Standpunkt

Zum Jahrestag der Unfehlbarkeit: Drei Mahnungen für die Weltsynode

Veröffentlicht am 18.07.2023 um 00:01 Uhr – Von Valerie Judith Mitwali – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Weltsynode wird von vielen Hoffnungen begleitet. Valerie Judith Mitwali wirft einen Blick zurück auf das Erste Vatikanische Konzil: Drei Aspekte von damals sollten heute nachdenklich machen, kommentiert sie.

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Zersplitterung, Ghettoisierung, Massenaustritte – Kirche kennt Krise. Im 19. Jahrhundert interpretierte die Kirche ihren Zustand als eine Autoritätskrise. Die entsprechende Antwort lautete: mehr Autorität! Nirgendwo wird das so deutlich wie in der Konstitution Pastor aeternus, welche das Erste Vatikanische Konzil am 18. Juli 1870 feierlich verkündete. Ihr berühmtester Inhalt: das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit. Nun ist eine anstehende Weltsynode kein historisches Konzil, doch ein Blick zurück lohnt sich. Drei Aspekte von damals sollten uns heute nachdenklich machen.

"Hauptsache ein Konzil!", dachten viele liberale Katholiken im 19. Jahrhundert – obwohl sie gesamtkirchlich eine Minderheit darstellten. Sie sahen in der Konzilsidee eine Entsprechung zu demokratischen Entwicklungen in ihren Heimatländern. Dass ausgerechnet ein solches Format absolutistische Strukturen in der Kirche zementieren könnte, erschien ihnen als Widerspruch in sich. Allein: Genau dies war nicht zuletzt die Konzilsidee des Papstes und der Kurie. Werden unterschiedliche Erwartungen heute tatsächlich wahr- und ernstgenommen?

"Was sie inopportun nannten, machten sie notwendig", formulierte der Bischof von Angoulème. Er meinte damit liberale Stellungnahmen zur Unfehlbarkeitsfrage im Vorfeld des Konzils. Die Kritik bestärkte die Konservativen, dass ein solches Dogma nun erst recht definiert werden müsse. Das Thema nahm in der Öffentlichkeit solch großen Raum ein, dass eine Nicht-Behandlung nur als Ablehnung verstanden worden wäre. Dass es so weit gekommen war, lag jedoch an konservativen Befürwortern: Sie hatten die öffentliche Kontroverse angestoßen. Ein Schweigen der liberalen Gegenseite hätte hier den falschen Eindruck von Einigkeit vermittelt. Öffentliche Polarisierung aber folgt ihren eigenen Regeln. Wer setzt heute welche Themen – und wem wird Verantwortung dafür attestiert?

Auf dem Konzil wurde keine Kompromisslösung erreicht. Ein Grund dafür liegt in der liberalen Minderheit selbst: Man glaubte, durch Geschlossenheit die Gegenseite zu Verhandlungen drängen zu können. Als dies keinen Erfolg zeigte, reisten die liberalen Bischöfe unter Protest ab. Die meisten von ihnen glaubten, im weiteren Konzilsverlauf noch Änderungen erreichen zu können. Doch es kam anders: Der Beginn des deutsch-französischen Krieges riss die stärksten Minderheitsgruppen auseinander und beendete das Konzil. Worauf bauen welche Gruppen vor der Weltsynode?

Von Valerie Judith Mitwali

Die Autorin

Valerie Judith Mitwali ist Redaktionsmitarbeiterin bei katholisch.de und promoviert an der Ruhr-Universität Bochum in systematischer Theologie.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.