Debatte über das Neudenken von Sicherheit fehle

"Pax Christi": Raketenabwehrsystem Beitrag zu größerer Unsicherheit

Veröffentlicht am 18.08.2023 um 17:16 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Rund vier Milliarden Euro wird die Bundesregierung für die Anschaffung des Raketenabwehrsystems "Arrow 3" ausgeben. "Pax Christi" kritisiert diesen Schritt – und forderte eine Debatte der Zivilgesellschaft über das Thema Sicherheit.

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Die katholische Friedensinitiative "Pax Christi" hat die Anschaffung des Raketenabwehrsystems "Arrow 3" durch die Bundesregierung kritisiert. Die Investition in ein vier Milliarden Euro teures Raketenprogramm, das eine "trügerische Sicherheit" vorgaukle, mache deutlich, dass immer noch nicht verstanden werde, dass dieses Programm ein Beitrag zu größerer Unsicherheit sein werde, sagte der Bundesvorsitzende Gerold König (Foto) am Freitag auf Anfrage von katholisch.de. Zugleich wies er darauf hin, dass gleichzeitig im Bundeshaushalt die Mittel für humanitäre Hilfe von 3,188 Milliarden auf voraussichtlich 1,5 Milliarden Euro gesenkt und die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit um 3,5 Milliarden und für Krisenprävention um über 500 Millionen Euro gekürzt werden sollen.

Das israelische Verteidigungsministerium hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass es die Erlaubnis der USA für den Verkauf seines Raketenabwehrsystems "Arrow 3" an Deutschland erhalten habe. Damit ist der Weg für das nach israelischen Angaben größte Waffengeschäft in der Geschichte des Landes frei. Die Kosten belaufen sich den Angaben zufolge auf rund vier Milliarden Euro. Das Geld soll aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundesregierung für die Bundeswehr finanziert werden, das als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verabschiedet wurde. Der Haushalts- und der Verteidigungsausschuss des Bundestages hatten im Juni bereits für den Kauf gestimmt. "Arrow 3" wurde gemeinsam von den USA und Israel entwickelt und soll bis 2025 einsatzfähig sein. Auf deutsche Initiative soll es Teil eines europäischen Luftverteidigungssystems werden.

"Letztendlich geht es doch um die große Linie"

Aus der Perspektive von Frieden und Versöhnung widerstrebe es ihm, die Anschaffung einzelner Waffensysteme zu kommentieren, betonte König. "Letztendlich geht es doch um die große Linie, darum, wie die gefährliche weltpolitische Sicherheitslage deeskaliert." Er frage sich, wie durch die Anschaffung eines teuren Raketensystems die großen Herausforderungen der Menschheit wie Hunger, Klimakatastrophe und soziale Gerechtigkeit gemeinsam bewältigt werden könnten. "Ich finde, dass in der deutschen Zivilgesellschaft eine Debatte darüber, ob wir künftig vor allem auf militärische Verteidigung setzen oder ob wir Sicherheit neu denken müssen, fehlt."

Die Deutsche Kommission "Justitia et Pax" hatte am Donnerstag die Anschaffung des Raketenabwehrsystems im Rahmen eines europäischen Abwehrsystems als "begrüßenswert" bezeichnet. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang des russischen Angriffs auf die Ukraine ist die von der Bundesregierung betriebene Anschaffung von Arrow 3 Raketenabwehrsystemen nachvollziehbar", sagte Geschäftsführer Jörg Lüer auf Anfrage von katholisch.de. Er warnte gleichzeitig davor, die Steigerung durch dieses System dürfe nicht "zur Illusion der Unverwundbarkeit führen". "Auf lange Sicht wird sich Sicherheit nur über einen politischen Prozess gewährleisten lassen", so Lüer. Eine kluge Abschreckung verringere jedoch die militärischen Spielräume etwa der Russischen Föderation.

"Pax Christi" ("Der Friede Christi") ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet nach eigenen Angaben Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die deutsche Sektion ist Mitglied im weltweiten Friedensnetzwerk "Pax Christi International". (cbr)