Die Krise der Kirche sorgt für neue Öffnungen
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Gefühlt stehen wir mit dem Rücken an der Wand. Selbst vermeintlich reiche Bistümer wie Rottenburg-Stuttgart melden, dass sie bald ihren Haushalt nicht mehr decken können. Die Kirchenaustrittszahlen und ihre Prognosen für die nächsten Jahre stimmen auch nicht optimistischer. Skandale, veraltete Strukturen, eine für viele fremde Sprache und ein Angebot, welches oft an den Menschen vorbei geht, hat Kirche für eine große Mehrheit unattraktiv gemacht. "Haben wir doch immer schon so gemacht." Unsere Botschaft und ihre Alltagsrelevanz kommt nicht mehr an. Die Veränderungen in der kirchlichen Landschaft sind schon lange bekannt, langsam kommen sie auch in den Strukturen der Institutionen an.
Wir klammern uns an Liebgewonnenes und an die Gläubigen, die mit ihrer Kirche zufrieden sind und keine Veränderungen brauchen. Natürlich müssen wir genau diese Menschen weiterhin erreichen und dürfen sie nicht vergessen. Aber wenn wir nicht langsam mutig sind, neue Wege gehen und die Fernen nicht in den Blick nehmen, dann können wir den Laden über kurz oder lang dicht machen. Der Satz "haben wir schon immer so gemacht" wird zum Glück immer leiser. Eigentlich sollte er auch vielmehr ein Argument dafür sein, es genau anders zu machen. Und genau darin liegt doch die Chance. Der Handlungsdruck ist gerade so groß auf uns alle, dass er uns zugleich einen Spielraum an Möglichkeiten offenbart. Selbst die Leitungsetagen wissen, dass wir uns wandeln müssen, sodass sich in den Bistümern zunehmend eine neue Arbeits-, Vertrauens-. Fehler- und auch Beteiligungskultur entwickelt. Diese Gunst der Stunde gilt es für uns Gläubige zu nutzen, sowohl von den Haupt- als auch Ehrenamtlichen.
Sicher, wir sind alle in einem anderen System groß geworden, das patriarchal, klerikal und hierarchiegeprägt war und auch noch ist. Wobei in der Hierarchie auch viele Nicht-Geweihte Menschen Ämter besetzen. Und seien wir mal ehrlich, der Klerikalismus zieht sich nicht nur durch die Geistlichkeit, sondern auch durch die Laien. Was jahrzehntelang internalisiert wurde an (Arbeits-)Kultur, kann nicht von heute auf morgen abgelegt werden. Sollen wir deswegen uns alle austauschen? Das wäre bestimmt töricht, nicht nur weil dann keiner nachkommt, sondern vor allem weil wertvolle Erfahrungen und Kompetenzen abhandenkommen. Wir können es nur gemeinsam schaffen. Wenn wir die Kirche nachhaltig für die Menschen ändern wollen, braucht es die Mischung aus Handlungsdruck und kleinen Schritten.
Ich verstehe die momentane Krise als ganz große Chance, wobei sie auch sehr viel Geduld fordert. Innerhalb der letzten Jahre hat sich so viel geöffnet. So viel Denkmöglichkeiten und Handlungsspielräume. Lasst uns mutig sein, die gewonnenen Lücken zu füllen. Lasst uns schauen, was diejenigen interessiert, die wir nicht mehr erreichen. Lasst uns vielmehr unsere Freude an der Botschaft wieder nach außen tragen.
Die Autorin
Pia Dyckmans ist Pressesprecherin und Stabstellenleiterin Medien und Öffentlichkeitsarbeit im Bistum Eichstätt.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.