedem fünften Redebeitrag sieht das Programm eine Gebetspause von drei Minuten vor. Am 9. Februar soll dann das Abschlussdokument verabschiedet werden.
Im zweiten Teil werden anschließend die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen das Arbeitsprozedere reflektieren und letztlich dem zuvor verabschiedeten Abschlussdokument einen bischöflichen Kommentar hinzufügen. Rund um die bischöflichen Beratungen, werde es keine Präsenz der Presse geben, stellten die Organisatoren des Prager Treffens klar. Am Ende werde man die Öffentlichkeit mit einer "abschließenden Mitteilung" über die bischöflichen Beratungen informieren.
Während der Veranstaltungstage hat der Rat der europäischen Bischofskonferenzen die Gemeinschaften des kontemplativen Lebens aus ganz Europa eingeladen, mit ständiger stiller Anbetung die Tagung zu begleiten.
Kontinentale Phase weltweit
Nicht nur Europa, sondern die gesamte Weltkirche, wurde gebeten, das vom Synodensekretariat erstellte Dokument noch einmal zu lesen und das Zusammengefasste in den jeweils spezifischen Kontext der Kontinente einzuordnen. Dafür gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. In Nordamerika (USCCB) entschieden sich die Verantwortlichen, auf eine Präsenzveranstaltung zu verzichten und organisierten zehn virtuelle Treffen, in denen das DKE reflektiert wurde. Fünf davon in englischer Sprache, drei in Spanisch und zwei in Französisch. Eingeladen ist jeder nordamerikanische Bischof aus den 196 amerikanischen und 72 kanadischen Diözesen, sowie je drei bis fünf Delegierte. Aus den Ergebnissen dieser Versammlungen soll ebenfalls eine zwanzigseitige Zusammenfassung entstehen.
In Asien wurden die Bischofskonferenzen aufgefordert, bis Mitte Januar die Ergebnisse ihrer lokalen Reflektionen an die Vereinigung der asiatischen Bischofskonferenzen (FABC) zu schicken. Dort studiert eine Arbeitsgruppe mit Experten die Eingaben und erstellt eine Zusammenfassung. Bei der kontinentalen Versammlung vom 24.-26. Februar in Bangkok (Thailand) werden unter anderem das Präsidium der Vereinigung asiatischer Bischofskonferenzen, die 17 Präsidenten der asiatischen Bischofskonferenzen, die Präsidenten der beiden orientalischen Kirchen sowie insgesamt 38 Delegierte der Bischofskonferenzen und Synoden teilnehmen.
Die lateinamerikanische Bischofskonferenz (CELAM) gliedert die kontinentale Phase in verschiedene Regionalversammlungen. So finden Veranstaltungen in El Salvador, der Dominikanischen Republik, Ecuador und Brasilien statt. Die Treffen dauern jeweils vier Tage – drei davon sollen als kirchliche Konferenzen, mit Beteiligung von Laien stattfinden, der letzte Tag als Bischofstreffen. Anschließend treffen sich Delegierte aus jeder Region vom 17.-20. März mit einem CELAM-Team in Bogota, um die kontinentale Synthese zu entwerfen. Anschließend werden die Generalsekretäre der Bischofskonferenzen gemeinsam mit den Bischöfen das Dokument validieren und nach Rom senden.
Die Kontinentalversammlung Afrikas findet vom 1.-6. März in Addis Abeba (Äthiopien) statt. Teilnehmen werden 155 Delegierte, davon sind 95 Laien und 60 Kleriker. 95 Männer und 60 Frauen, 15 Bischöfe und 17 Kardinäle sind Teil der afrikanischen Versammlung. Die afrikanische Kontinentalversammlung endet mit einer Abschlussmesse im Stadion von Addis Abeba.
Ozeanien und Mittlerer Osten
Fast zeitgleich mit der europäischen Versammlung finden die Kontinentalversammlungen in Ozeanien 5.-9. Februar (Suva, Fiji) und im Mittleren Osten 12.-18. Februar (Beirut, Libanon) statt.
Im Anschluss an die Kontinentalversammlungen werden die Zusammenfassungen nach Rom geschickt. Das vatikanische Synodenbüro wird daraus das Instrumentum Laboris erstellen, das die Grundlage der ersten Versammlung der Bischofssynode 2023 im Vatikan sein wird. Ursprünglich sollte die Synode nur im Herbst 2023 tagen. Im vergangenen Oktober hatte der Papst überraschend erklärt, dass der Prozess um ein Jahr verlängert werde. So wollen die Bischöfe vom 4. bis 29. Oktober 2023 erstmals und im Oktober 2024 erneut über die Ergebnisse des weltweiten Konsultations- und Beratungsprozesses sprechen. Diese Veranstaltungen sollen die vorhergehenden Phasen nicht überschatten, betont das Synodenteam immer wieder. Vielmehr gehe es darum, mit weltkirchlichem Überblick die Eingebungen aus aller Welt zu reflektieren und für die Gesamtkirche zu ordnen. Doch mit der feierlichen Bischofssynode endet das Projekt noch nicht. Ihr schließt sich ein letzter Schritt an: die Umsetzung. Dazu wird der Papst den Spieß umdrehen und nach Abschluss der Bischofssynode aus den Ratschlägen seiner Bischofskollegen ein Nachsynodales Schreiben verfassen. Ging das Wort bisher vom Kirchenvolk durch das Ohr der Bischöfe zum Papst, ist es dann Aufgabe der Bischöfe und des Kirchenvolkes, den päpstlichen Entschluss des Nachsynodalen Schreibens umzusetzen. Die Letztentscheidung bleibt bei ihm – er bestimmt die Themen und die Antworten des Nachsynodalen Schreibens.
Das vorläufige Programm der Prager Kontinentalversammlung
Die Deutsche Bischofskonferenz hat das vorläufige Programm zur europäischen Kontinentalversammlung in Prag veröffentlicht.