Bistum Aachen nennt Namen von Missbrauchstätern und sucht Betroffene
Das Bistum Aachen sucht in einem öffentlichen Aufruf nach möglichen weiteren Betroffenen sexualisierter Gewalt durch zwei mittlerweile verstorbene Priester. Bei den beiden Pfarrern handelt es sich um Leonhard Meurer (1916–1991) und Dieter Wintz (1938–2018), teilte die Diözese am Donnerstag mit. Betroffene, Zeitzeugen und alle, die zur Aufklärung beitragen können, können sich an die eigens eingerichtete Hotline des Bistums Aachen wenden.
Nach Angaben des Bistums sind bei Meurer Tatvorwürfe im Zeitraum zwischen 1955 und 1960 während seiner Tätigkeit als Pfarrer in Eschweiler und Düren aktenkundig. Ob es später weitere Taten gab, ist nicht bekannt. 1961 entzog das Bistum Meurer das Pfarramt, ab 1962 war er in Fulda, 1966 wechselte er ins Bistum Trier, 1983 bis zu seinem Tod 1991 lebte er im Erzbistum Köln. Alle Bistümer seien über die Vorwürfe informiert worden. Trotz Reiseverbot habe Meurer zahlreiche Reisen nach Afrika unternommen. Die dabei entstandene Sammlung afrikanischer Volkskunst wurde 1991 vom Hilfswerk Missio Aachen in Burkina Faso gekauft. Ende April berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" über den Fall. Demnach habe Missio seit September 2021 das Bistum Aachen mehrfach gebeten, sich mit Aufrufen an mögliche weitere Betroffene zu wenden. Meurer habe bis 1988 mit dem Hilfswerk zusammengearbeitet. Missio-Chef Dirk Bingener kündigte an, mit dem Erzbischof der burkinischen Erzdiözese Koupéla über die Rückgabe der Kunstwerke zu sprechen.
Kindermissionswerk lässt Missbrauchsvorwürfe unabhängig aufarbeiten
Wintz war laut dem Bistum unter anderem in Heinsberg und Hückelhoven als Pfarrer tätig und wurde 2003 in den Ruhestand versetzt. Tatvorwürfe gegen ihn liegen aus dem Zeitraum von 1977 bis 2013 vor. Ein Verfahren auf eine Selbstanzeige des Priesters hin wurde gegen eine Geldbuße eingestellt. Im Ruhestand arbeitete er für das heutige Kindermissionswerk "Die Sternsinger" auf den Philippinen. Nach erneuten Vorwürfen dort beendete das Hilfswerk die ehrenamtliche Zusammenarbeit. 2013 wurde Wintz durch das Aachener Diözesangericht verurteilt, 2015 bestätigte die Glaubenskongregation das Urteil, das ihm die priesterliche Betätigung untersagte.
Das Kindermissionswerk begrüßte am Donnerstag den Aufruf des Bistums. Seit September 2021 habe das Hilfswerk das für den Priester verantwortliche Bistum Aachen mehrfach gebeten, den Namen des Täters zu nennen. "Es ist wichtig, dass dies nun geschehen ist", heißt es in der Mitteilung. Seine Tätigkeit für das Hilfswerk werde im Zusammenhang der unabhängigen Aufarbeitung der Präsidentschaft von Winfried Pilz untersucht werden. Pilz stand dem Hilfswerk von 2000 bis 2010 vor, im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass ihm wegen sexuellen Missbrauchs in den 1970er Jahren kirchliche Sanktionen auferlegt worden waren.
Anfang Mai kündigte das Bistum Aachen an, Namen von Tätern sexualisierter Gewalt öffentlich zu nennen. Die Diözese habe sich nach intensiver Beratung mit dem Ständigen Beraterstab zu diesem Schritt entschieden, hieß es in einer Pressemitteilung. Bis Herbst soll eine Systematik dafür erarbeitet werden. (fxn)
Hotline des Bistums Aachen
Der Leiter der Stabsstelle Prävention Intervention Ansprechpersonen (PIA) im Bischöflichen Generalvikariat Aachen, Christoph Urban, bittet darum, dass sich Betroffene sexualisierter Gewalt im Zusammenhang mit zwei verstorbenen Priestern melden. Sollten Sie in einem dieser beiden Fälle oder einem anderen Fall betroffen sein oder Angaben dazu machen können, nehmen Sie gerne unter der Telefonnummer (0241) 452 225 Kontakt mit der Hotline des Bistums auf oder nutzen das Online-Formular unter www.missbrauch-melden.de.