Standpunkt

Unter Druck lernt der Synodale Weg endlich Synodalität vom Papst

Veröffentlicht am 10.03.2023 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der erste Tag der letzten Synodalversammlung war erfolgreich. Kein Text fiel durch, die Synodalen suchten für alle gangbare Mittelwege. Synodalität, wie Papst Franziskus sie will, scheint unter Druck zu wachsen, kommentiert Felix Neumann.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Die Anspannung bei der fünften Synodalversammlung war allen Beteiligten anzumerken, von der Begrüßung an. Alle wissen, dass diese letzte Synodalversammlung über das Schicksal des ganzen Wegs entscheidet: Endet er mit einem Erfolg – oder endet er mit einem Knall?

Am ersten Abend haben sich die Synodalen für den mühsamen und behutsamen Weg des Kompromisses entschieden. Niemand will den Knall. Redebeiträge wurden abwägend und gedämpft vorgetragen, Polemik gab es keine: Alles, um die Verstimmungen im Vorfeld, sei es aus Rom, sei es aus der Bischofskonferenz, sei es im Konflikt um Geschäftsordnungsauslegungen, hinter sich zu lassen.

Die Premiere war erfolgreich: Die Texte des Priesterforums gingen glatt durch. Das ist vorab nicht selbstverständlich gewesen: Lange herrschte Unzufriedenheit mit den Texten, über allem schwebte der Antrag, die Frage nach dem Priestertum überhaupt zu klären, das Forum kam nur schwer zu zufriedenstellenden Ergebnissen, die alle mitgehen konnten.

Die kontroverseste Frage des Tages war da noch, ob man den Papst nur bitten möchte, die Frage nach der Ehelosigkeit der Priester "neu zu prüfen", oder ob man gleich um eine Aufhebung ersucht. Immer wieder brachten Synodale Argumente der Klugheit ein, um mit der durch den BDKJ-Vorsitzenden Gregor Podschun eingebrachten Variante einer Bitte um Aufhebung eine allzu forsche Gangart zu vermeiden, bei der man wichtige Bischofsstimmen verlieren würde. Die Synodalen wählten den als klug erkannten Weg. Der Synodale Weg bittet nur brav um Prüfung, 44 von 60 anwesenden Bischöfen stimmten mit Ja.

Dass es bis hierher funktioniert hat und eine neue Kultur des Kompromisses entstanden ist, ist beachtlich. Der synodale Burgfriede ist aber brüchig. Noch stehen die Mehrheiten unter den Bischöfen. Noch hat sich keine Seite zu Polemik und am Ende nicht mehrheitsfähigen Änderungen hinreißen lassen. Noch wurde keine geheime Abstimmung verlangt, die unter dem Schatten einer offenkundig falschen Auslegung steht und so das Potential zur alles lähmenden Geschäftsordnungsdiskussion birgt. Noch sind die Synodalen leidlich geduldig mit den bis zum letzten Moment unbekannten Änderungsanträgen aus der Bischofskonferenz, die über episkopale Zwei-Drittel-Mehrheiten entscheiden können. Das alles könnte doch noch zum Knall führen.

Aber der Wille zum Zusammenstehen ist da. Die massiven Konflikte bis hierher scheinen den Synodalen Weg zu einer anderen Arbeitsweise gebracht zu haben: weniger von der deutschen Verbandskultur, die auf Entscheidung per Mehrheit setzt und in Rom als zu parlamentarisch und zu wenig synodal empfunden wird. Und stattdessen mehr Konsens, aufeinander hören und Arbeit am Text, die alle mitnehmen will. Der Synodale Weg arbeitet plötzlich viel mehr in der Art, wie sich Papst Franziskus Synodalität vorstellt: kein parlamentarischer Prozess, sondern ein gemeinsames Suchen. Auch um den Preis sehr abgeschliffener Kanten. Und die Bischöfe sitzen am längsten Hebel. 

Von Felix Neumann

Der Autor

Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und Mitglied im Vorstand der Gesellschaft katholischer Publizisten (GKP).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.