Heimbach-Steins fordert von Kirche größeren Beitrag zur "politischen Kultur"

Theologin: Fremdenfeindlichkeit ist Verzerrung der Botschaft Jesu

Veröffentlicht am 19.08.2023 um 13:15 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Wer Menschen, die als "anders" wahrgenommen werden, pauschal ablehnt, sei weder konservativ noch katholisch. Das sagt die Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins – und ruft die Kirche dazu auf, den gesellschaftlichen Konflikt nicht zu scheuen.

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Die Münsteraner Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins hat fremdenfeindliche Haltungen kritisiert, die sich auf das Christentum berufen. "Den christlichen Glauben für solche Positionen zu beanspruchen, ist eine krasse Verzerrung der Botschaft Jesu", sagte die Theologieprofessorin dem Nachrichtenportal "Kirche und Leben" in Münster in einem am Samstag veröffentlichten Interview. "Eine pauschal ablehnende Haltung gegenüber Menschen, die als anders oder fremd wahrgenommen werden, ist weder konservativ noch katholisch", so Heimbach-Steins mit Blick auf Überschneidungen zwischen dem rechtskatholischen Milieu und der rechtspopulistischen Partei AfD. Übereinstimmungen zwischen beiden Gruppen bestünden etwa dort, wo im Namen "eines vermeintlich konservativen Profils" Ausgrenzung von als andersartig verstandenen Menschen geschehe. "Das betrifft etwa den Umgang mit Zuwanderung, mit Arbeitsmigrantinnen und Geflüchteten" – aber auch die Haltung gegenüber Judentum und Islam sowie den Umgang mit geschlechtlicher und sexueller Vielfalt.

Angesichts des Erstarkens der AfD in der deutschen Politik fordert die Theologin von der Kirche, "ihren Beitrag zur Meinungsbildung und zur politischen Kultur unserer Gesellschaft" zu leisten. Durch ihre internen Krisen habe die Kirche zwar an Überzeugungskraft eingebüßt, dennoch sei sie weiterhin fest in der Gesellschaft verankert. "Entscheidend ist, in den eigenen Reihen die Haltung zu leben, die in Stellungnahmen und Arbeitshilfen zum Umgang mit Rechtspopulismus in und außerhalb der Kirche vertreten wird." Das verlange eine aktive Aufmerksamkeit für die tatsächlichen Sorgen der Menschen sowie die Bereitschaft zum Konflikt mit Positionen, die dem christlichen Glauben widersprächen.

Die sehr geringe Akzeptanz der AfD in Münster und im Münsterland führt Heimbach-Steins auf mehrere Faktoren zurück: "Die religiöse Prägung und eine gewisse Bodenständigkeit der Menschen im Münsterland spielen sicher eine Rolle." Zudem gehe es sehr vielen Menschen in Münster wirtschaftlich gut und die Bevölkerung werde durch eine große Zahl aufgeschlossener, ökologisch und politisch wachsamer Menschen geprägt – "nicht zuletzt unter den vielen Studierenden". Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2022 erhielt die AfD lediglich 2,2 Prozent der Stimmen, im gesamten Bundesland waren es 5,4 Prozent der Stimmen. In den vergangenen Monaten erreichte die AfD bei Umfragen bezogen auf eine Bundestagswahl regelmäßig viel Zustimmung. So kam sie etwa bei einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Insa vor zwei Wochen auf 21 Prozent. (rom)