Argumente für den Zölibat gelten auch für die Ehe
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Wie eine Wohltat las sich der vor Kurzem hier erschienene Artikel von Jan-Heiner Tück über die Zulassung von "viri probati", also verheirateten und im Leben bewährten Männern, zur Priesterweihe. Der Wiener Dogmatikprofessor hat gezeigt, dass man auch sachlich und mit Respekt für die theologische Tradition über umstrittene Fragen sprechen kann. In seinem Text stellt er auch die Gründe für den Zölibat vor. Hier möchte ich ansetzen und fragen, ob diese Aspekte nicht auch in anderer Weise auf die verheiratete Lebensform zutreffen können – nicht als fertig umsetzbare Forderungen, sondern als angerissene Thesen zum Weiterdenken. Damit soll der zölibatären Lebensform ihr Symbolgehalt nicht genommen werden. Es geht um ein "auch", nicht um ein "statt".
Neben der kultischen Reinheit, die für Tück hinfällig geworden ist, nennt er drei Argumente für die Ehelosigkeit: die Radikalität der Nachfolge, die Verfügbarkeit für die Gemeinde und das eschatologische, also die endzeitliche Vollendung betreffende Zeichen.
In einer Zeit, in der Beziehungen beendet werden, sobald man erste Unvollkommenheiten am anderen entdeckt und weil man offen bleiben möchte, ob nicht noch was Besseres kommt, ist es radikal, einem Partner treu zu bleiben. Nicht ohne Grund gab es schon zur Zeit Jesu Auseinandersetzungen um die Ehescheidung. Es ist nicht ohne, die christliche Ehe zu leben, es braucht Überzeugung und Glauben.
Priester leben ehelos, um ganz verfügbar für Gott und die Menschen zu sein. Freilich sieht das in der Realität oft anders aus. Verheiratete Menschen und Eltern sind sehr geübt darin, sich nicht an die erste Stelle zu setzen. Zu heiraten und Kinder zu bekommen heißt, seine Bedürfnisse zurückstellen zu können. Natürlich bindet die eigene Familie auch und es wird Situationen geben, in denen die Familie die Gemeinde schlägt. Aber es kann und sollte in beiden Lebensformen auch nicht um eine vollkommene Selbstaufopferung gehen, die im schlimmsten Fall zum Burnout führt. Grenzen ziehen zu können, ist in beiden Modellen entscheidend.
Der christliche Gott ist der "Ich-bin-da", der immer zum Menschen steht und ihn nie fallen lässt. In der Ehe bindet sich ein Mensch an einen anderen, von dem er nicht weiß, wie er sich in fünf oder zwanzig Jahren entwickelt. Kann es ein größeres irdisch sichtbares Zeichen für die Liebe Gottes zu den Menschen geben als zwei Menschen, die immer füreinander da sind, Veränderungen aushalten, sich Verletzungen verzeihen und sich an schlechten Tagen gegenseitig tragen?
Die Autorin
Theresia Kamp hat Theologie und Romanistik studiert. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Pastoraltheologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und schreibt regelmäßig für verschiedene christliche Medien.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.