Stellungnahme zur Missbrauchsuntersuchung im Ruhrbistum

Bistum Münster über Essener Studie: Bischof Genn hat nicht vertuscht

Veröffentlicht am 24.02.2023 um 11:19 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Vor seinem Amtsantritt in Münster war Felix Genn Bischof im Bistum Essen. Das vor einigen Tagen veröffentlichte Missbrauchsgutachten beleuchtet auch seine dortige Amtszeit. Vorwürfe eines Fehlverhaltens hat das Bistum Münster nun zurückgewiesen.

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Zehn Tage nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie im Bistum Essen hat das Bistum Münster öffentliche Anschuldigungen gegen Bischof Felix Genn zurückgewiesen. "Die Studie belegt genau das Gegenteil von den Verdächtigungen, die manche Medien vornehmen: Es wurde nicht vertuscht, sondern aufgedeckt. Es wurde ein korrektes Verfahren mit scharfer Bestrafung durchgeführt", betonte das Bistum in einer Pressemitteilung am Freitag. "Etwas anderes zu behaupten, entspricht nicht den Fakten, die öffentlich einsehbar sind." Die Diözese reagiert damit auf verschiedene Berichte, die Essener Untersuchung werfe "einen Schatten" auf Genn.

In den Medien werde insbesondere auf den Fall des Priesters R.W. abgehoben, der mindestens grenzverletzendes und unangemessenes Verhalten gegenüber einem Mädchen gezeigt habe. "Ob sexualisierte Gewalt stattgefunden hat, konnte laut der Studie nicht geklärt werden", betonte nun das Bistum. Der Priester sei unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe durch Genn beurlaubt worden. Der Bischof habe auch dann an dieser Beurlaubung festgehalten, als die strafrechtliche Anklage eingestellt und das anschließende kirchenrechtliche Verfahren zu dem Ergebnis gekommen war, dass keine Straftat durch den Priester vorliege. Zudem ordnete Genn demnach eine Begutachtung an und untersagte den Einsatz von R.W. in der Pfarrei der Betroffenen, was laut Studie von deren Familie "mit Erleichterung aufgenommen" worden sei. "Die Studie macht im Blick auf diesen Fall auch sehr deutlich, wie sehr R.W. sich durch Bischof Genn 'vorverurteilt und ungerecht behandelt' fühlt", heißt es in der Mitteilung. Obwohl das von ihm veranlasste Gutachten einen Einsatz des Priesters in Feldern ohne Kontakt zu Kindern und Jugendlichen für möglich hielt, habe Genn ihn jedoch nicht mehr in der Seelsorge eingesetzt und in vor seiner Amtseinführung in Münster in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Keine "Schuldabwehr" Genns

Aus einem Schreiben Genns aus dem Jahr 2008, in dem er die Hoffnung zum Ausdruck bringe, die Familie der Betroffenen könne die eigenen "möglicherweise kleinen oder größeren Anteile am Zustandekommen der unguten Situation sehen und sich damit kritisch auseinandersetzen und dass Sie selbst auch Wege der Versöhnung suchen und gehen", hätten Studienverfasser und Medien zudem eine "Schuldabwehr" und das Verschieben von Verantwortung abgeleitet. Dem widerspreche jedoch die Tatsache, dass Genn schon im Mai 2007 mit Blick auf R.W. deutlich gemacht habe, dass "dessen eigene Handlungen für die Situation verantwortlich" seien, so das Bistum. Mit der Formulierung sei lediglich gemeint, dass die Familie den Fall zunächst nicht beim Bistum Essen zur Anzeige gebracht hätte. 

Im Fall des Priesters A. habe sich Genn darüber hinaus schon am 22. November 2019 in einem Offenen Brief ausführlich geäußert und um Entschuldigung gebeten, weil er als Bischof von Essen Verantwortung getragen habe, ohne dass er damals von dem Fall gewusst habe. Neue Erkenntnisse zum Verhalten Genns in diesem Fall liefere die Essener Studie nicht.

Vom 12. bis zum 21. Februar hatte Genn sich aus Anlass des 40-jährigen Jubiläums der Partnerschaft des Bistums Münster mit fünf nordghanaischen Bistümern in Ghana aufgehalten. Genn war vor seiner Zeit in Münster von 2003 bis 2009 Bischof von Essen. Die Missbrauchsstudie des Münchener Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) hatte seit der Gründung des Bistums 423 Meldungen von Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt und rund 200 Täter angenommen. Die Forscher hatten darüber hinaus festgestellt, dass bis 2010 nur unzureichend auf Verdachtsmomente reagiert worden sei. (cbr)