Neue Kommission zu Missbrauch in Ostbistümern beginnt mit der Arbeit
Zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Berlin, den Bistümern Dresden-Meißen und Görlitz sowie der in Berlin angesiedelten Katholischen Militärseelsorge gibt es eine neue Kommission. Wie das Gremium am Donnerstag in einer Pressemitteilung betonte, ist es "nicht Teil kirchlicher Strukturen und arbeitet weisungsfrei". Die neun Mitglieder der Kommission wurden von Landesregierungen, Bistümern und einem Beirat von Missbrauchsbetroffenen benannt. Aus ihrem Kreis wählten sie Mecklenburg-Vorpommerns frühere Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) zu ihrer Vorsitzenden.
Das Gremium will das Ausmaß sexualisierter Gewalt in den beteiligten Bistümern sowie die kirchlichen Rahmenbedingungen, die Missbrauch förderten, ermitteln und bewerten. Zudem hat sich das Gremium die Aufgabe gestellt, sich dafür zu engagieren, dass wirksame Maßnahmen zum Verhindern von Missbrauch in allen kirchlichen Bereich verankert werden. Auch will die Kommission Betroffene ermutigen, "sich zu ihren Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen im kirchlichen Kontext zu äußern". Grundlage für die Berufung der Kommission ist eine Vereinbarung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und des damaligen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig.
Außer Kuder gehören dem Gremium auch die Abteilungsleiterin Maria Bering von der Dienststelle der Bundeskulturbeauftragten Claudia Roth (Grüne) sowie der frühere Abteilungsleiter im Brandenburger Bildungsministerium, Andreas Hilliger, an. Weitere Mitglieder sind die Präsidentin der Landesdirektion Sachsen, Regina Kraushaar, die vom Betroffenenbeirat Ost entsandte Sozialpädagogin und Betriebswirtin, Sabine Otto, sowie die Charite-Ärztin Maria Sternemann. In der Kommission engagieren sich überdies der frühere sächsische Generalstaatsanwalt Hans Strobl und der Sozialarbeiter Robert Wolf, der in einem Brandenburger Gesundheitsamt angestellt ist.
Kritik des Betroffenenbeirats
Gegen die von der Kirche vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Kommissionsarbeit legte der Betroffenenbeirat Ost Widerspruch ein. In einer ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten Pressemitteilung erklärte er zur Begründung, dass die Kommission keine Einsicht in die Informationen und Akten der Kirchengerichte und der Militärseelsorge und keine Auskünfte darüber erhalte. Zudem widersprach die Vertreterin des Betroffenenbeirats, Sabine Otto, der Konstituierung auch deshalb, weil ein weiterer Vertreter des Beirats wegen fehlender Berufung durch die zuständigen Bischöfe nicht habe teilnehmen können. Daher habe Otto an der Wahl für den Kommissionsvorsitz nicht teilgenommen.
In ihrer konstituierenden Sitzung beschloss die Kommission, sich zunächst beim Betroffenenbeirat über den Stand der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt zu informieren. Anschließend seien Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Kirche sowie Gutachtern und Wissenschaftlern geplant, die sich mit Missbrauch befassen. Zudem will das Gremium mit Kirchengemeinden, in denen es solche Fälle gab, Kontakt aufnehmen. Ziel sei die quantitative Erhebung sowie qualitative Bewertung des sexuellen Missbrauchs in den beteiligten Diözesen.
Grundlage der Arbeit ist die "Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch". Sie wurde im April 2020 für das Erzbistum Berlin, das Bistum Görlitz, das Bistum Dresden-Meißen und die Katholische Militärseelsorge verabschiedet und stellt die Beteiligung Betroffener sicher. (cph/KNA/epd)
Update 11.05., 17:30 Uhr: Ergänzt um Kitik des Betroffenenbeirats