Reformanliegen: Kardinal fordert von Kirche in Deutschland Geduld
Der kanadische Kurienkardinal Michael Czerny hat die katholische Kirche in Deutschland mit Blick auf die Reformanliegen des Synodalen Wegs und deren weltkirchliche Dimension zu Geduld aufgerufen. Da die Kirche in Deutschland Teil der Universalkirche sei, müsse der Synodale Weg "auch ein harmonisches Verhältnis zu den synodalen Prozessen weltweit entwickeln", sagte Czerny in einem Interview mit der "Herder Korrespondenz" (Februar-Ausgabe). Die Kirche in Deutschland brauche gleichermaßen ein waches Gespür für die Dringlichkeit der Anliegen wie auch Geduld. "Es ist dringlich, auf die in Deutschland aufgeworfenen Fragen zu antworten. Und es ist wichtig, Geduld zu haben, weil die Prozesse harmonisiert werden müssen", so der Präfekt des Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen.
Keine Einzelthemen bei Synode, sondern Erlernen von Synodalität selbst
Mit Blick auf den laufenden weltweiten synodalen Prozess und die beiden Bischofssynoden in diesem und dem kommenden Herbst erklärte Czerny, dass das Anliegen dieser Synode nicht einzelne Themen seien, sondern das Erlernen von Synodalität selbst. "Wie funktioniert Synodalität eigentlich in der katholischen Kirche? Wie kann die Kirche wirklich synodal werden? Die Einzelthemen stehen dahinter zurück", so der 76-jährige Kurienkardinal. Ähnlich äußerten sich am Montag auch die Kardinäle Mario Grech und Jean-Claude Hollerich. In einem Brief an alle Diözesanbischöfe weltweit betonten sie, dass die Synode nicht für die Durchsetzung von Einzelinteressen instrumentalisiert werden dürfe. Stattdessen gehe es darum, den synodalen Prozess ernstzunehmen und Synodalität einzuüben. Grech und Hollerich sind die zentralen Verantwortlichen im Vatikan für die Weltsynode.
Angesprochen auf die im vergangenen Sommer verkündete Kurienreform sagte Czerny, dass man hier "erst am Anfang" stehe und die Reform auch in zehn Jahren noch nicht abgeschlossen seien werde. "In der Welt der Unternehmensberater ist es normal, dass man regelmäßig überprüft, ob die Struktur, die Prozesse und die Richtlinien der eigenen Mission, der man sich verpflichtet weiß, weiterhin angemessen sind", so der Kardinal. Die Art und Weise des eigenen Arbeitens müsse dieser Mission entsprechen. "Es geht nicht nur um das Auswechseln von Schildern an den Bürotüren. Wir setzen hier tiefer an: Gerade Papst Franziskus mit seinem Verständnis einer – gerade vom Zweiten Vatikanischen Konzil her – wesentlich pastoralen Mission der katholischen Kirche will eine Reform, die die Arbeit der Kurie auf die Evangelisierung ausrichtet", betonte Czerny.
"Ich leugne nicht, dass wir Fehler machen, aber ..."
Die Notwendigkeit zu Reformen ergebe sich auch aus der Tatsache, dass die katholische Kirche eine Kirche der Sünder sei und immer wieder umkehren und um Vergebung bitten müsse. "Die Kirche würde nur dann keine Erneuerung benötigen, wenn sie ein vom wirklichen Leben isoliertes Kloster wäre: ohne Beziehungen zu anderen, ohne jegliche Aktivitäten und damit ohne Fehler. Das aber wäre kontraproduktiv", erklärte der Kardinal. Deshalb werde die Kirche immer auch Fehler machen. Und weiter: "Es wäre traurig, wenn wir aus diesen Fehlern nicht lernen würden. Ich leugne nicht, dass wir Fehler machen, aber ich sehe auch, dass wir aus ihnen lernen."
Als Beispiel dafür nannte Czerny das kirchliche Engagement gegen Armut und andere soziale Übel. "Wenn man evaluieren würde, wie sich die Arbeit der Kirche von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verändert hat, sähe man konstante Entwicklungen und Verbesserungen, wie man die Armen beim Kampf gegen ihre Situation unterstützt", sagte der Kanadier. Auch der Umgang der Kirche mit Menschenhandel und Sklaverei sei ein stetiger Erfolg, der in den Medien viel zu wenig Beachtung finde. "Wir streben diese Verbesserungen nicht an, weil wir unseren Profit erhöhen wollen, sondern weil wir sie als Nachfolge Christi verstehen. Dazu gehört, anzuerkennen, dass man Fehler macht", so Czerny. (stz)