"Fall Lintner": Der Vatikan verliert sich weiter in Kleingeisterei
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Papst Franziskus weckte einst die Hoffnung, einen vielfach vorherrschenden Dogmatismus in der Kirche, speziell an der Kurie, aufzubrechen. "Macht euch keine Sorgen – macht weiter", sagte er kurz nach Beginn seines Pontifikats zu südamerikanischen Ordensleuten – für den Fall, dass sie einmal Post von der Glaubenskongregation bekommen. Der Moraltheologe Martin Lintner darf nun nicht einfach so "weitermachen": Seine Wahl zum Dekan der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen wurde wegen seiner Publikationen zur katholischen Sexualmoral vom römischen Bildungsdikasterium einkassiert. Zehn Jahre nach Franziskus‘ Amtsantritt verliert sich der Vatikan offenbar immer noch in Kleingeisterei – und auch der Papst selbst scheint sich im Ernstfall nicht um seine hehren Ankündigungen zu kümmern.
Lintner versuche, darauf weist der deutsche Katholisch-Theologische Fakultätentag hin, die Sexualmoral "theologisch-ethisch so zu entfalten, dass sie ein positiver, lebensnaher und fruchtbarer Beitrag für die Menschen dieser Zeit sein kann". Auch wenn es nicht um die Lehrerlaubnis geht: Wie soll man, wie es der Pontifex häufig fordert, "Türen öffnen", wenn man Theologen, die das in ihrer Forschung ernstnehmen, maßregelt? Anregungen, etwa Homosexuelle oder Wiederverheiratet-Geschiedene besser in der Kirche willkommen zu heißen – die Franziskus immer wieder formuliert und die übrigens auch das Instrumentum laboris zur anstehenden Weltsynode anspricht –, verkommen so zu leeren Worten.
Natürlich: Franziskus war an dieser Entscheidung selbst vermutlich nicht beteiligt. Vielleicht hat er es bislang schlicht nicht geschafft, seine innere Haltung an seine Kurienmitarbeiter weiterzugeben, trotz bestehender Regeln mit Augenmaß zu entscheiden. Andererseits hat er vor einigen Jahren, allen Reden von einer "heilsamen Dezentralisierung" zum Trotz, selbst verfügt, dass der Vatikan auch die Wahl von Dekanen kirchlicher Universitäten und katholisch-theologischer Fakultäten bestätigen muss. Vom Subsidiaritätsprinzip, das die Kirche sonst im gesellschaftlichen Bereich so hochhält, keine Spur. Dabei könnte man in Rom bei solchen Personalien durchaus auch dem Urteil von Ortsbischöfen vertrauen. Die sind katholisch genug.
Der Autor
Matthias Altmann ist Redakteur bei katholisch.de.Hinweis
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