Auch Bistum äußert sich zu Fall um Priester

Missbrauch: Trierer Chef-Aufklärer weist Vorwürfe zurück

Veröffentlicht am 17.04.2023 um 16:54 Uhr – Lesedauer: 

Trier ‐ Der Vorsitzende der Aufarbeitungskommission im Bistum Trier solle zurücktreten, fordern Betroffene – denn er habe in einem Missbrauchsfall zur Vernichtung von belastendem Material geraten. Nun nimmt er dazu Stellung. Auch die Diözese äußert sich.

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Der Vorsitzende der Aufarbeitungskommission im Bistum Trier, Gerhard Robbers, weist den Vorwurf zurück, zur Vernichtung von kinderpornografischem Material im Zusammenhang mit einem Missbrauchsfall aufgefordert zu haben. "Ich habe nicht dazu geraten, das Material zu verbrennen", sagte Robbers am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er habe in dem Gespräch mit dem Neffen eines beschuldigten Priesters vielmehr auf die Rechtslage hingewiesen und gesagt, dass man das Material zügig an eine zuständige Stelle geben oder vernichten müsse. "Das Missverständnis bedauere ich sehr", sagte Robbers. Er habe den Wortlaut des Gesprächs nachgehört. Den konkreten Inhalt könne er nicht aber ohne Einverständnis des Gesprächspartners offenlegen.

Es geht um einen im vergangenen Jahr verstorbenen Priester aus dem Bistum Trier, der jahrzehntelang Missbrauch begangen und in Fotos und Filmen dokumentiert haben soll. Öffentlich gemacht hatte der Neffe des Mannes den Fall, nachdem er im Haus des Verstorbenen Kisten mit Fotos und Filmen fand. Zuvor hatte der Neffe laut "Rhein-Zeitung" den Trierer Bischof Stephan Ackermann informiert und Anfang April mit Robbers über den Fall gesprochen. Der "Rhein-Zeitung" sagte er, Robbers habe ihm geraten, die belastenden Fotos zu verbrennen.

Laut Robbers prüft die Aufarbeitungskommission derzeit rechtliche Möglichkeiten, das Material für die Aufarbeitung zu sichern. Mit Blick auf die Anschuldigungen gegen den Priester sprach er von einem "ganz gravierenden Fall, der unbedingt der vollständigen Aufklärung bedarf". Die Fotos zeigen laut "Rhein-Zeitung" unbekleidete Heranwachsende, von denen einige erkennbar minderjährig seien. Die Aufnahmen sollen von den 1960er-Jahren bis in die 2000er-Jahre reichen. Die Motive würden immer drastischer und seien teilweise eindeutig pornografisch.

Bistum weitet Aufarbeitung in Missbrauchsfall aus

Das Bistum Trier will nach eigenen Angaben die Aufklärung in dem Fall ausweiten. Durch Berichte und die folgenden Meldungen und Hinweise werde deutlich, dass eine Befassung nur der Aufarbeitungskommission nicht ausreiche, erklärte die Diözese am Montag. Am Wochenende seien Hinweise auf weitere Vorwürfe aus den 1960er- und 1970er-Jahren eingegangen. Es gebe auch Hinweise auf ein Doppelleben des Priesters unter falschem Namen in Afrika. Bischof Ackermann beauftragte Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg mit der Koordination. Es sei wichtig, alle vorhandenen und neuen Informationen zusammenzutragen, "um die Dimension des Falles wirklich zu erfassen" und aufzuarbeiten, so der Bischof. Betroffene oder Zeugen sollten sich bei den Ansprechpersonen des Bistums melden. Geprüft werde auch, wie mögliche Betroffene aus Afrika erreicht werden könnten.

Der Generalvikar will zudem mit dem saarländischen Bildungsministerium die Möglichkeit einer gemeinsamen, unabhängigen Kontaktstelle für mögliche Betroffene prüfen. Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) hatte am Wochenende kritisiert, vom Bistum nicht informiert worden zu sein. Der Mann war bis 1999 rund 20 Jahre an einem Gymnasium im Saarland eingesetzt, obwohl es Anfang der 1970er-Jahre Hinweise auf übergriffiges Verhalten gegeben haben soll. Von Plettenberg will auch mit der Aufarbeitungskommission sprechen. Sie könne möglicherweise Unterlagen zur Verfügung stellen. Die mutmaßlichen Taten des Priesters fallen teils in die Amtszeit (1967-1981) von Bischof Bernhard Stein (1903-1993), zu der eine Studie vorliegt. Robbers sagte, dass der beschuldigte Priester anonymisiert Teil der Studie sei.

Der Mann wurde nach Angaben des Bistums 2012 sanktioniert, durfte keine Messen feiern, und der Umgang mit Jugendlichen wurde ihm verboten. Zuvor genoss er hohes Ansehen; wegen seines Engagements für Afrika wurde er mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik ausgezeichnet. Er war als Seelsorger in verschiedenen Gemeinden im Saarland und in Rheinland-Pfalz tätig und an Schulen eingesetzt. Ab 1970 war er laut Bistum Trier zum Studium in Köln beurlaubt und in Nordrhein-Westfalen einige Jahre auch als Religionslehrer und Hausgeistlicher aktiv. (tmg/KNA)