Umfangreicher Beteiligungsprozess ist abgeschlossen

Finaler Entwurf für neues Kirchenvorstandsrecht in NRW liegt vor

Veröffentlicht am 29.03.2023 um 16:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ In Nordrhein-Westfalen regelt ein staatliches Gesetz, wie Pfarreien ihr Vermögen verwalten – das ist aus der Zeit gefallen. Ein kirchliches Gesetz soll das alte preußische Recht ablösen. Nun liegt nach einem Beteiligungsprozess der neue Entwurf vor.

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Die nordrhein-westfälischen Bischöfe haben nach einem Beteiligungsprozess die finalen Entwürfe für die Reform der Kirchenvorstände vorgelegt. Am Mittwoch stellten die sieben NRW-Diözesen neue Entwürfe für ein kirchliches Vermögensverwaltungsgesetz und eine Wahlordnung für die Kirchenvorstände vor. Die neuen kirchlichen Gesetze sollen das bisher noch gültige staatliche "Preußische Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens" von 1924 ersetzen, das zuletzt 2003 geändert wurde. Ziel der Reform ist neben der Regelung durch Kirchenrecht statt staatliches Recht die Vermögensverwaltung in den Pfarreien einfacher, moderner und ehrenamtsfreundlicher machen. Das Kirchliche Vermögensverwaltungsgesetz (KVVG) soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Im April 2022 hatten die Bistümer Köln, Essen, Aachen, Münster und Paderborn gemeinsam erste Entwürfe für die Reform vorgelegt und zu Rückmeldungen aufgefordert. Die nun vorgestellten Entwürfe wurden auf der Grundlage der Ergebnisse dieses Beteiligungsprozesses überarbeitet. "Dabei konnte natur­gemäß nicht jedem Anliegen gleicher­maßen Rech­nung getragen werden; im Mittel­punkt stand ins­besondere eine breite Akzeptanz der Neuregelungen", teilten die Bistümer mit.

Änderungen im Vergleich zum ersten Entwurf

Im Vergleich zum ersten Entwurf wurden vor allem stilistische Veränderungen vorgenommen und Formulierungen klarer gefasst. Neu ist neben der Definition der staatskirchenrechtlichen Stellung der Pfarreien auch eine kirchenrechtliche Definition, die Regelungen zum Pfarrgebiet und Pfarrvermögen im Universalkirchenrecht verankert. Pfarrgemeinderäte und vergleichbare Gremien sollen nicht mehr wie ursprünglich geplant mindestens eine Person in die Kirchenvorstände entsenden, sondern nur noch genau eine. Auf diese Entsendung kann auch verzichtet werden. Verschiedene Genehmigungsvorbehalte des Generalvikariats wurden in reine Informationspflichten umgewandelt. So muss die Übertragung der Geschäftsführung vom Pfarrer, der erster Vorsitzender im Kirchenvorstand ist, auf den stellvertretenden Vorsitzenden, mithin einen Laien, sowie dessen Abberufung nur noch bei der Bistumsverwaltung angezeigt statt von dieser genehmigt werden. Im Gegenzug kann das Generalvikariat den Kirchenvorstand auflösen, wenn dieser sich weigert, nötige Mitglieder nachzuwählen. Bei wiederholten Pflichtverletzungen kann der Kirchenvorstand jetzt erst aufgelöst werden, wenn er vom Bischof oder Generalvikar zuvor angehört wurde. Neu eingeführt wird ein Schlichtungsverfahren bei Konflikten im Kirchenvorstand, für die eine Schlichtungsordnung entwickelt wird.

Ursprünglich sah der Entwurf vor, dass hybride und digitale Sitzungsformate nur im Ausnahmefall stattfinden dürfen. Nun sind solche Sitzungsformate sowie schriftliche Beschlüsse im Umlaufverfahren grundsätzlich möglich. Vorgeschrieben ist lediglich, dass sich der Kirchenvorstand zweimal im Jahr in Präsenz trifft. Der Kirchenvorstand ist künftig auch handlungsfähig, wenn nicht ordnungsgemäß eingeladen wurde und kann dennoch entscheiden, sofern alle Mitglieder anwesend sind und damit einverstanden sind. Der Vorsitzende erhält einen größeren Handlungsspielraum, um die laufende Verwaltung allein zu gestalten. Dabei ist aber im Vergleich zum ersten Entwurf stets ein Vier-Augen-Verfahren einzuhalten.

Kirchenvorstände deutsche Besonderheit mit römischer Duldung

Bei der Wahl soll nicht mehr wie im Entwurf auf eine gleiche Anzahl von Frauen und Männern unter den Kandidierenden geachtet werden, stattdessen soll eine "ausgewogene Berücksichtigung der Geschlechter" erreicht werden. Der bestehende Kirchenvorstand kann nun vor der Wahl beantragen, die genau in der Ordnung definierte Anzahl seiner Mitglieder zu erhöhen oder zu verringern. Ursprünglich war vorgesehen, dass eine Person mehr zur Wahl stehen muss, als zu wählen sind. Nun genügt es, wenn genau so viele Personen kandidieren, wie der Kirchenvorstand Sitze hat.

Der Kirchenvorstand nimmt die im Universalkirchenrecht vorgesehene Aufgabe eines Vermögensverwaltungsrat war. Abweichend vom Universalkirchenrecht und anerkannt durch päpstliches Indult beraten die Vermögensverwaltungsgremien in Deutschland nicht nur den Pfarrer, sondern entscheiden auch über die Mittelverwendung. Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, in dem die Vermögensverwaltungsgremien der Pfarreien noch durch Landesrecht geregelt werden. In den übrigen dem ehemaligen preußischen Rechtskreis zugehörigen Bundesländern wurde das preußische Vermögensverwaltungsgesetz bereits abgelöst, beispielsweise durch konkordatäre Vereinbarungen. Der Kirchenvorstand verwaltet neben dem Vermögen der Kirchengemeinde auch eventuell vorhandene weitere Vermögen wie rechtlich selbstständige Fabrikfonds (Kirchenfonds), Stellenfonds (Benefizien) und Stiftungsfonds. Der Kirchenvorstand besteht in den NRW-Bistümern bislang grundsätzlich aus dem Pfarrer und je nach Größe der Kirchengemeinde sechs bis 16 gewählten ehrenamtlichen Mitgliedern, geplant ist eine Reduzierung auf fünf bis 14 gewählte Mitglieder. (fxn)