Breites Spektrum mit Potenzial für Konflikte und Lösungen

Weltsynode: Papst beruft Konservative und Reformer als Teilnehmer

Veröffentlicht am 08.07.2023 um 00:01 Uhr – Von Ludwig Ring-Eifel (KNA) – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Das größte Reformvorhaben des Papstes gewinnt immer mehr an Kontur. Nach dem Arbeitspapier steht nun auch die Teilnehmerliste für die Weltsynode im Oktober fest. Unter den Mitgliedern gibt es einige Überraschungen.

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Als Papst Franziskus im Mai 2021 eine weltweite Synode zum Thema Synodalität ankündigte, konnten sich selbst Kirchen-Experten ein Gähnen nicht verkneifen. Schon der von Franziskus geprägte Begriff der "Synodalität" versprach eher eine Veranstaltung für Insider. Es schien ein Thema für Kirchenrechtler oder für Kenner der Ökumene – waren es doch protestantische und orthodoxe Kirchen, die schon immer auf Synoden diskutierten, abstimmten und ihr Führungspersonal wählten.

Wie aber sollte die katholische Kirche "synodal" werden, wo sie doch seit Jahrhunderten einer Pyramide gleicht: Der Papst entscheidet an der Spitze, in den einzelnen Bistümern hat ein Bischof das Sagen, und in der Pfarrei der Pfarrer. Dass diese Art der Hierarchie aber nicht der Weisheit letzter Schluss ist, beschäftigt die Päpste seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965).

Damals wurde die alleinige Entscheidungsgewalt des Papstes in Fragen der kirchlichen Lehre und des Rechts ergänzt um ein "kollegiales Prinzip". Von nun an sollte das Kollegium der Bischöfe "gemeinsam mit und unter dem Papst" wichtige Fragen der Zeit beraten, und so wurde 1965 das neue, den Papst beratende Organ der "Weltbischofssynode" geschaffen.

Synodale Verfassung der Kirche kommt in manchen Ländern Revolution gleich

Freilich sorgte die vatikanische Regie dafür, dass diese etwa alle zwei Jahre tagende Versammlung von Bischöfen nie wirklich heftig diskutieren oder knapp abstimmen konnte. Das hat sich unter Franziskus bereits verändert, als die Synode 2014 und 2015 streckenweise kontrovers darüber diskutierte, wie die Kirche mit Katholiken umgehen soll, die nach einer Scheidung in zweiter Ehe leben. Auch das Abstimmungsergebnis zu diesem Punkt fiel knapp aus.

Wenn der Papst nun der katholischen Kirche eine synodale Verfassung verordnen will, in der außer dem Papst und den Bischöfen auch das "Volk Gottes" mitberaten und mitbestimmen soll, kommt das in manchen Ländern und in einigen katholischen Denktraditionen einer Revolution gleich. Anderswo, etwa in Deutschland oder in der Schweiz, aber auch in den Ordensgemeinschaften oder in den mit Rom vereinten Ostkirchen, gibt es längst Erfahrung mit Mitbestimmung und synodalen Traditionen.

Deshalb wurde mit Spannung erwartet, welche Teilnehmer sich am Ende auf der Liste der "Mitglieder" und der "sonstigen Teilnehmer" finden würden und für welche Denkweisen sie stehen. Das rund 370 Namen zählende Tableau der vor Ort gewählten, der von Amts wegen feststehenden sowie der vom Papst ernannten Teilnehmer wirkt auf den ersten Blick unüberschaubar.

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Doch dann werden einige Strukturen und herausragende Einzelpersönlichkeiten sichtbar. Sie geben Aufschluss über das Konflikt- und auch das Lösungs-Potenzial der Versammlung, die im Oktober in Rom zusammenkommt.

Zu den überraschendsten Ernennungen gehört die der "drei Glaubens-Präfekten". Der oft als konservativer Papstkritiker auftretende Ex-Glaubens-Präfekt, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, wurde ebenso berufen wie sein Nachfolger, Kardinal Luis Ladaria, und dessen eher fortschrittlicher Nachfolger Victor Fernandez.

Damit versucht der Papst offenbar, spätere Flügelkämpfe über die Deutung der Synode zu vermeiden, indem er Vorkämpfer beider Flügel gleich in die Synodendebatte einbezieht. Auch die Ernennung des Passauer Bischofs Stefan Oster dürfte so motiviert sein. Unter den insgesamt neun Deutschen (den "Berater" Thomas Söding und die in Erfurt lehrende Kirchenrechtlerin Myrjam Wijnens eingerechnet), sind jetzt Reformer, Bewahrer und "Mittige" gleich stark vertreten.

20 Jesuiten nehmen an Synode teil

Ähnlich ging der Papst bei den bischöflichen Teilnehmern aus den USA vor: Die Auswahl der Bischofskonferenz war eher konservativ, nun stellte der Papst drei ihm nahe stehende Kardinäle hinzu: Wilton Gregory, Robert McElroy und Blase Cupich.

Zu den aus der Menge herausragenden Einzelpersönlichkeiten zählt der Synoden-Veteran schlechthin, der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Er hat schon bei der Familiensynode 2015 die entscheidenden Kompromisse mit geschmiedet. Auch diesmal wird er mit viel Synodenerfahrung und Verhandlungsgeschick gefordert sein.

Daneben gibt es weitere markante Figuren, wie den LGBTQ-Seelsorger James Martin aus den USA, den ehemaligen Dominikaner-Oberen Timothy Radcliffe und den Jesuiten-Chefideologen Antonio Spadaro. Er ist – wenn man den Papst mitzählt – einer von 20 Jesuiten bei der Synode. Sie stellen damit die stärkste Gruppe unter den Orden, gefolgt von den Dominikanern mit 6 Mitgliedern.

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)