Memorandum der Bundespolizei erhitzt die Gemüter

Debatte in den USA: Sind rechte Katholiken im Visier des FBI?

Veröffentlicht am 19.02.2023 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ Spitzelt die US-Bundespolizei ultrakonservative Katholiken aus? Ein aus einem Regionalbüro des FBI geleaktes Memorandum sorgt für Wirbel unter Traditionalisten und ihren Sympathisanten bis in die hohe Politik. Es geht auch um die Religionsfreiheit.

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Hugh Hewitt nennt sie in seiner Kolumne für die "Washington Post" seine "Rad Trad"-Freunde. Damit gemeint sind die "Radikalen Traditionalisten", eine kleine Splittergruppe ultrakonservativer Katholiken, Gegner des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und große Anhänger der lateinischen Messe. Alle, die er aus diesen Kreisen persönlich kenne, schreibt der einflussreiche Publizist, seien "nette, großzügige und ergebene Leute, die ihre Pflicht sehr ernst nehmen, den 'Armen und Verkrüppelten und Blinden und Lahmen' zu dienen". 

Nach dieser Vorrede fügt Hewitt voller Empörung hinzu, "dass das FBI entschlossen scheint, harmlose Leute zu verfolgen – wenn es Konservative sind". Das behaupten übrigens auch die Verteidiger Donald Trumps im Repräsentantenhaus, die dort nach der Übernahme der Mehrheit einen Sonderausschuss eingerichtet haben, um den angeblichen "Machtmissbrauch der Regierung" gegen Konservative zu untersuchen; allen voran des FBI. 

Während sich Rechtsprofessor Hewitt in seiner Kolumne auf anekdotische Befunde aus seinem Privatleben stützt, vereinfachen die Reporter auf FOX auf andere Weise. Unter Berufung auf ein an die Öffentlichkeit geleaktes internes FBI-Memorandum sprechen sie von "laufenden Bemühungen, Katholiken als 'potenzielle Terroristen' zu identifizieren und zu behandeln". 

Brandbrief von Republikanern 

Die Vorlage für den empörten Aufschrei in rechten Medienkreisen lieferte ein Brandbrief von 20 Chefanklägern aus republikanisch geführten Bundesstaaten an Joe Bidens Justizminister Merrick Garland und FBI-Direktor Christopher Wray. Darin verlangen sie Aufklärung über ein aus dem FBI-Regionalbüro von Richmond, der Hauptstadt Virginias, durchgestecktes Memorandum, dessen unbekannter Verfasser sich mit den Gefahren beschäftigt, die von "radikal traditionalistischen Katholiken" ausgehen.

Ein Priester macht eine Kniebeuge vor der konsekrierten Hostie
Bild: ©KNA/Wolfgang Radtke

Die vorkonziliare Form der Messe hat für Traditionalisten einen hohen Stellenwert.

Das Memo grenzt diese Gruppe grundsätzlich von "Traditionalisten" innerhalb der katholischen Kirche ab. Die gemeinsame Ablehnung aller modernen Päpste, der Reformen des Konzils und die Liebe zur alten Messe wären gewiss kein Anlass, die Splittergruppe unter die Lupe zu nehmen. Besorgt ist der Autor wegen des dort zu beobachtenden "Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Ablehnung von LGBTQ und der Nähe zu einer weißen rassistischen Ideologie". 

Ausdrücklich erwähnt werden die Priesterbruderschaft Sankt Petrus und die Piusbrüder, wobei erstere anders als letztere unter dem Dach der römisch-katholischen Kirche wirken. Weitere genannte Gruppen firmieren unter Namen wie "Catholic Apologetics International" oder "Slaves of the Immaculate Heart of Mary". 

Angriff auf die Religionsfreiheit? 

Der Vorschlag des Autors, diese von der Bürgerrechtsgruppe "Southern Poverty Law Center" als gefährlich eingestuften "Radikal-Traditionalisten" zu beobachten und "Quellen zu kultivieren", werteten die republikanischen Briefschreiber als Angriff auf die Religionsfreiheit. Das FBI müsse "sofort und unmissverständlich dem Personal der Behörde anordnen, Amerikaner nicht auf der Basis ihrer religiösen Überzeugungen und Praktiken ins Visier zu nehmen". Das Memorandum sei "inakzeptabel, verfassungswidrig und unamerikanisch". Die Federführung des Protests hatte der Generalstaatsanwalt von Virginia, Jason Miyares, übernommen. "Offen gesagt, würde ich so etwas aus dem kommunistischen Kuba erwarten", meinte Miyares, der versprach, die freie Glaubensausübung von Katholiken zu verteidigen. 

Das FBI bestätigte die Echtheit des Memorandums und räumte Mängel bei dessen Erstellung ein. "Dieses Produkt eines Regionalbüros (...) zu als rassistisch oder ethnisch moniertem gewalttätigen Extremismus entspricht nicht den anspruchsvollen Maßstäben des FBI." Was im Umkehrschluss nicht bedeutet, dass damit ganz normale Katholiken ins Visier der Bundespolizei geraten waren; oder die "harmlosen" und "netten" Leute, auf die sich Kolumnist Hewitt beruft. 

Das Eingeständnis heizt im derzeit aufgeladenen Meinungsklima der USA die Rhetorik der Kritiker nur weiter an. "Das ist religiöse Verfolgung", behauptet die Rechtsaußen im Repräsentantenhaus, Marjorie Taylor Greene. "Und sie wird von unserer Regierung verübt. Ich fordere deshalb erneut: Nehmt dem FBI das Geld weg." Ihr Kollege Ronny Jackson aus Texas sekundierte: "Offenbar benutzt der 'ergebene Katholik' Joe Biden das FBI, Katholiken ins Visier zu nehmen. WOW!" 

Von Thomas Spang (KNA)