Missbrauchsbetroffene aller NRW-Bistümer: Kirche soll mehr zahlen
Vertreter von Betroffenen sexualisierter Gewalt aus allen fünf nordrhein-westfälischen Bistümern fordern von der katholischen Kirche erheblich höhere Zahlungen an Missbrauchsopfer. Anlass ist das vorige Woche ergangene Urteil des Kölner Landgerichts, das einem missbrauchten früheren Messdiener die bislang höchste Schmerzensgeldsumme von 300.000 Euro zugesprochen hatte. Für ihr eigenes Zahlungssystem sollte die Kirche eine Spanne von 10.000 bis 400.000 Euro zugrunde legen, forderten die NRW-Betroffenenbeiräte und -vertreter aus den Bistümern Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn am Mittwochabend in Paderborn nach einer gemeinsamen Tagung.
Weiter wurde verlangt, dass die Kirche alle bisher geleisteten Zahlungen überprüfe und den neuen Gegebenheiten anpasse. Nach dem Kölner Urteil stelle sich die Frage, "warum die katholische Kirche nicht aufwacht, warum sie sich immer noch in einem Zustand befindet, in dem sie die Dinge auf sich zukommen lässt anstatt selbst aktiv zu werden". Weiter betonen die Betroffenen: "Es würde der katholischen Kirche gut zu Gesicht stehen, wenn sie in dieser Sache von sich aus Einsicht zeigt und nicht erst durch Gerichtsurteile zu angemessenen Zahlungen verpflichtet wird."
Karte mit Tatorten geplant
In dem kircheninternen System hatte der Missbrauchsbetroffene 25.000 Euro erhalten. Vor Gericht forderte er von der Kölner Erzdiözese 725.000 Euro Schmerzensgeld sowie 80.000 Euro für mögliche künftige Schäden. Das Urteil, das ihm 300.000 Euro zusprach, ist noch nicht rechtskräftig. Die Darlegung des Klägers, 320-mal von einem Priester missbraucht worden zu sein, hatte das Erzbistum nicht bestritten und auch darauf verzichtet, eine Verjährung zu beanspruchen.
Nach dem Schmerzensgeldurteil zeigte sich die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), die seit 2021 über die Höhe der kirchlichen Zahlungen in Anerkennung des Leids befindet, offen für höhere Summen. Voraussetzung sei allerdings, dass das Kölner Urteil rechtskräftig werde.
Die Betroffenenvertreter kündigten zudem an, eine digitale Karte schaffen zu wollen, auf der bisher bekannte Orte sexuellen Missbrauchs in der Kirche verzeichnet sind. Dazu sollten die fünf NRW-Bistümer alle ihnen bekannten Tatorte den Betroffenenbeiräten und -vertretern benennen. (KNA)