Standpunkt

Opferschutz ist wichtiger als die Furcht vor Kirchenspaltung

Veröffentlicht am 09.02.2023 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Bei der Weltsynode in Prag prallen konträre Meinungen zur Zukunft der Kirche aufeinander, beobachtet Regina Nagel. Sie fordert von den Reformern mehr Mut. Mit kleinen Schritten dürften sie sich nicht zufrieden geben.

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Das Kontinentaltreffen in Prag ist geprägt von Spannungen. Die österreichische Sozialethikerin Petra Steinmair-Pösel hat dies in einem ihrer Wortbeiträge aufgegriffen. Anhand weniger Beispiele zeigte sie auf, dass die einen eine inklusive, geschlechtergerechte, synodale Kirche mitgestalten wollen, während andere befürchten, dass diese Ausrichtung die angeblich gottgewollte, wahre Kirche zerstören wird. Steinmair-Pösel hofft, dass Gesprächsbereitschaft zu einem versöhnten Miteinander im Sinne eines Konsenses, experimenteller Räume oder subsidiärer Lösungen führen kann. Ihr Plädoyer klang fast wie ein Vorschlag zur Mediation.

Doch wie realistisch ist diese Idee? Im Synodalen Weg in Deutschland sind die, die Reformen ablehnen, in der Minderheit. Beim Kontinentaltreffen zeigt sich, dass rückwärtsgewandte Positionen in vielen Ländern mehrheitsfähig sind. Ist es realistisch, auf ein versöhntes Miteinander zu setzen? Dürfen die, die Geschlechtergerechtigkeit und Beendigung jeglicher Diskriminierung und Vertuschung in unserer Kirche als nicht zu unterschreitende Forderung erkannt haben, sich mit kleinen Schritten zufriedengeben? Ist Konsensbereitschaft nicht letztlich doch systemerhaltend? Sollte diese Gruppe nicht noch viel mutiger werden und System, Lehre und Praxis viel radikaler infrage stellen – auf der Grundlage des Evangeliums und der Menschenrechte?

Im Fokus darf nicht die Furcht vor Spaltung stehen, sondern der Schutz der Betroffenen von katholikalem Machtmissbrauch aller Art. Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken hat heute in einem Wortbeitrag gesagt, dass stures Beharren im Althergebrachten vor allem Frauen, wie auch junge oder queere Menschen aus der Kirche hinaustreibt. Sie bleibt, um für Gerechtigkeit zu kämpfen. Immer mehr Katholik*innen halten es nicht mehr aus. Sie gehen, so wie in der vergangenen Woche Ilka Schmeing. Jahrelang hat die Pastoralreferentin aus dem Bistum Münster darunter gelitten, dass sie – belogen durch einen Weihbischof – an Vertuschung mitgewirkt hat. Nun hat sie eine Konsequenz gezogen, die kein Bischof bisher gezogen hat. Alle Achtung! Gehen wie bleiben kann mutig sein. Begründet werden muss das Bleiben.

Von Regina Nagel

Die Autorin

Regina Nagel ist Vorsitzende des Gemeindereferent*innen-Bundesverbands und verantwortliche Redakteurin der Verbandszeitschrift "das magazin".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.