Bischof Kohlgraf: Frauenfrage ist weltweites Kirchenthema
Die Frauenfrage in der katholischen Kirche ist nach Worten des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf nicht nur in Deutschland ein sehr zentrales Thema. "Die Vorbereitungen auf die Weltsynode zeigen das: Die Frage nach der Rolle der Frau auch in Diensten und Ämtern der Kirche ist weltweit in vielen Teilen hochgekommen und wird intensiv diskutiert", sagte Kohlgraf am Montag in einem Video-Grußwort zum Auftakt einer internationalen Tagung unter dem Titel "Gottes starke Töchter" in Leipzig. Es sei "wirklich kein nebensächliches Thema, sondern gehört in das Zentrum des Glaubens". In der katholischen Kirche dürfen Frauen nicht Priester werden, auch der Zugang zu Vorstufen wie dem Diakonenamt ist nicht möglich.
Wenn die Kirche in dieser Frage nicht weiterkomme, verhindere das in Teilen auch Möglichkeiten der Evangelisierung, erklärte der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Es sei wichtig wahrzunehmen, dass nicht nur Frauen den Eindruck hätten, in der katholischen Kirche werde zwar viel von Menschenwürde und Gleichberechtigung geredet, gelebt werde sie aber am Ende nicht. Die Kirche müsse sich der legitimen Frage stellen, ob es am Geschlecht hänge, wer Christus repräsentieren kann und darf.
"Menschen empfinden die kirchliche Praxis als Ungerechtigkeit und als Hindernis für eine glaubwürdige Verkündigung und einen glaubwürdigen Einsatz für Menschenrechte in anderen Bereichen", sagte Kohlgraf. "Natürlich merke ich als Bischof, dass dieses Thema auch spaltet." Das Beispiel der anglikanischen Kirche zeige, dass es sogar zu einer Kirchenspaltung führen könne. "Aber ich kenne auch den Hinweis, dass wir jetzt schon in einem Zwiespalt, einer Spaltung leben, insofern wir keine zufriedenstellenden Antworten auf diese Frage finden." – Die Hybrid-Tagung mit rund 500 Teilnehmenden weltweit wird von der katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen organisiert und findet bis Dienstag statt.
Knop: Kirchliche Frauenfrage kein westliches Luxusthema
Auch laut der Theologin Julia Knop ist die Benachteiligung von Frauen in der katholischen Kirche zu einem weltweiten Ärgernis geworden. "Für Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche und Gesellschaft einzutreten ist kein Luxus westlicher Gesellschaften, kein Neo-Kolonialismus gegenüber Kulturen, denen die Gleichstellung der Frau nicht zugemutet werden dürfte", sagte Knop. Die Rückmeldungen zur Weltsynode seien eindeutig: Katholikinnen und Katholiken auf der ganzen Welt erwarteten von der Kirche Geschlechtergerechtigkeit.
"Die römisch-katholische Antwort auf die Frauenfrage überzeugt nicht nur nicht mehr. Sie treibt Frauen aus der Kirche – und zwar weltweit", betonte die in Erfurt lehrende Dogmatik-Professorin. Die kirchlichen Beharrungskräfte seien immens. "Auch im 21. Jahrhundert noch sind Frauen von wesentlichen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. In der Pastoral treffen sie auf große Widerstände. Viele machen Gewalterfahrungen. Ihre Berufungen werden nicht anerkannt. Leitungsämter werden ihnen verwehrt. Einzig und allein, weil sie Frauen sind."
"Für Geschlechtergerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft einzutreten, bedeutet für ein humanes Gut einzutreten, wo immer es gefährdet ist", betonte Knop. "Es bedeutet, die gottgeschenkte Würde aller Menschen zu verteidigen. Auch innerhalb der eigenen religiösen Tradition. Auch gegenüber religiösen Autoritäten."
Die Theologin Ute Leimgruber ermutigte, nicht müde zu werden, die fehlende Geschlechtergerechtigkeit zu thematisieren und für die Überwindung einzutreten. Auch sie betonte, dass die Beharrungskräfte in der katholischen Kirche sehr stark seien. "Aber Theologinnen aus aller Welt setzen den Diskriminierungen und ihrer Marginalisierung ihre Theologien, Visionen und Charismen entgegen und befreien sich damit in gewisser Weise selbst", sagte die an der Universität Regensburg lehrende Professorin für Pastoraltheologie.
Synoden-Untersekretärin: Frauen-Positionen weltweit wahrnehmen
Die Theologin Nathalie Becquart vom Leitungsteam der bevorstehenden Weltsynode rief zum verstärkten Austausch über die Situation von Frauen in der katholischen Kirche auf. Wichtig sei der Dialog auch mit Gruppen aus unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten, sagte die Untersekretärin des vatikanischen Synodensekretariats per Videostream aus Rom. Es gelte zudem, die unterschiedlichen Mentalitäten kennen zu lernen.
"Es geht nicht nur um die Frauenfrage in der katholischen Kirche, sondern auch um die Beteiligung von Frauen allgemein – in den verschiedenen Religionen und der Gesellschaft insgesamt", betonte Becquart. Mit Blick auf die Weltsynode, die im Oktober in Rom zusammenkommt, sagte sie, es gehe auch darum, welche Strukturen es für eine missionarische Kirche brauche. "Was können wir tun, um besser in der Welt gemeinsam auf dem Weg zu sein? Wie können wir ein stärkeres Instrument der Einheit werden, das die gesamte Kirche umfasst?" Dabei habe sich schon gezeigt, dass es ein gemeinsames Verständnis gebe, dass Frauen besser beteiligt sein müssten. – Bei der Weltsynode werden erstmals bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen. (tmg/KNA)
18.9., 14:40 Uhr: Ergänzt um Becquart.