Jahresbericht: Wehrbeauftragte betont Bedeutung der Militärseelsorge
Angesichts der "herausfordernden und schwierigen Zeiten" für die Bundeswehr hat die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), den Wert der Militärseelsorge betont. "Die Militärseelsorge ist in diesen Zeiten für unsere Soldatinnen und Soldaten von enormer Bedeutung, im Grundbetrieb wie im Einsatz", heißt es im Jahresbericht 2022 der Wehrbeauftragten, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Mehr denn je gehe es dabei neben der Ausübung der Religion um eine umfassende Unterstützung im Dienst, die alltäglichen Sorgen und Nöte sowie den Beistand in familiären und persönlichen Fragen.
"Militärseelsorge stärkt mit ihrer vielfältigen Arbeit unverzichtbar die Einsatzbereitschaft der Truppe", so der Bericht weiter. Sie werde sich im Zuge der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im vergangenen Jahr ausgerufenen "Zeitenwende" und der damit verbundenen Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung "sicher verändern und zunehmend auf die Organisation der seelsorgerischen Betreuungsangebote für die Landes- und Bündnisverteidigung ausrichten müssen". Dabei sei es eine gute Tradition, dass die Seelsorge für alle Soldatinnen und Soldaten offen sei.
Bericht: Seelsorge für muslimische Soldaten "zügig" anbieten
Zugleich betont der Bericht wie bereits im vergangenen Jahr die Notwendigkeit, "das seelsorgerische Betreuungsangebot für weitere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften außerhalb der christlichen und jüdischen Militärseelsorge zu erweitern". Konkret müsse "zügig" ein Ergebnis für die rund 3.000 muslimischen Soldatinnen und Soldaten gefunden werden, da auch sie religionsbezogene Seelsorge verdienten. "Es wäre ein inzwischen überfälliges Zeichen von Wertschätzung und Anerkennung für ihren wertvollen Dienst", so der Bericht. Entsprechende Forderungen und Willensbekundungen bestünden seit Jahren. Die Umsetzung der bereits existierenden Überlegungen des Verteidigungsministeriums für eine seelsorgerische Betreuung auf einzelvertraglicher Basis solle deshalb nun "ohne weiteren Verzug" konzeptionell und organisatorisch erfolgen.
Positiv bewertet der Bericht das 2020 eingeführte Angebot einer jüdischen Militärseelsorge. Mit dem Militärrabbinat seien "gute Impulse und eine Bereicherung" verbunden. Allerdings brauche jede Erweiterung in diesem Bereich Zeit: "Der Aufbau des Militärrabbinates schreitet zwar voran, nicht aber der personelle Aufwuchs im erhofften Umfang. Die eingerichteten Dienstposten sind noch nicht vollumfänglich besetzt." Herausfordernd sei zudem eine gleichberechtigte Besetzung mit orthodoxen und liberalen Rabbinerinnen und Rabbinern. Für die Attraktivität sei außerdem entscheidend, dass Rabbinerinnen und Rabbiner nach ihrer Amtszeit eine gesicherte Perspektive außerhalb des Militärrabbinats erhielten. "Es bleibt zu hoffen, dass diese Hürden zügig genommen und alle Dienstposten besetzt werden, damit die Militärrabbinerinnen und Militärrabbiner an den vorgesehenen Außenstellen für die Truppe seelsorgerisch tätig werden können", so der Bericht.
Jeder Soldat hat Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung
Nach dem Soldatengesetz hat jede Soldatin und jeder Soldat Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung. Bislang leisten in der Bundeswehr die evangelische und die katholische Kirche sowie die jüdische Gemeinschaft eine vertraglich vereinbarte Militärseelsorge für die Soldaten und deren Angehörige. Militärseelsorger beraten zudem zu ethischen Fragen und leiten vielerorts den sogenannten Lebenskundlichen Unterricht, der die Soldaten dazu befähigen soll, verantwortungsbewusst und moralisch zu handeln. Auch begleiten die Geistlichen Angehörige von Soldaten im Auslandseinsatz. Zudem organisiert die Militärseelsorge Betreuungsangebote für die Familien von Angehörigen der Bundeswehr.
Die Militärseelsorge wird vom Staat finanziert und organisiert, die Kirchen und Religionsgemeinschaften sind für die Inhalte verantwortlich und stellen auch die Seelsorger. Im Einsatz tragen die Geistlichen militärische Schutzkleidung, mit einem religiösen Symbol wie dem Kreuz statt eines Dienstgradabzeichens. Völkerrechtlich gelten sie als Zivilisten. Derzeit gibt es etwa 100 evangelische und 80 katholische Militärpfarrämter. Je ein evangelischer und ein katholischer Militärbischof leiten die Seelsorge, katholischer Militärbischof ist seit 2011 der Essener Oberhirte Franz-Josef Overbeck. Auf jüdischer Seite gibt es eine ähnliche Struktur mit einem Militärbundesrabbiner und zunächst bis zu zehn Militärrabbinern. (stz)