Standpunkt

Ohne Prunk und Pomp haben Kirche und Monarchie ein Problem

Veröffentlicht am 03.05.2023 um 00:01 Uhr – Von Benedikt Heider – Lesedauer: 

Bonn ‐ Am Samstag wird Charles III. in London gekrönt. Die Feier soll schlicht und zeitgemäß sein, heißt es im Vorfeld. Die Inszenierung von Einfachheit birgt jedoch die Gefahr, nackt dazustehen, kommentiert Benedikt Heider. Das lasse sich im Vatikan beobachten.

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In wenigen Tagen wird Charles III. in Westminster Abbey zum englischen König gekrönt. Die prachtvolle Krönung seiner Mutter vor 70 Jahren war eines der größten Medienereignisse des letzten Jahrhunderts. Die Feier 2023 soll laut Buckingham-Palast schlichter als damals (kleinere Gästeliste, Verzicht auf prächtige Krönungsbekleidung und zeitlich verkürzt) ausfallen. Aber: Hilft demonstrative Bescheidenheit der symbolischen Kraft einer alten Institution wie der britischen Krone?

Die Krönung wie die Beisetzung von Elisabeth II. gingen ebenso wie etwa die Beerdigung von Papst Johannes Paul II. als Massen(medien)-Events bestehender Monarchien in die Geschichte ein. Sie alle überstrahlten mit ihrer pompösen Fremdartigkeit und geschichtlichen Einzigartigkeit die Fragwürdigkeit der jeweiligen Institution und brachten Abermillionen niedrigschwellig in Kontakt mit den jeweiligen Botschaften.

Diese Botschaften brauchen ein Gewand – am besten eines, das sich vom Alltäglichem absetzt und den Anspruch der jeweiligen Institution eindrücklich fassbar macht. In Zeiten von Instagram und Snapchat führen Abwechslung und Irritation zu Aufmerksamkeit. Demonstrative Einfachheit ist dabei nicht immer hilfreich. Das zeigt sich auch im Pontifikat von Papst Franziskus. Dessen Verzicht auf traditionelle Gewänder, Symbole und Riten mag für manche theologisch und moralisch begrüßenswert sein, die bisweilen übersichtlichen Besucherzahlen großer Liturgien in Rom werfen jedoch die Frage auf, ob er eine wirkungsmächtige Alternative aufzuweisen hat.

Menschen brauchen Symbole, Riten und Greifbares gerade in einer Zeit, die sie als immer unübersichtlicher erleben. In Rom wie in London sollte man überdenken, ob man mit dem Verzicht auf Glanz und Glorie nicht eine Lücke lässt – die wiederum die Frage aufwirft, ob die jeweilige Institution wirklich so identitätsstiftend ist, wie sie bislang schien.

Von Benedikt Heider

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.