Anhörung zur geplanten Änderung des Gesetzes im Bundestag

Experten: Ausnahmen für Kirchen im Lobbyregistergesetz streichen

Veröffentlicht am 21.09.2023 um 11:09 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Sollen die Kirchen weiter von der Pflicht befreit bleiben, sich mit ihren Interessenvertretern in das Lobbyregistergesetz des Bundestags einzutragen? Die Ampelkoalition sagt "Ja", Experten sehen das jedoch ganz anders.

  • Teilen:

Bei einer Anhörung im Bundestag haben sich externe Sachverständige weit überwiegend dafür ausgesprochen, bei der geplanten Änderung des Lobbyregistergesetzes die bestehende Ausnahme von der Registrierungspflicht für die Kirchen zu streichen. Es sei "nicht sachgerecht", dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung die Ausnahmeregelung unter anderem für Religionsgemeinschaften beibehalte, da diese "wichtige Akteure in politischen Entscheidungsfindungsprozessen" sein könnten, sagte Professor Andreas Polk von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin am Dienstag bei der Anhörung im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Es sei wünschenswert, "auch für diese Organisationen Vorgaben zu machen, so dass sie ins Lobbyregister integriert und die für ihre Interessenvertretung aufgewendeten Ressourcen abgebildet werden".

"Nicht nachvollziehbar", dass Kirchen weiter privilegiert bleiben sollen

Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung, Dominik Meier, nannte es "nicht nachvollziehbar", dass die Kirchen auch in Zukunft im Lobbyregistergesetz "weitgehend privilegiert" bleiben sollten. Meier verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Europäische Union (EU). Es sei bemerkenswert, "dass im EU-Transparenzregister durchaus Kirchen und kirchliche Organisationen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften eingetragen sind. Insofern wäre eine Angleichung gerade hier wünschenswert". Gregor Hackmack von der Internetplattform "abgeordnetenwatch.de" bezeichnete die vorgesehene Befreiung von der Eintragungspflicht für Kirchen sowie andere Religions- und Weltanschauungsgesellschaften als unbegründet. Und weiter: "Solche Ausnahmen kann es in einem wirksamen Lobbyregister nicht geben."

Ähnlich äußerten sich in der Anhörung auch die Vertreter des Vereins "Lobbycontrol", von "Transparency International" und des Verbands der Chemischen Industrie. Eine andere Position nahm lediglich Professor Philipp Austermann von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung ein. "Die Streichung der Ausnahme für Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sowie für Kirchen und andere Religionsgesellschaften wäre verfassungswidrig", sagte Austermann.

Ampelkoalition will Ausnahme für Kirchen beibehalten

Das Lobbyregistergesetz war Anfang vergangenen Jahres in Kraft getreten. Seither müssen sich Interessenvertreter, die durch ihre Tätigkeit Einfluss auf die Bundespolitik nehmen, grundsätzlich in das Register eintragen. Allerdings existieren zahlreiche Ausnahmen: So sind unter anderem Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, politische Stiftungen und die Kirchen sowie andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften von der Registrierungspflicht befreit. Mit Blick auf die Kirchen wurde die Befreiung mit deren verfassungsrechtlich geschützter Rolle begründet. Dennoch haben sich zahlreiche katholische Verbände bislang bereits freiwillig in das Register eingetragen, darunter der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), der Deutsche Caritasverband, die Hilfswerke Adveniat und Misereor sowie das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).

In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP Ende 2021 darauf verständigt, das Lobbyregistergesetz zu reformieren. Eine im Juni veröffentlichte Formulierungshilfe für eine Reform des Gesetzes sieht einige Nachschärfungen vor, die mehr Transparenz über die Geldgeber und Einflussnahmen auf die Gesetzgebungsverfahren schaffen sollen. Künftig sollen Kontaktaufnahmen von Interessenvertretern schon ab der Referentenebene in Ministerien offengelegt werden. Bislang gilt dies für Gespräche mit Ministerialen ab der Ebene der Unterabteilungsleitungen. Kirchen und Religionsgemeinschaften sollen nach dem Willen der Ampelkoalition aber auch künftig von einer Eintragungspflicht ausgenommen bleiben. (stz)