Zur Prostitution brauchen wir eine Debatte um der Frauen willen
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Sollte Prostitution ganz verboten werden oder nicht? Seit einiger Zeit läuft die Diskussion über das so genannte "Nordische Modell", bei dem nicht mehr die Prostituierten, sondern die "Freier" kriminalisiert werden. Die Verfechter dieses Modells erhoffen sich so einen besseren Schutz für die Frauen. In Deutschland ist das Nordische Modell noch nicht eingeführt, aber es gibt eine breite Front von Organisationen, die dies fordern, unter anderem erst im vergangenen Herbst der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB).
Umso bemerkenswerter ist das Positionspapier, das die Katholische Frauengemeinschaft (kfd), der größte katholische Frauenverband in Deutschland, jüngst veröffentlicht hat. In dem Papier wird zwischen Sexarbeit und Prostitution differenziert. Sexarbeit sei der Verkauf sexueller Dienstleistungen, der als "ethisch vertretbar" verstanden wird, wenn er in der vollen Freiheit aller Akteur*innen geschehe. Ist diese Freiheit nicht gegeben, handele es sich nach diesem Verständnis um Prostitution und sei demnach abzulehnen.
Man mag der kfd Blauäugigkeit vorwerfen, wenn es weiter in dem Papier heißt: "Ideelles Ziel der kfd ist es, irgendwann in einer Welt zu leben, in der es nur noch selbstbestimmte Sexarbeit gibt." Und viele zweifeln, dass es eine solche "positive" Sexarbeit in voller Freiheit überhaupt geben kann. Blauäugigkeit kann man auch aber auch denjenigen vorwerfen, die glauben, durch die Kriminalisierung der Kunden die Auswüchse des Prostitutionsgewerbes in Griff kriegen zu wollen. Zurecht wirft die kfd den Verfechtern eines generellen Verbots von Prostitution vor, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen zu missachten.
Der kfd geht es um den Schutz der Frauen. Gute Rahmenbedingungen für die Arbeit seien dafür die Voraussetzung. Das Thema müsse insgesamt aus der "Schmuddelecke" geholt und Tabus aufgebrochen werden. Das Papier macht allerdings deutlich, dass es nicht reicht, Sexarbeit im Gegensatz zur Prostitution gutzuheißen, sondern es werden flankierende Maßnahmen gefordert: Unter anderem Aussteigerprogramme für Frauen in Prostitution, Verbesserung der Lage von Migrantinnen sowie Dunkelfeldstudien, um blinde Flecken im Bereich Sexarbeit und Prostitution sichtbar werden zu lassen.
Insgesamt zeichnet sich das Papier durch eine wohltuende Differenzierung aus. Die Autor*innen gestehen ein, "dass die Realität Widersprüche aufweisen kann, die nie vollständig gelöst werden können". Es bleibt zu wünschen, dass – auch dank dieses mutigen Papiers – die Debatte über Prostitution und Sexarbeit innerhalb der Kirche und in der Gesellschaft insgesamt weitergeht: um der betroffenen Frauen willen.
Der Autor
Der Dominikaner Max Cappabianca ist Leiter der Katholischen Studierendengemeinde Hl. Edith Stein in Berlin.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.