Standpunkt

Synodalität hat in den katholischen Ostkirchen eine lange Tradition

Veröffentlicht am 23.10.2023 um 00:01 Uhr – Von Pater Max Cappabianca – Lesedauer: 

Bonn ‐ Während die Kirche bei der Weltsynode um Synodalität ringt, ist etwa die synodale Wahl von Bischöfen in einem Teil der Gesamtkirche schon gelebte Praxis: in den katholischen Ostkirchen. Sie sind ein gutes Vorbild, meint Pater Max Cappabianca.

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Wie absolut ist die Macht des Papstes innerhalb der Kirche? Seit dem Ersten Vatikanischen Konzil ist die richtige Antwort: Die Macht des Papstes ist absolut! Das spiegelt sich auch im Kirchenrecht wider, das dem Papst erlaubt, als höchstem Hirten der Kirche seine Amtsvollmacht jederzeit "nach Gutdünken" (ad placitum) auszuüben.

Besonders spürbar wird dies bei der Ernennung von Bischöfen. Selbst in Deutschland, wo sich in den Konkordaten Restbestände älteren Rechts finden, die zum Beispiel den Domkapiteln eine Mitwirkung bei der Auswahl der Bischöfe gewähren, bleibt klar, dass letztlich allein der Papst Bischöfe ernennt oder deren Rücktritt annimmt. Jüngst hat der Kirchenrechtler Norbert Lüdecke darauf hingewiesen, dass der Papst sich bei Bischofsernennungen an rudimentäre Verfahrensregeln halten kann, aber nicht muss. Ob ein Priester tatsächlich von Christus zum Bischof berufen ist, entscheide allein und souverän der Papst.

Dass es innerhalb der katholischen Kirche auch anders gehen kann, beweisen die katholischen Ostkirchen. Dort werden die Bischöfe eben nicht vom Papst ernannt, sondern von den Bischofssynoden der jeweiligen Kirchen gewählt. Und den Rücktritt eines Bischofs nimmt der Patriarch beziehungsweise die Bischofssynode an und nicht der Papst (auch wenn in Ausnahmefällen dies möglich bleibt). Dass ein Bischof einer katholischen Ostkirche nicht nur mit dem Bischofskollegium, sondern auch mit dem Papst in Einheit stehen muss, zeigt sich daran, dass der Papst vorab (oder manchmal auch nachträglich) seine "Zustimmung" zur Bischofsweihe gibt. Diese Zustimmung ist aber nicht konstitutiv für die Übertragung der Bischofswürde oder auch eines bischöflichen Amtes.

Faktisch verfügen die großen katholischen Ostkirchen über einen "Pool" von Episkopablen, die die päpstliche Zustimmung zu ihrer Bischofsweihe bereits vorsorglich erhalten haben und aus denen die Synoden dann frei auswählen. Ebenso versetzen die Bischofssynoden der katholischen Ostkirchen ihre Bischöfe nach eigenem Gutdünken auf andere Bischofssitze oder nehmen deren Rücktritt an und teilen dies dann lediglich dem Heiligen Stuhl mit. Weder der Papst noch seine Römische Kurie werden dazu befragt.

Darin wird deutlich, dass Bischöfe eben nicht durch päpstliche Ernennung zu Bischöfen werden und ihnen ein bischöfliches Amt übertragen wird, sondern dass sie eine eigene, nicht an den Papst gebundene theologische Würde haben. Sowohl die bischöfliche Weihe als auch bischöfliche Ämter werden in den katholischen Ostkirchen nicht durch den päpstlichen Willen konstituiert, sondern durch synodale Wahl.

Auch wenn die katholischen Ostkirchen im Verhältnis zur gesamten katholischen Kirche und auch zu den orthodoxen Kirchen nur eine kleine Realität darstellen: Sie erinnern daran, dass der päpstliche Primat auch anders ausgeübt werden kann. Nur die Unkenntnis dieser innerkatholischen Diversität verführt dazu, die päpstliche Macht für unendlich zu halten.

Es wäre interessant, sich bei Reformüberlegungen, wie etwa auf der aktuell tagenden vatikanischen Bischofssynode, auch von den synodalen Traditionen der katholischen Ostkirchen und ihrer orthodoxen Schwesterkirchen inspirieren zu lassen. Das könnte manchen absolutistischen Auswuchs der lateinischen Tradition auf ein theologisch gesundes Maß zurückstutzen.

Von Pater Max Cappabianca

Der Autor

Der Dominikaner Max Cappabianca ist Leiter der Katholischen Studierendengemeinde Hl. Edith Stein in Berlin. Von 2009 bis 2016 war er Mitarbeiter der vatikanischen Ostkirchenkongregation.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.