Justizausschuss diskutiert über Dokumenten-Vernichtung

"Nicht zu berichtigender Fehler": Landtag mit Dillinger-Akten befasst

Veröffentlicht am 21.07.2023 um 14:41 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Saarbrücken ‐ Im Nachlass des Priesters Edmund Dillinger wurden pornografische Fotografien und Hinweise auf jahrelangen Missbrauch entdeckt – doch die Behörden ließen Unterlagen vernichten. Das hat nun auch die Politik beschäftigt. Dabei kamen weitere Details ans Licht.

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Vertreter von Justiz und Politik haben im Justizausschuss des saarländischen Landtags am Freitag Hintergründe zur Vernichtung von Unterlagen aus dem Besitz des Priesters Edmund Dillinger erläutert. Der 2022 gestorbene Priester steht im Verdacht, jahrzehntelang Jugendliche und junge Erwachsene nackt fotografiert und missbraucht zu haben. Staatsanwaltschaft und Polizei betonten, ihr Vorgehen sei mit dem Neffen des Priesters abgesprochen gewesen. Zugleich räumten sie ein, das Verbrennen von Unterlagen am 5. Juli sei ein Fehler gewesen.

Verbraucherschutzministerin Petra Berg (SPD) nannte die Vernichtung voreilig und falsch. Sie sprach von einem schweren Schlag für die Opfer und für diejenigen, die sich mit großem Engagement für die Aufarbeitung von Missbrauchstaten eingesetzt haben.

Generalstaatsanwalt Manfred Kost sagte, es seien nicht mehr zu berichtigende Fehler passiert. Die Unterlagen hätten, auch wenn sie strafrechtlich nicht von Interesse sind, eine "angemessene Zeit" aufbewahrt werden müssen.

Staatsanwaltschaft habe Konsequenzen gezogen

Laut Kost hat die Staatsanwaltschaft Konsequenzen gezogen und angeordnet, künftig anders mit ausgewerteten Unterlagen und Materialien umzugehen. Fortbildungen sollen Staatsanwälte für den Umgang mit Opfern sensibilisieren. Gegen den Staatsanwalt, der die Vernichtung der Dillinger-Unterlagen anordnete, laufe auf dessen eigenen Wunsch ein Disziplinarverfahren. Er bearbeite auch keine Missbrauchs- und Jugendschutzthemen mehr.

Der Leiter des Referates für Kriminalitätsbekämpfung und Opferschutz im Innenministerium, Stefan Noll, sagte, die Bearbeitung des Falls habe Sorgfalt vermissen lassen.

Missbrauch: Trierer Chef-Aufklärer weist Vorwürfe zurück

Der Vorsitzende der Aufarbeitungskommission im Bistum Trier solle zurücktreten, fordern Betroffene – denn er habe in einem Missbrauchsfall zur Vernichtung von belastendem Material geraten. Nun nimmt er dazu Stellung. Auch die Diözese äußert sich.

Frank Mink vom Landespolizeipräsidium gab einen Überblick über die von Polizei und Staatsanwaltschaft untersuchten und in Teilen vernichteten Unterlagen. Demnach umfasst die Liste mit Gegenständen und Unterlagen aus Dillingers Haus 48 Posten. Einheitliche Dinge wie Fotos seien zu einem Punkt zusammengefasst worden. Dazu zählten konkret rund 6.850 Dias, 510 Negativstreifen und 43 Jahreskalender im Taschenbuchformat, außerdem digitale Dateien, beispielsweise von einem Laptop. Rund 50 Negative zeigten demnach Erwachsene nackt oder in Badekleidung, weitere 50 zumindest teilweise nackte Frauen und Männer, die "nicht mit Bestimmtheit" als volljährig hätten eingestuft werden können. Die Aufnahmen stammten schätzungsweise aus den 1970er und 1980er Jahren.

Ein Großteil der Unterlagen und Datenträger wurde demnach vernichtet. Die Behörden verfügten allerdings über gesicherte Daten aus den Datenträgern, die Auswertung der Unterlagen und Dokumente, sowie über Briefe des Priesters.

4.385 Fotos mit teilweise jugendpornografischem Inhalt

Davon unabhängig sind die Fotos, die der Neffe aus dem Haus des Priesters mitnahm und die dann im Auftrag der Staatsanwaltschaft Mainz ausgewertet wurden. Dabei handelt es sich demnach um 4.385 Fotos mit teilweise jugendpornografischem Inhalt. Diese Bilder liegen weiterhin bei der Staatsanwaltschaft Mainz.

Der Vorsitzende der Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauch im Bistum Trier, Gerhard Robbers, nannte die Vernichtung der Unterlagen höchst bedauerlich. Für die kirchliche Aufarbeitung seien auch Punkte interessant, die für eine strafrechtliche Verfolgung keine Rolle spielten. Problematisch sei zudem, dass die Vernichtung des Materials Spekulationen schüre. Für die Kommission befassen sich zwei Sonderermittler mit dem Fall Dillinger. (KNA)