Geschichte der Homophobie in Kirche sei weder aufgearbeitet noch überwunden

Deutsche Bischöfe bekennen Mitschuld an Verfolgung Homosexueller

Veröffentlicht am 25.01.2023 um 13:46 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die deutschen Bischöfe erinnern an die queeren Opfer des Nationalsozialismus. Es habe damals zu wenig Widerstand der Bischöfe gegeben, heißt es. Auch heute sei Homophobie in der Kirche weder aufgearbeitet noch überwunden.

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Zum Holocaust-Gedenktag am Freitag haben die deutschen Bischöfe insbesondere an die Menschen erinnert, die wegen ihrer Homosexualität Opfer der Nationalsozialisten wurden. In einer am Mittwoch in Bonn veröffentlichten Erklärung bekannte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) zugleich eine Mitschuld der Kirche daran, dass "homosexuelle und andere Menschen mit queerer Identität gedemütigt, verraten und ermordet wurden". Queer ist ein Sammelbegriff für nicht-heterosexuelle Menschen, etwa für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT).

"Dieser Tag ist Anlass für die katholische Kirche, sich zu ihrer eigenen Geschichte der Unterstützung homophoben Verhaltens während des Nationalsozialismus und auch danach zu bekennen", erklärte der Beauftragte der Bischofskonferenz für die LGBTQ*-Pastoral, der Essener Weihbischof Ludger Schepers. In der Nazi-Zeit habe es zu wenig Widerstand auch unter den Bischöfen gegeben, was es den Nazis erleichtert habe, brutal gegen queere Menschen vorzugehen.

"Die Kirche hat in den zurückliegenden Jahren eine Lerngeschichte durchlebt", unterstrich Schepers. Zuletzt habe der Synodale Weg die Notwendigkeit unterstrichen, "anzuerkennen, dass Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität uneingeschränkt Gottes Schöpfung sind." Schepers räumte zugleich ein, dass die lange Geschichte der Homophobie innerhalb der Kirche weder aufgearbeitet noch überwunden sei.

Holocaust-Gedenktag am 27. Januar

Der Holocaust-Gedenktag wird weltweit am 27. Januar begangen. Am 27. Januar 1945 waren Überlebende des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz von Soldaten der Roten Armee befreit worden. Die NS-Terrorherrschaft zielte auf die Ermordung der europäischen Juden, auch gegen Sinti und Roma wurde ein Vernichtungskrieg geführt. Darüber hinaus wurden politische Gegner und nicht zuletzt auch Homosexuelle systematisch verfolgt. Diese Opfergruppe steht in diesem Jahr im Mittelpunkt des Gedenkens im Deutschen Bundestag.

Demonstrationen "Für eine Kirche ohne Angst" beim Synodalen Weg
Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht (Archivbild)

Im Rahmen der Initiative "Out in Church" hatten sich im Januar 2022 rund 125 Mitarbeitende und Mitglieder der katholischen Kirche öffentlich als queer geoutet.

Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßte diese Entscheidung und legt den Fokus des Gedenkens ebenfalls auf die queeren Opfer des Nationalsozialismus. Genauso wie der Antisemitismus in der Gesellschaft nicht überwunden sei, so finde immer noch Diskriminierung von homo-, trans- und intergeschlechtlichen Menschen statt.

"Es kommt immer wieder zu Angriffen, die durch Hass motiviert sind", so die Bischöfe. "Daher ist es auch Aufgabe der Kirche, sich aktiv gegen diese Vorurteile einzusetzen", erklärte Schepers. "Wir bemühen uns mit aller Kraft, innerhalb der Kirche ein inklusives Klima zu etablieren, damit bei uns ein sicherer Ort auch für queere Menschen ist." (KNA)