Standpunkt

Über die Staatsleistungen an die Kirchen muss weiter verhandelt werden

Veröffentlicht am 03.04.2023 um 00:01 Uhr – Von Matthias Drobinski – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Staatsleistungen an die Kirchen sind aus der Zeit gefallen, schreibt Matthias Drobinski. Dennoch sind die Länder gegen einen Vorschlag der Bundesregierung. Das zeige, wie komplex die Materie sei. Er plädiert für weitere Verhandlungen.

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Es wird Zeit, dass die Staatsleistungen an die Kirchen abgelöst werden. Das sah schon 1919 die Weimarer Reichsverfassung vor und 1949 das Grundgesetz, doch nichts geschah über die Jahrzehnte hinweg. Die Kirchen waren dagegen, die Bundesländer, die das Geld an die Kirchen zahlen, wollten keinen Ärger und fanden die Summen verschmerzbar – 600 Millionen Euro waren es im vergangenen Jahr, verteilt auf 16 Bundesländer. Mittlerweile aber sind diese Zahlungen aus der Zeit gefallen. Sie begründen sich aus verschiedenen Enteignungen von Kirchengütern, oft geschahen sie unter Napoleon, manchmal haben sie mit der Reformation zu tun. Den Steuerzahlerinnen und -zahlern von heute kann man das nicht mehr erklären. Für viele von ihnen bleibt das Klischee von den raffgierigen Kirchen hängen.

Von daher ist es richtig, dass die Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP nun an einem Gesetz arbeiten, nach dessen Grundsätzen dann die Bundesländer die Staatsleistungen ablösen. Und es ist gut, dass die Kirchen nun verhandlungsbereit sind, weil sie merken: Der Schaden an der Glaubwürdigkeit ist größer als der finanzielle Nutzen. Dass nun die Bundesländer gegen diese Lösung sind, zeigt, wie kompliziert die Materie ist: Sie müssten nämlich, in Raten aufgeteilt, das siebzehn- oder achtzehnfache einer Jahreszahlung an die Kirchen überweisen. Das belastet die ohnehin auf Kante genähten Haushalte sehr. Dass die Länder einfach die Zahlungen einstellen, geht auch wieder nicht: Die Kirchen haben einen Rechtsanspruch auf dieses Geld.

Trotzdem: Kirchen, Bund und Länder sollten weiterverhandeln. Sei es über die Höhe der Ablöseleistung, sei es über ganz neue Ideen: Die jährlichen Staatsleistungen könnten zum Beispiel künftig in einen Fonds gehen, über den Missbrauchsbetroffene entschädigt werden und mit dem Bund, Länder, Kirchen gemeinsam soziale Projekte oder Bildungsinitiativen fördern, für die in den regulären Haushalten von Staat und Kirchen kein Platz ist. Für einen solchen Fonds wären 600 Millionen Euro viel Geld. Für die Kirchen entspricht dieser Betrag gerade mal fünf Prozent der Kirchensteuereinnahmen. Es geht nicht um die unfreundliche Trennung von Staat und Kirche, wie die Gegner einer solchen Einigung fürchten. Es geht darum, dieses Verhältnis zukunftsfähig zu machen.

Von Matthias Drobinski

Der Autor

Matthias Drobinski ist Chefredakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.