Sternberg warnt vor "Abwicklungstendenzen" bei Katholischen Akademien
Der ehemalige Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, warnt die deutschen Bistümer vor bestandsgefährdenden Einsparungen bei ihren Katholischen Akademien. "Immer wieder hört man von Fällen, in denen der Impuls der Akademien unter die Räder der Haushaltskonsolidierung gerät. Nur wenige Bistümer scheinen noch von der Notwendigkeit der Akademiearbeit überzeugt", schreibt Sternberg in einem am Montag veröffentlichten Beitrag für die "Herder Korrespondenz" (Juli-Ausgabe). Gegenwärtige "Abwicklungstendenzen" etwa im Bistum Münster ließen wenig Hoffnung übrig, "dass die große Idee der kirchlichen Akademiearbeit noch als wichtige Aufgabe der Bistümer angesehen wird".
Sternberg sieht "Akademiezerstörung" im Bistum Münster
Sternberg, der selbst von 1988 bis 2016 die Katholische Akademie Franz-Hitze-Haus des Bistums Münster geleitet hatte, kritisiert in seinem Text zugleich Tendenzen in den Diözesen, die Akademien mit den vielerorts ebenfalls existierenden diözesanen Bildungshäusern gleichzusetzen und betriebswirtschaftlich über den "gleichen Leisten" zu ziehen. Die klassischen Bildungshäuser machten zwar keine schlechtere oder unwichtigere Arbeit, aber eine andere. In den Bildungshäusern würden auch Familienbildung, Gruppentreffen, Kreativworkshops und andere Veranstaltungen angeboten, die nicht unwichtig, aber anders seien. Akademien versagten sich dagegen oft finanziell lukrative Kurse zugunsten eines mühsam zusammengesetzten Podiums oder eines Vortrags, der nicht einmal Teilnehmertage nach dem Weiterbildungsgesetz generiere. "Wo sollen Kunst und Kultur der Gegenwart reflektiert werden, wenn nur noch Managerqualitäten für die 'Leitung' qualifizieren und alle Häuser nach exakt dem gleichen Schlüssel behandelt werden? Wo sind die Vermittlungsinstanzen der wissenschaftlichen Theologie?", fragt Sternberg.
Konkrete Kritik äußert Sternberg in diesem Zusammenhang an der "Akademiezerstörung" im Bistum Münster. Der 2021 veröffentlichte Abschlussbericht "Projekt Bildungshäuser 4.0" der Diözese lasse an keiner Stelle auch nur den Gedanken an akademiegerechte Projekte aufscheinen. "Und eine neue Satzung lässt keinen Zweifel am Rückschnitt der Akademie auf ein allein auf Jugend- und Erwachsenenbildung ausgerichtetes Haus zu", so Sternberg. In der Rahmenzielsetzung der "Katholischen Bildungshäuser im Bistum Münster" würden divergente Häuser mit spezifischer Tradition im gleichen Topf verrührt.
Sternberg: Akademien sind "Einrichtungen des Dazwischen"
Katholische Akademien seien "Einrichtungen des Dazwischen: zwischen Wissenschaft und Weiterbildung, zwischen Kirche und Kultur, zwischen Politik und Zivilgesellschaft", betont der ehemalige ZdK-Präsident. Ihre Aufgabe sei es, unterschiedliche Bereiche der Gesellschaft und Wissenschaft ins Gespräch zu bringen, politische, wissenschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Prozesse und Themen innerkirchlich zu thematisieren und den Transfer christlicher Inhalte und Debatten in eine zunehmend säkulare Gesellschaft zu gewährleisten. Zudem seien die Akademien "zwar eindeutig kirchliche Einrichtungen", sie würden aber doch als ein Foyer angesehen, in dem auch Kirchenferne den Kirchenmenschen ohne Vereinnahmungsängste begegnen könnten.
Zugleich betont Sternberg, dass es um die allesamt nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Akademien in der Geschichte immer wieder schlecht bestellt gewesen sei. "Schon vor 25 Jahren fragte der frühere Akademiedirektor Gotthard Fuchs, ob es noch einen 'Akademiewillen' in den Bistümern gebe. Die Ausrichtung der Akademien außerhalb des binnenkirchlichen Raumes und ihr etwas höherer Finanzbedarf haben sie regelmäßig in den Fokus von Sparplänen gerückt", so Sternberg. Gleichwohl seien die Häuser selbstverständlich den Prinzipien von Effizienz, Sparsamkeit und gutem Management verpflichtet. (stz)